Ich hob den Blick und schaute geradewegs in das gräuliche Nebelmeer, das mich umgab. Meine Lunge zog tief die feuchte Luft ein und meine Augen huschten zu der einzigen Stelle, die unbeschattet von der dunklen Wolke lag. Wie von der Sonne angezogen, streckte sich das weiße Haus dem Himmel entgegen. Vier lange Säulen prägten den Eingangsbereich,darüber erstreckte sich ein geschmückter Balkon. Der düstere Nebel kam mir bei dem herzlichen Anblick beinahe bedrohlich vor und eindrückendes Gefühl durch schlich mich. Das Haus leuchtet in einem warmen Farbton und von unsichtbaren Armen bekräftigt bewegte ich mich zu dem einladenden Haus. Je näher ich kam, desto behaglicher fühlte ich mich und das Haus verschwand langsam hinter den hohen Gartengewächsen.
Schon lag meine Hand auf dem kalten Metall des Eingangstors und ich schob das angelehnte Türchen auf. Ein leiser, quietschender Ton zog sich in die Länge und augenblicklich über zog ein Schauer meine Haut. Meine Füße folgten dem Weg, der sich in Richtung Haus schlängelte. Die Kieselsteine knirschten bei jedem Kontakt meiner Schuhe mit dem Boden, als ich mich über den geschwungenen Pfad dem Monument näherte. Durch das altbekannte Geräusch weckte sich eine Erinnerung in meinem Kopf, die ich jedoch beiseite schob. Rechts und links von mir erstreckte sich ein saftiger Rasen, wie man ihn in Zeitschriften entdeckte. Rollrasen oder einfach ein umwerfender Gärtner? So oder so, in einer Gartenshow wäre dieser grüne Bereich sicher auf den vorderen Plätzen gelandet.Beete mit den ungewöhnlichsten Pflanzen fanden scheinbar beliebig gewählte Plätze und verteilten sich über die riesige Grünfläche. Doch trotz unordentlicher Anordnung wirkte alles harmonisch aufeinander abgestimmt. Größere Pflanzen wie baumartige Gewächse, Hecken und Büsche bildete Abgrenzungen und verliehen dem Vorgarten Struktur. Bei tieferem Einatmen nahm ich einen frischen Geruch war, Geräusche kamen ausschließlich von den Steinchen unter mir und die Sonne hüllte mich endlich in eine angenehme Atmosphäre.Eine Frauenstimme erklang aus der Richtung des Hauses und sie kam mir schrecklich bekannt vor.
"Schatz, kommst du rein? Dad wartet schon auf dich und ich muss jetzt los."Oh nein. Nein, nein.
Meine Schritte wichen von dem Kieselsteinweg nach rechts, ich versuchte mich geräuschlos über den Rasen dem Haus zu nähern. Fast stolperte ich über meine eigenen Füße, als ich mich schnell vorwärts bewegte.
"Jaaa, ich komme schon. Stress nicht wieder rum.", erklang eine genervte Mädchenstimme.
Ich hätte es wissen müssen. Die bekannte Konstellation des weitläufigen Gartens. Das bekannte Geräusch, wenn die Kieselsteine von dem Schuhgewicht aneinander gerieben werden. Und die weibliche Stimme.
Ich hastete weiter über den Rasen, immer auf das Haus zu haltend. Wie eingebrannt in mein Gedächtnis fand ich den Weg durch die Gräser und Büsche, die einem Irrgarten glichen. Stockend blieb ich kurz vordem Haus stehen. Ein Mädchen lief auf mich zu. Erstarrt sah ich sie an, doch auch mit gerichteten Augen auf mich schien sie mich nicht wahrnehmen. Stattdessen lief sie zu der Mutter, die wartend in der massiven Tür stand. Zögernd folgte ich dem Kind.
"Bin doch schon da.", murmelte diese motzig der Frau zu, die sie zum Abschied auf den Scheitel küssen wollte. Mit abwertendem Blick wehrte das Mädchen ab und nickte der Mutter, deren Gesicht ich so gut kannte, lediglich zu, die seufzend umdrehte und sich auf den Wegmachte.
Das Mädchen wandte sich gerade zum Gehen um, rief dann jedoch mit einem freundlicheren Tonfall der Mutter noch einen Gruß zu. Mich schien keiner zu bemerken. Wie ein Geist konnte ich frei herum wandeln, ohne Aufmerksamkeit zu wecken. Doch trotz dieser neu entdeckten Tatsache pochte mein Herz wie verrückt in meiner Brust. Ich atmete tief durch und lief dem Mädchen hinterher. Erst die Stufen zur weißen Eingangstür hoch, vorbei an den weißen Marmorsäulen, um welche sich Ranken nach oben wunden. Ich rieb meine schweißigen Finger aneinander und verfolgte nervös das Kind durch die Innenräume.
Das Mädchen, dass ich zur Rede stellen wollte, hätte sie mich doch nur wahrnehmen können. Hätte sie mich doch nur gehört. Denn ihr Aussehen glich dem meinen wie ein altes Spiegelbild.
Und dem musste ich dringend auf den Grund gehen. Meine Schritte erklangen auf dem Boden und erfüllten die Räume. Die Geräusche wurden von den hohen Wänden zurückgeworfen und schallten in meinen Ohren. Ich lief, verfolge sie, bis ich die Treppe nach unten in den Keller erreichte. Stufe für Stufe schritt ich vorsichtig hinab. Das Licht verringerte sich, meine Neugier wuchs und übermannte die Angst, was mich erwarten würde. Am Ende der Treppe stieß ich eine Tür auf und blickte erwartungsvoll in den Raum.
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Lodernde Blüte
FantasyVerunsichert, ohne Freunde. Allein, kein Vater. Unbeachtet, ein Nichts. Niemand kennt sie. Niemand sieht, was tief in ihrem Inneren verborgen liegt. Bis jetzt. Der Schein trügt die junge Cora, welche mit der Existenz der verborgenen Inseln, der Heim...