18.

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Das Handbuch war genau das gewesen, wonach ich die ganze Zeit gesucht hatte. Ich wusste nicht, woher dieser ungeheure Ehrgeiz kam oder was ihn antrieb, aber ich wollte Rhia um jeden Preis schlagen. Wie geschrieben, brauchte ich die Einverständnis eines Kampfmeisters - der mir einzig bekannte war Leon. Wohl oder übel war ich auf ihn angewiesen. Die nächsten Übungsstunden waren meine einzige Chance, ihn zu überreden, meine Teilnahme in die Wege zu leiten.

Das Holzschwert hämmerte unerbittlich in meine Richtung, unermüdlich preschten verschiedenste Waffen nacheinander auf mich nieder. Das ganze war eine von Leons neues Taktiken, mir den Kampf endlich nahe zu legen, wie er sich ausdrückte. Ich solle für alles gerüstet sein, war seine Erklärung. Ich atmete tief durch, jetzt oder nie.

"Leon?", zögernd sprach ich ihn zwischen zwei Schwerthieben an, die ich parieren konnte.

Sein stechender Blick traf mich. Ich verdrehte die Augen.

"Gut, Meister Leon?"

"Die Formalien haben höchste Priorität Cora, und du kannst sie nicht so einfach abtun. Wenn du dem hohen Rat begegnest, den Vertretern unserer Insel Shaetaar, musst du deine Manieren kennen und..."
Und dann folgte das ganze Respekt-und-Achtung-Blabla.

"Eigentlich wollte ich nur-", unterbrach ich ihn, doch sein Holzschwert traf schon mein Schienbein.

"Eigentlich solltest du mich nicht unterbrechen.", meinte Leon tadelnd und ich übersah seinen strengen Blick.

"Ich wollte nur fragen, was mit Sorx ist. Werde ich ewig davon fern gehalten?"

Er hielt mit seinem Angriff inne, sein Blick wurde undefinierbar.
"Du bist noch nicht bereit."

"Aber-"

"Hör auf dich wie ein quengelndes Kleinkind zu benehmen." Sein Ton wurde schärfer.

"In meiner Verteidigung habe ich erhebliche Fortschritte erzielt, selbst wenn du das nicht zugeben willst. Meine Angriffe werden gezielter und präziser. Was erwartest du für den Beginn denn mehr?"

Ich wollte schon weiter mein vorlautes Mundwerk aufreißen, doch Leon hinderte mich. "Was ich mehr erwarte? Nein, du hast noch nichts verstanden, gar nichts. Es geht nicht um die Treffer, die du erzielst oder die Schläge, die du einsteckst. Du musst den Kampf leben, ihn wie einen Energie gefüllten Tanz betrachten, ein Gefecht zweier Kontrahenten, die vergeblich versuchen sich zu vereinen. Bei dir kommt es nur auf Sieg oder Niederlage an. So funktioniert das nicht. Die Stunde ist beendet."

Er drehte sich um und lies mich auf der abgelegenen Wiese stehen. Aber ich will. Ich kann das. Ich konnte dem Drang, der überheblichen Feuerbändigerin entgegen zu treten, nicht widerstehen.

"Leon!" Ohne Bedacht schwenkte ich meinen Arm und warf meine Waffe nach ihm. Er war gute fünf Meter entfernt und das Holz flog mit vollem Tempo auf seinen Rücken zu. Kurz vor dem Aufprall stoppte eine aufgeschraubte Wassermasse das Geschoss, indem es sich um das Schwert wickelte. Langsam und bedächtig drehte sich Leon um. Die Wasserschlange entwickelte sich und lies das Übungsschwert ohne Laut auf dem Gras nieder.

"Was hast du gerade getan, Cora?" Seine Stimme war gefährlich leise und vor Schreck hielt ich den Atem an, Zweifel stiegen in mir auf. Wollte ich mich wirklich über meinen Lehrmeister hinwegsetzen?
"Widersetze dich den Regeln und-"

"Und trage die Folgen.", beendete ich schnell seinen Satz. Ich fing mich wieder. Ich musste das hier durchziehen. Vielleicht nur um mein Ego zu befriedigen. "Ich bin bereit für Sorx, ich möchte endlich zeigen, was in mir steckt.", versuchte ich zu erklären. Natürlich verstand er es nicht.

Lodernde BlüteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt