Kapitel 38: Heiligabend, Sirius und kein klares Gespräch

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Kapitel 38: Heiligabend, Sirius und kein klares Gespräch

Heiligabend war so, wie ich es seit meiner Kindheit gewohnt war. Wir gingen in die Kirche, aßen zu Abend und überreichten einander die Geschenke. Es war ein schöner Tag, aber ich erwischte mich immer öfter dabei, wie meine Gedanken zu Sirius und den Anderen schweiften. Wann hatte ich angefangen mich so an Menschen zu binden, die nicht mit mir verwandt waren? Und seit wann waren Lily, Alice und die restlichen Rumtreiber nur die Anderen?

Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg ins Schloss, schließlich musste ich auch noch die Geschenke verteilen, die ich in Hogsmeade gekauft und nicht sehr schön, aber mit viel Herzblut verpackt hatte (Blut war in diesem Fall nicht nur wörtlich zu verstehen, denn ich hatte mich zweimal an den scharfen Kanten des Papiers geschnitten).

Die Türme von Hogwarts ragten weit in die Höhe, wo der Schnee sie umspielte und verwunschener aussehen ließen denn je. Aus den Fenstern drang warmes, goldenes Licht, wodurch die Flocken, die davor vorbeiflogen ausschauten, wie Goldregen.

Als ich die Tür aufstieß, kam mir der Geruch nach gebratenem Speck und Eiern entgegen. Sofort knurrte mein Magen. Nirgends gab es auch nur ansatzweise so gutes Essen, wie hier.

Es war noch recht früh, also würde ich die Rumtreiber vermutlich in der Großen Halle antreffen. Tatsächlich, als ich in den großen Raum hineinspähte, erkannte ich James und Sirius, die verschlafen am Tisch saßen und Toast verdrückten. Hin und wieder griff Sirius zu seiner allmorgendlichen Tasse Kaffee, während er parallel den Tagespropheten las. Es dauerte eine Weile, biss mir klar wurde, dass ich starrte und kurz davor war zu sabbern.

Rasch lief ich auf die beiden zu.
Lächelnd ließ ich mich neben James fallen und begegnete dem verwunderten Gesichtsausdruck von Sirius, der mir gegenüber saß. Sogleich hoben sich seine Mundwinkel: "Hattest du solche Sehnsucht nach mir, dass du es keine Woche ohne mich ausgehalten hast?". Ich grinste: "Das hättest du wohl gerne!". Obwohl er Recht hatte. Verdammt!

Ich kramte in meiner Tasche, in der ich alle Geschenke verstaut hatte und zog zwei heraus: "Ich wollte euch nur frohe Weihnachten wünschen". Die beiden Jungen rissen das Papier weg und bedankten sich überschwänglich bei mir, als sie den Inhalt sahen. Ich merkte, dass es die richtige Wahl gewesen war, weil Sirius Augen für eine kurzen Moment leuchteten, wie die eines Kindes. Ich hatte ihnen den zweiten und dritten Band des Buches besorgt, welches wir aus der Bibliothek geliehen hatten. Die Rumtreiber hatten sich streichetechnisch in den letzten Wochen sehr ruhig verhalten und es wurde höchste Zeit das zu ändern.

"Komm mit!", sagte Sirius kurz entschlossen zu mir und tauschte einen verschwörerischen Blick mit James, bevor er sich erhob: "Wir machen einen Spaziergang".

Ich beauftragte Prongs, auf meine Tasche aufzupassen und folgte ihm dann vorfreudig auf den Korridor. "Wie war Weihnachten?", fragte ich, während wir nebeneinander herliefen und in Richtung des Quidditch Feldes steuerten, wie ich bald bemerkte. "Anders", sagte Sirius bedrückt, "aber auch nicht unbedingt schlecht, es war nur einfach ungewohnt, verstehst du?". Ich nickte langsam. Es gab keine Erwiderung, die jetzt gepasst hätte, also ließ ich es bleiben.

"Wie geht es deinen Eltern?", erkundigte er sich und ich wusste dass es in diesen Zeiten nicht nur eine Phrase war. "Sehr gut, wirklich! Ich glaube Dad genießt die Magie um sich herum sogar, für ihn ist es wahrscheinlich echt aufregend". Unnötig zu erwähnen, wie er hilflose Passanten auf der Straße bat, ihm zu erklären, wie es sich anfühlte, wenn man apparierte (ich vermutete ein neues Buch).

Vor uns erstreckte sich das Feld mit den Torringen und wir setzten uns auf die Gryffindor Tribüne. Den ganzen Weg über hatten wir uns nicht berrührt, aber jetzt wagte ich es und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Keine Ahnung, woher ich den Mut dazu nahm, aber fühlte sich richtig an. Als er einen Arm um mich legte, fuhr mein Magen Achterbahn und mein Herz sprang vergnügt in meiner Brust auf und ab.

Ich hätte gern den Kuss angesprochen, aber ich wusste nicht wie, also schwieg ich und wartete darauf, dass etwas passierte. "Ähm...Liv", begann er stockend. "Ja?", ich lächelte ihn aufmunternd an. Verlegen biss er sich auf die Lippe, was mich schmunzeln ließ. In diesem Moment konnte ich ihn mir bildlich als den kleinen Jungen vorstellen, der er mal gewesen war.

"Ich...nur wegen...du weißt schon!", stotterte Sirius und setzte sich aufrechter hin, weshalb er den Arm von meiner Schulter nehmen musste. Augenblicklich verschwand die wohlige Wärme, die von ihm ausgegangen war. Ich wappnete mich innerlich für alles, was ich gleich zu hören bekommen könnte.

Vielleicht sollten wir den Kuss vergessen, du warst nur ein Spiel für mich, wir sollten einfach gute Freunde bleiben.

Das alles waren Sätze, vor denen ich furchtbare Angst hatte. Doch statt etwas zu sagen, griff er in meinen Nacken, zog mich zu sich und legte seine weichen Lippen auf meine.

Von jetzt auf gleich verschwanden alle Gedanken und ich befand mich völlig im Moment. Mein ganzes Hirn schien zu Honig zu zerfließen: süß und so klebrig und zäh, dass ich unmöglich rational denken konnte. Ich verfluchte mich dafür, dass ich den Kuss erwiderte, und nicht (wie ich es eigentlich hätte tun sollen) ein Gespräch zu verlangen. Vielleicht tat ich es, weil es besser war, als einen der bösen Sätze zu hören, die ich mir ausgemalt hatte.

Vielleicht wollte ich auch gar nicht nachdenken, sondern meine rosarote Brille weiter aufbehalten. Ich vergrub meine Finger in seinen Haaren, während sich mein Herz wieder verselbstständigte und auf die korrekte Anatomie schiss (Es konnte unmöglich gesund sein, wenn das Ding die ganze Zeit quer durch meine Brust sauste).

Keuchend lösten wir uns voneinander. "Ähm...worüber wollten wir nochmal reden?", fragte ich verwirrt. Sirius atmete unregelmäßig: "Scheiß drauf!". Und dann küsste er mich erneut.

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Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt