6.

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Ein kaltes Lächeln lag auf meinem Gesicht, als sich unsere Augen trafen.

"Danke, aber ich verzichte. Ab jetzt gehen wir wieder getrennte Wege: Du in deine Klapse, ich ab nach Hause. Und ich werde dir das hier verzeihen, wenn du mir einfach sagst, wo der nächste Bahnhof ist."

Mein Blick hielt unter dem seinen stand.

"Cora bitte... gib mir den restlichen Tag Zeit. Ich beweise es dir, ich rede keinen Schwachsinn. Es ist die Wahrheit.", versuchte Kyle mich umzustimmen.

"Wer weiß, wann dir mal wieder nach einer zweiten, spontanen Entführung ist. Ganz sicher nicht mit dir!" Damit war mein Schlusswort gesprochen und ich hätte einen perfekten Abgang machen können, wenn ich nur wüsste, wohin ich laufen musste.

"Und mit mir?" Ein leichtes Grinsen erschien nun auf Phils Gesicht und er warf Kyle einen herausfordernden Blick zu.

"Du steckst mit ihm unter einer Decke?" fuhr ich ihn an.

"Hey Schätzchen, ganz ruhig. Bevor ich mir mit Kyle ein Bett teile, muss schon die Welt untergehen. Aber falls du mal die Lust verspürst, bei mir ist immer ein kuscheliges Plätzchen für dich...", klärte Phil mich auf.

"Jaja schon gut. Sag mir einfach, wie ich endlich nach Hause komme!", unterbrach ich seinen Redefluss.

"Ist dir aufgefallen, dass du mir immer sagst, was ich tun soll? Anstatt dessen könntest du einfach fragen, was ich tun will?"

Ich wedelte mit meiner Hand in der Luft herum und ein Seufzer entwich meinen Lippen.

"Na los, Phil. Lebe dich aus, zeig uns deine innersten Sehnsüchte und Wünsche.", forderte ich ihn auf.

Oh Mann, ich laberte ja schon fast so komisches Zeug wie mein Kunstlehrer Herr Kalen. So tief war ich gesunken.

Begeistert begann Phil zu reden:
"Damit du nicht gleich ablehnst, verspreche ich dir, dich heute Abend nach Hause zu bringen. Aber zuerst möchte ich dich noch herumführen, die Gegend ist echt schön. Und ich hab eine Überraschung für dich." Seine Augen glitzerten, die Vorfreude war ihm anzusehen und sein Grinsen wurde bei meiner Antwort noch breiter. Ich konnte ihm den Vorschlag einfach nicht abschlagen.

"Gut, aber heute Abend will ich wieder in meinem Zimmer sitzen."

"Keine Sorge. Das bekommen wir hin." Freudig lief er los, als mir noch etwas einfiel.

"Warte Phil, ich muss meiner Mom Bescheid sagen."

"Ähhmm.... ja dazu...", Kyle lächelte mich entschuldigend an. "... Ich glaube das wird nicht mehr nötig sein, ich hab ihr vorhin schon geschrieben, dass du bei einer Freundin bist...Von deinem Handy."

"Du hast was?", entwich es mir empört.

Voller Eile kramte ich mein Handy aus der Hosentasche, welches glücklicherweise wasserfest war und somit die kleine Begegnung mit dem Bach überlebt hatte. Empfang hatte ich, oh Wunder, natürlich nicht. Mit großen Augen starrte ich auf die Nachricht, die ich angeblich vor zwei Stunden an meine Mom geschickt hatte.

"Dickes Küsschen. Fühle dich geknuddelt, ich freue mich auf dich heute Abend. Bis nachher. Deine glückliche Cora.", las ich entsetzt das Ende des Textes vor.

Dann brach ich in schallendes Gelächter aus und konnte Kyle nur noch angrinsen. Irgendwie verzieh ich ihm langsam ein bisschen und diese Situation war einfach urkomisch.

"So beendet also der glückliche Kyle seine Nachrichten? Mit einem dicken Knuddel?" Ich war immer noch fassungslos und mit einem Lächeln im Gesicht geziert.

Lodernde BlüteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt