05 - Döner geht immer

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Bei „Tonis Döner", einer kleinen Pommesbude in der Fußgängerzone, fast direkt neben dem „Na dann", einer meiner Lieblingskneipen, bestellt Damian zwei Döner - meinen ausdrücklich ohne scharfe Zutaten - und zahlt beides, als sei es ganz selbstverständlich, dass er mich einlädt. „Ich kann meinen Döner selbst bezahlen", murre ich, ohne zu wissen, warum.

„Du bist so was von anstrengend, Kleines." Damian schüttelt offensichtlich amüsiert seinen Kopf, wobei ihm seine langen Ponysträhnen in die Augen fallen, und drückt mir meinen Döner in die Hand. „Ich bin sicher, dass du das könntest, aber ein einfaches ‚Danke' hätts auch getan."

„Ich mein ja nur. Danke", sage ich, während ich den Döner aus seiner Hand nehme und mich frage, woher er die Frechheit nimmt, „Kleines" zu mir zu sagen. Das ist mir zu intim und eine solche Beziehung haben wir nun wirklich nicht. Gleichzeitig mag ich die Art, wie er es sagt. Es klingt aus seinem Mund überhaupt nicht abwertend, eher zärtlich. „Und ich bin übrigens kein bisschen anstrengend. Da kannst du fragen, wen du willst", brummle ich dennoch. Im Vergleich zu ihm bin ich geradezu die Definition von pflegeleicht, nur um das mal festzustellen.

„Und ob du das bist! Du weißt nie, wann du besser still sein solltest. Immer noch eine Frage oder ein spitzer Kommentar." Er grinst mich frech an.

Ich beiße mir auf die Zunge und verschlucke die Antwort, die mir auf den Lippen liegt. So leicht kriegt er mich nicht! Ich rolle stattdessen mit meinen Augen und beiße zaghaft in meinen Döner, um zu testen, wie mein Körper auf feste Nahrung reagiert.

Wir setzen uns vor der Tür auf eine Bank und ich schaffe etwa die Hälfte, ohne eine erneute Rebellion meines Magens auszulösen. Mehr geht beim besten Willen nicht. Keiner von uns hat in den letzten Minuten etwas gesagt. Eine angenehme, keineswegs bedrückende Stille herrscht zwischen uns.

„Was machst du jetzt eigentlich? Dein Abi müsstest du doch in der Tasche haben, oder?", fragt Damian unvermittelt.

„Eine Lehre als Industriekauffrau bei Großwege", antworte ich überrascht darüber, dass ihn das interessiert.

„Echt? Du bei einem Automobilteile-Lieferanten? Wie kommst du denn dahin? Ich hätte gedacht, du bist direkt nach dem Abi weg hier, um irgendwas zu studieren."

Volltreffer! Das war genau mein Plan!

„Na ja, meine Eltern meinen, dass ich erstmal eine Lehre machen soll. Dann hab ich schon mal was Sicheres in der Tasche. Nach der Lehre zahlen sie mein Studium, wenn ich dann noch will", zucke ich mit den Schultern.

Dass meine Eltern dem anschließenden Studium nach zähen Verhandlungen zwar zugestimmt haben, im Grunde aber meinen, dass das bei einem Mädchen völlige Zeit- und Geldverschwendung ist, weil ich über kurz oder lang ja ohnehin heiraten und Kinder bekommen werde, behalte ich an dieser Stelle lieber für mich. Ihre Ansichten sind so altmodisch, dass ich mich jahrelang darüber aufregen könnte, aber das muss ich jetzt nicht mit Damian diskutieren.

„Völliger Blödsinn! Du verschwendest Zeit mit etwas, das du gar nicht willst und das du später für nichts gebrauchen kannst", poltert Damian und seine Augen verdunkeln sich.

„Was machst du denn?", wechsle ich rasch das Thema. Obwohl ich genauso darüber denke wie er, regt es mich auf, wie schnell er urteilt, und ich frage mich, warum ihn die Sache so wütend macht? Die normalsten Themen lösen unerwartet heftige Reaktionen bei ihm aus. Eher Tretmine als Handgranate korrigiere ich meine früheren Gedanken.

„Ähm, äh, eine Lehre als Bürokaufmann."

„In welcher Firma?", hake ich nach, obwohl ich merke, dass er darüber nicht sprechen möchte.

Entflammt - Ronja & Damian Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt