Kapitel 17: Marshmallow, Post und ein gecanceltes Hogsmeadewochenende

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Kapitel 17: Marshmallow, Post und ein gecanceltes Hogsmeadewochenende

Ein wenig beruhigter trottete ich langsam zurück in den Schlafsaal. Als ich an dem massiven Eingangstor vorbeikam, beschloss ich spontan einen Spaziergang über die Ländereien zu unternehmen.

Die kühle Herbstluft duftete nach Laub und Regen, einem meiner Lieblingsgerüche. Die Bäume hatten sich inzwischen bunt verfärbt und ließen den Dunklen Wald überhaupt nicht mehr dunkel erscheinen.

Trotzdem hielt sich mein Interesse daran, ihn zu betreten, in Grenzen. Schließlich war es den Werwölfen und Zentauren egal, welche Farbe die Blätter hatten.

Seufzend ließ ich mich auf dem weichen Gras nieder und stützte das Kinn auf die Knie. Auch wenn ich einen warmen Umhang trug, fröstelte ich, als eine erneute Windböhe über die Bäume strich.

Von weitem konnte ich den Wildhüter sehen, der die Erde in seinem Gemüsebeet umgrub. Kurz überlegte ich zu ihm zu gehen, aber ich verwarf den Gedanken wieder. Ich hatte mich erst einmal mit ihm unterhalten und ich wollte nicht unhöflich wirken.

Plötzlich vernahm ich ein Knacken aus den Tiefen des Waldes. Erschrocken richtete ich mich auf und versuchte die Quelle des Geräusches ausfindig zu machen. Etwas regte sich im Unterholz und aus der Dunkelheit trat eine wolfsähnliche Gestalt.

'Verdammt, ich werde sterben!', war das erste was mir durch den Kopf schoss, 'Ich habe noch nie Chilli Con Carne gegessen', das Zweite.

Das Ding kam näher und ich verspürte den starken Drang wegzulaufen, aber meine Beine hatten sich versteift, was es mir unmöglich machte mich zu bewegen.
Als es ins Licht trat, erkannte ich, dass es sich um einen schwarzen Hund handelte und ich hätte schwören können, dass die Laute, welche aus seinem Maul drangen, nichts weiter waren, als Wehklagen.

Winselnd schaute er zu mir auf und als ich die glänzenden, silbergrauen Augen sah verflog meine Angst ebenso schnell, wie sie gekommen war.

"Hey, na wer bist du denn? Du bist ja niedlich!", schwärmte ich und streckte meine Hand aus um das Tier hinter den Ohren zu kraulen. Wohlig legte es den Kopf schief und kam näher. Der Hund kauerte sich zu meinen Füßen zusammen und ich ging in die Hocke und streichelte ihn.

Plötzlich löste sich eine Träne aus dem grauen Auge und tropfte auf den Boden. "Och Gottchen, was ist denn mit dir los, meine Kleine?", einer Eingebung folgend beschloss ich, dass es sich hierbei um ein Weibchen handelte. "Hast du einen Namen", ich kam mir zunehmend vor, wie eine dieser dümmlichen Disneyprinzessinen, die täglich mit ihren Tieren sprachen.

"Wir sollten uns einen ausdenken, meinst du nicht?". Ich dachte nach: "Hm...wie wäre es mit 'Marshmallow'...ja, das gefällt dir, hab ich Recht?". Marshmallow hatte aufgehört zu winseln, stattdessen sah sie mich irgendwie...vorwurfsvoll an...

Aber das war unmöglich! Sie war ein Hund!

Ich strich ihr sanft über das pechschwarze Fell, das sich so geschmeidig anfühlte wie Seide. Gerade so, als würde sie Haarspülung benutzen.

"Ich würde ja liebend gerne bleiben, aber die Anderen machen sich bestimmt schon Sorgen", bemerkte ich und strich ihr ein letztes Mal über den Kopf, bevor ich aufstand und mich auf den Weg zurück ins Schloss machte.

Marshmallow folgte mir nicht, sondern drehte sich um und verschwand im Wald.

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An nächsten Tag beim Frühstück landete die Eule, welcher ich die Nachricht an meine Eltern anvertraut hatte, in meinem Müsli.

Ich hob das Tier aus der Schüssel und setzte es daneben. Der Zettel war zwar vollkommen durchweicht von der Milch, aber die Schrift war noch deutlich lesbar.

"Meine Eltern", erklärte ich and Alice gewand, die sich neugierig zu mir beugte.

Liebe Olivia!

Danke für deinen Brief, es war schön wieder von dir zu hören, auch wenn der Anlass eher ernsterer Natur war.

Mir war klar, dass Dad das Schreiben übernommen hatte. Meine Mutter konnte zwar fabelhaft kochen, aber niemals hätte sie sich dermaßen bedacht ausgedrückt.

Mach dir keine Sorgen, deine Mutter hat einige Schutzzauber angewand und wir werden auf uns aufpassen.

Wir hoffen du bist in Sicherheit, da wo du bist. Hast du dich eingelebt?

In Liebe,
Mum und Dad

Erleichtert ließ ich das Pergament sinken und fütterte die Eule zur Belohnung mit ein paar Körnern. Das Müsli rührte ich nicht mehr an, da ich den Verdacht hatte, dass neben einigen Federn noch etwas anderes zwischen den Cornflakes schwamm.

Wie roch Eulenscheiße?

Sicherheitshalber entschied ich mich für ein Toast mit Spiegelei. Die Schneeeule trampelte derweil über den Tisch, was mir missbilligende Blicke von einigen Gryffindors einbrachte, denen das Gozilla-Viech das Frühstück stipitzt hatte.

"Ist alles in Ordnung?", fragte Lily besorgt. Ich nickte lächelnd: "Meinen Eltern geht's gut. Wenn Black mir jetzt noch verzeiht und die Anderen die Sache mit den Punkten vergessen, kann ich glücklich sterben".

Alice kicherte, aber Lily guckte betrübt auf ihren Teller: "James hat Hogsmeade abgesagt".

"Hä? Wie soll das gehen? Nur weil er Schulsprecher ist, kann er das ja nicht einfach so streichen", verständnislos legte Alice die Stirn in Falten.

Lily schüttelte den Kopf : "Nicht das Wochenende an sich...das Wochenende mit mir".

"Oh", meinten Alice und ich unisono. Wenn ich sie damals richtig verstanden hatte, fragte James sie schon ewig nach einem Date.

"Es ist wegen seiner Mum. Er hat einfach andere Sachen im Kopf gerade", Lily atmete tief ein und schob sich dann ein Stück Rührei in den Mund.

"Hast du sie gekannt?", fragte ich die Rothaarige. Sie schüttelte den Kopf: "Nein, aber er tut mir einfach leid. Und ich habe Angst, ihr nicht? Ich meine, es könnte jeden treffen. Seine Eltern waren Auroren und sogar sie wurden geschnappt. Meine Eltern sind Muggle, sie könnten sich nicht einmal wehren".

"Wahrscheinlich war genau das der Grund, warum die Todesser die Potters ausgesucht haben, Lils", sagte Alice vorsichtig und legte ihrer Freundin eine Hand auf den Arm: "Sie haben Du-weißt-schon-wessen Anhänger gejagt. Die hatten sicher noch einige Rechnungen mit ihnen offen, da bin ich sicher!".

Ich hätte mich gerne eingeschaltet oder etwas beruhigendes gesagt, aber mir fiel nichts ein. Alles was mir auf der Zunge lag würde es nur schlimmer machen. Ich war eben nicht dafür gemacht, immer das Richtige Wort parat zu haben.

Reden konnte ich, natürlich, aber eher um mich in Schwierigkeiten zu bringen, nicht um anderen herauszuhelfen.

Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt