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Er schließt die Augen, atmet langsam tief ein und aus. Kurz blendet er jegliche Geräusche um sich herum aus. Er entspannt sich kurz, fährt sich etwas runter, um sich zu konzentrieren. Alles was ihm gerade wichtig ist, ist Luna. Luna, sein ein und alles. Leicht zittert er am ganzen Körper, umklammert das Maschinengewehr fest an seiner Brust gedrückt. Die Schmerzen, welche er hat, sind für ihn uninteressant. Seine Aufregung ist riesig.
„Wo bist du Luna..." Flüstert er leise vor sich hin.
Plötzlich ist es ganz still. Alles ist still. Keine Schüsse mehr. Kein Schreien mehr. Kein um Gnade winseln mehr.
Es ist still.
Taddl hört nur noch seine schnelle Atmung. Er reißt geschockt die Augen auf.
Warum ist es so still geworden?
Taddl schaut vorsichtig um die Ecke. Ist es vorbei? Sind die Dead-Finders abgezogen? Haben sie gesiegt? Wird auch gleich sein Leben enden wenn man ihn findet?
Falls Luna auch bereits erschossen wurde, ist Taddl dann zumindest wieder bei ihr. An ihrer Seite. Der Gedanke daran mit Luna zusammen im Jenseits zu sein, ohne Sorgen, ohne Angst, ohne Schmerzen, ohne alles, zaubert Taddl ein leichtes Lächeln.
Hier zu warten wird ihm langsam zu viel. Er will nicht warten bis sie ihn auf dem Boden finden und dann umbringen. Er will mit seinem letzten Stolz sterben.
Also erhebt er sich langsam. Seine Waffe lässt er auf den Boden fallen. Ein leichtes Poltern erklingt als diese auf den mit viel Sand überzogenen Asphaltboden fällt.
Mit gesenktem Kopf geht er nun langsame Schritte um die Ecke. Er hat nicht vorher noch einmal die Umgebung geprüft. Sich nicht nochmal umgesehen. Er weiß nicht, was ihn erwartet wenn er nun ganz aus seinem kleinen Versteck getreten ist. Es ist ihm um genau zu sein auch egal. Als er nun ganz aus seinem Versteck gekommen ist, läuft er noch einige Schritte. Ins nichts. Mit dem Blick zum Boden, auf dem er sich langsam fortbewegt und verfolgt, wie sich das Bild des Untergrunds immer wieder verändert. Sand vermengt mit Blut ist dort zu sehen. Leichen. Tot.
Er bleibt stehen. Sein Blick weiter gesenkt. Es ist immer noch still, was ihn wundert.
Nun wagt er es doch aufzuschauen.
Leichen über Leichen, doch...
sein Atem stockt. Einige Meter weiter weg von ihm steht jemand. Bloß eine einzige Person. Bloß eine steht noch. Seine Sicht ist etwas unscharf. Die Sonne blendet ihn. Er schärft seinen Blick und erkennt die Person.
Taddl spürt wie sich sein Herz zusammenzieht und es sich wie Tausende Nadelstiche anfüllt, die sich hineinrammen. Eine riesige Welle von Gefühlen überströmt ihn. Sein Atem stockt. Sein Herz zerbricht. Alles zerbricht ihn ihm.
Dennoch hat er ein Lächeln auf den Lippen. Sein letztes Lächeln womöglich. Es ist ein ehrliches Lächeln. Er ist froh ihn ein letztes Mal zu sehen. Ein letztes Mal bevor er stirbt. Ein letztes mal ihm seine Liebe zu ihm mit einem Lächeln zu zeigen. Ein letztes Mal, um es der Welt zu zeigen, das er froh ist, gleich von dieser Welt zu gehen, um seine Freunde und Luna wiederzusehen.
Er zeigt es seinem Sohn Ardian, Jener einige Meter weiter weg von ihm steht. Umgeben von Leichen. Beschmiert mit Blut. Ardian hat alle seine Opfer bewältigt, doch eines steht noch. Sein Letztes. Sein Wichtigstes. Für ihn ist es wie als hätte er sich wie in einem Videospiel durch alle anderen Soldaten geschlagen und nun steht er vor der wichtigsten Prüfung von allen.
Ardian steht still und regungslos da und zielt die ganze Zeit mit einer Pistole auf Taddl. Er muss nichts weiter tun als etwas mehr Truck auf seinen Zeigefinger am Abzug auszuüben. Dann hat er sein Ziel erreicht. Den Hauptgewinn. Seine Aufgabe erfüllt.
„Tu es!" schreit ständig die Stimme von Daron in Ardians Kopf. Daron hatte es ihm ständig eingeplärrt.
„Tu es! Tu es! Tu es! Tu es! Tu es!"
Ardian will es, doch sein Unterbewusstsein will es nicht. Es hält seinen Körper fest, doch lange kann es das nicht mehr. Er kann ihn nicht lange aufhalten. Der Virus mit dem Chip ist so stark und kontrolliert ihn mehr als Ardian selbst.
Sein Unterbewusstsein hat allerdings noch einen Notfallplan. Ein sehr riskanter Plan. Es währe wirklich der letzte Ausweg. Er hat sich darauf eingelassen. Sein Einverständnis gegeben, als letzten Ausweg. Seine letzte Hilfe, die ihn davon abbringen könnte. Die letze Möglichkeit mit einem hohen Preis.
„Ardy, ich brache deine Hilfe." ruft Ardians Unterbewusstsein in seinem Kopf. „Willst du das wirklich tun? " fragt Ardy ihn mitleidig. „Ja, ich will es. Bitte." Fleht er ihn an. „Es ist mutig von dir. Ein hoher Preis... Ok. Ich helfe dir." sagt Ardy.
Taddl steht schon eine Zeit angewurzelt da. Jegliche Art von Angst ist nicht vorhanden. Er hat sich bereits Mental komplett auf das Folgende vorbereitet. Auf den Knall, den kurzen Schmerz und dann dem Ende. Dem Ende eines teils schönen Lebens und anderen Teils schrecklichen. Sein Blick bleibt stets auf seinen Sohn gerichtet. Er würde ihn immer in Erinnerung behalten, in guter Erinnerung. Er wäre ihm nicht böse. Er hat dann nur das getan, was er tun musste, dass weiß Taddl. Er wird ihn immer lieben.
Plötzlich aber erschreckt Taddl. Er reißt die Augen weit auf. Langsam taumelt er zwei Schritte zurück.
Ist das den möglich? Er muss wohl schon träumen. Er glaubt seinen Augen nicht. Taddl fängt an zu zittern.
Vor ihm steht nicht mehr sein Sohn Ardian, sondern...
an seiner Stelle immer noch mit der Waffe auf ihn gerichtet sein alter Freund.
Ardy.
Taddl steht wie versteinert da und starrt seinen eigentlich verstorbenen Freund an.
„Nun ist es genau so wie damals. Weißt du noch? Als wir unseren letzten Streit hatten. Nur da warst du der mit der Waffe." sagt Ardy grinsend.
„W-Wie ist das möglich?" stottert Taddl.
„Alles ist möglich." sagt Ardy ruhig.
Taddl bringt keinen weiteren Ton über seine Lippen. Er schaut ihn bloß an.
Nach kurzer Stille sagt Ardy „Nun wiederholt sich alles. Das Schicksal wiederholt sich. Es scheint als wolle es alles auf eine bestimme Art wiederholen, um es diesmal geschehen zulassen. Wie als wolle es einen Fehler beheben. Einen Fehler, den es damals bei uns machte...
Ich soll dir von Ardian ausrichten, dass er dich liebt. Er hat eine mutige Entscheidung getroffen. Er ist wirklich ein wunderbarer Junge, um so ein Opfer zu bringen und ich helfe ihm dabei seinen Plan zu vollenden. Er kann es nämlich nicht tun."
Mit diesen Worten hält sich Ardy nun die Waffe gegen seinen Kopf. Taddl reißt geschockt die Augen auf. Tränen sammeln sich in diesen.
„Ich sagte ja. Alles wiederholt sich." sagt Ardy mit einem Lächeln im Gesicht. Nach diesem Satz ist Ardian wieder an Ardys Stelle, hält weiterhin die Waffen vor seinem Kopf. In seinen Augen befinden sich Tränen.
„Leb wohl." sagt Ardian leise flüsternd. Dann schließt er langsam die Augen und atmet tief ein.
„NEIN!" schreit Taddl laut.
So einfach lässt er es nicht noch einmal zu. Nicht noch einmal soll sowas geschehen.
Taddl zögert nicht eine Sekunde und setzt sich in Bewegung. Er rennt auf ihn zu so schnell er nur kann. Er hat das Gefühl als würde er schweben. So schnell ist er. Mit großen Schritten sprintet er auf seinen Sohn zu.
Kaum ist er bei ihm angekommen packt er Ardians Arm und zieht ihn unachtsam nach unten in Richtung Boden. Dennoch löst sich noch der Schuss und ein lauter Knall ertönt. Doch dieser trifft nicht Ardians Kopf wie geplant. Kurz darauf lässt Ardian die Waffe fallen.
Taddl fällt stürmisch in Ardians Arme.
Dieser erschreckt sich und realisiert nicht, was gerade passiert ist.
Taddl drückt seinen Sohn fest an sich. Tränen der Freude und Angst um Ardian laufen ihm über die Wangen.
Ardian ist gerührt von Taddls Aktion. Obwohl ihn der Chip kontrolliert, ist der echte Ardian gerade stärker als dieser, kontrolliert nun seinen Körper für eine Zeit wieder und Tränen der Freuden laufen ihm ebenfalls über die Wange.
„Ich will nicht noch einmal etwas Wichtiges so verlieren. Nicht so. Nicht auf diese Art. Das kann ich nicht zulassen." schluchzt Taddl.
„I-Ich konnte es nicht. I-Ich muss, aber ich will nicht. D-Der Chip in mir. Er k-kontrolliert m-mich. Zwingt mich dazu." weint Ardian in Taddls Armen.
„Ich weiß doch. Den Chip werden wir noch los. Keine Sorge." lacht Taddl vor Freude unter Tränen. Nach kurzer Umarmung voller Gefühle sinkt Taddl plötzlich in Ardians Armen nach unten. Entsetzt schaut dieser seinen Vater an und fängt ihn auf. Taddl verzieht sein Gesicht und macht ein schmerzerfülltes Geräusch.
„NEIN!" schreit Ardian geschockt auf. Er legt seinen Vater vorsichtig auf dem Boden ab.
„Wo?" fragt ihn Ardian ängstlich. Taddl sieht an sich hinunter. Er folgt seinem Blick und bleibt an seinem Unterkörper stehen.
„Verdammt, nein." sagt Ardian entsetzt und nun laufen ihm noch mehr die Tränen über sein Gesicht, doch nun aus Angst und Verzweiflung.
„Ist schon in Ordnung, Ardian." flüstert Taddl und zeigt ihn ein aufgesetztes Lächeln.
Der Schuss, welcher sich noch von Ardians Pistole löste, traf Taddl seitlich am Bauch.
Ardian drückt vorsichtig eine Hand vor die Wunde. Taddl unterdrückt sein aufschreien von dem Schmerz.
„Es tut mir leid." schluchzt Ardian. Seine Tränen fallen langsam auf Taddls Gesicht hinab. Dennoch schenkt ihm Taddl ein Lächeln. Es ist aber wieder ein ehrliches Lächeln. Er ist froh, das sein Sohn bei ihm ist. Froh zu wissen, dass er lebt.
Ardian schluchzt laut und weint bitterlich.
„Ich will dich nicht verlieren. Nicht jetzt." wimmert er.
Taddl nimmt seine zittrig schwache Hand und legt diese an Ardians Wange. Mit einem Daumen wischt er ein paar Tränen weg. Das nützt allerdings nicht viel da sofort neue hinunter kullern.
„Was habe ich nur getan? Ich bin an allem Schuld. Wäre ich nicht so dumm gewesen und hätte mich nicht ihnen angeschlossen. Sie hätten mich töten sollen. Dann hätte ich nicht die ganzen anderen unschuldigen Menschen umgebracht. Nicht so viel Leid verbreitet. Dann müsstest du jetzt nicht sterben." sagt Ardian.
„Nein, es ist meine Schuld gewesen. Ich hätte dich nicht anschreien und dir unterstellen sollen, dass du nicht mehr mein Sohn bist. Das war mein größter Fehler von so vielen, die ich gemacht habe. Währe ich nicht so ein Sturkopf gewesen, wäre es wahrscheinlich auch nie so weit gekommen, dass sie dich entführten. So vieles wäre nicht geschehen." sagt ihm Taddl.
Wieder schenkt er ihm ein Lächeln, doch langsam werden seine Augen schwerer. Seine Hand senkt er etwas doch Ardian hält sie fest.
„Du bist mein Sohn und ich werde dich immer lieben und habe auch nie damit aufgehört." flüstert Taddl nun mit einer schwachen Stimme.
Ardian rückt näher an ihn rann und drückt sich fest an Taddls Brust.
„Bitte verlass mich nicht, Papa." schluchzt er.
Es ist Still. Es bleibt still. Nur das schluchzen von Ardian ist zuhören. Sie sind alleine. Alleine umgeben von Leichen. Umgeben von Schutt und Trümmern. Die Sonne hat sich hinter dicken schwarzen Wolken versteckt. Eine totenstille herrscht auf diesem Platz.
Ardian weint nur noch und Taddl hat seine Augen geschlossen.
Als gerade alles aus scheint, spürt Ardian plötzlich eine weiche Hand, welche sich gerade sanft auf seiner Schulter platziert. Er öffnet seine Augen etwas und hebt seinen Kopf von Taddls Brust. langsam blickt er neben sich auf...

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