Amelia
Der Montag Morgen ist der schlimmste überhaupt. Zum einen besteht die Tatsache, dass es Montag Morgen ist und wir nach einem erholsamen Wochenende wieder früh aufstehen müssen. Zum anderen besteht die Tatsache, dass ich heute Mathe habe. Mein Hassfach überhaupt und was noch schlimmer ist, Lukas ist auch da.
Bei dem Gedanken bekam ich ein Schauer über den Rücken. Ich durchlief den Abend in meinen Gedanken immer wieder von vorne. Ich hatte das Gefühl, dass das Meiste was ich tat, darüber zu grübeln, warum sich Lukas und Logen gegen mich verschworen haben. Ich meine es echt ernst.
Selbst den anderen Mädchen ist das aufgefallen. Die haben sich zusammengeschlossen um es mir heimzuzahlen. Die Frage ist nur... was hatte ich getan?
Mr. Gollon war gerade dabei zu erklären wie man einen Scheitelpunkt berechnet. Als er das erste Mal Scheitel sagte, fuchtelte ich an meinen Haaren rum. Ich dachte das wäre so eine Art Signal, dass mein Scheitel nicht in der Mitte ist, ich hatte mich natürlich geirrt. Mein Scheitel ist gerade und er meinte irgendeine Berechnung. "Hast du Läuse oder warum kratzt es dich so am Kopf?", flüsterte Lukas mir zu. Ich konnte ihm natürlich nicht sagen, was für ein dummes Zeug ich gedacht habe, also schwieg ich einfach. Aber da fiel mir etwas auf. Lukas, hatte gar nicht mehr versucht mich in irgendeiner Form anzumachen. Er sitzt sogar am Ende des Tisches, soweit weg wie es nur geht. Stinke ich? Ich neigte meinen Kopf nach rechts unten, schön langsam. Schnelle Bewegungen erzeugen Aufmerksamkeit. Ich streckte mich und roch dabei ganz schnell unter meiner Achsel. Nein, daran wird es wohl nicht liegen. Langsam drehte ich den Kopf wieder in meine Startposition. Ich schenkte Lukas einen flüchtigen Blick zu. Er hört aufmerksam dem Lehrer zu. So kenne ich ihn gar nicht, doch ich entschied das Selbe zu tun. Ich schaute Mr. Gollon an und das wars dann auch. Mir kam es so vor, als ob er auf einer anderen Sprache mit mir spricht. Er benutzt irgendwelche komischen mathematischen Wörter und sagte irgendwelche Zahlen die offenbar zusammengehören. Ich kam überhaupt nicht mit.
"Leute also, schaut euch die Übungen, die wir heute gemacht haben unbedingt an. Die Arbeit am kommenden Donnerstag ist schwer, also bereitet euch gut vor", sagte Mr. Gollon noch zu uns bevor er uns in die Pause lies. Ich konnte mich nicht vom Fleck bewegen. Was für eine Arbeit denn? Ich wusste nichts von einer Arbeit und was für Übungen?
Als der kurze Schock vorüber war, packte ich schnell meine Sachen zusammen. Wie sollte ich das alles lernen? Ich beherrsche ja nicht einmal das kleine Ein mal Eins.
In dem Moment läuft Lukas an mir vorbei. Ohne Kommentar, ohne mich anzuschauen. Warum hatte er kein Interesse mehr an mir? Und noch viel wichtiger, warum sind er und Logen jetzt beste Freunde?
Innerhalb von Sekunden beschloss ich ihn einfach zu fragen. Er war schon etwas vor mir, also musste ich schneller gehen, doch als das nichts brachte, fing ich an zu laufen. Und genau in der Sekunde bog Logen um die Ecke und betrachtete mich. Ich betrachtete auch ihn und nicht meine Füße, über die ich selbstverständlich stolpern musste. Kurz vor dem Aufprall mit dem Boden, landete ich weich. Ich kannte diese starken Hände. Es waren die selben Hände, die mich schon mal vor einem Aufprall bewahrt haben.
Ich schaute Logen an und konnte wieder dieses Kribbeln im ganzen Körper spüren. Er lächelte. "Vorsicht", warnte er mich, "nächstes Mal bin ich vielleicht nicht in der Nähe." Er lies mich los und ging. Ich rempelte mich auf und schaute nach, ob mich jemand beobachtet hatte. Tatsache. Lukas steppte sich von der Wand ab und ging davon. Sein Gesicht war voller Zorn.
Wie ich schon oft erwähnte, bin ich echt froh über das Essen, welches sie uns hier anbieten. Es schmeckt nicht so scheußlich wie es wohl in den meisten Schulen ist. Ich liebe es und ich glaube es ist das einzige, warum ich überhaupt noch hier bin, denn meine Mutter kann echt nicht kochen. Vielleicht mag ich das Essen ja deshalb hier, es ist nicht so eklig wie zuhause.
"Weiß jetzt eigentlich jemand wann Miley wiederkommt?" Wir blickten uns alle gegenseitig an und schwiegen. Niemand wusste es. Sima sprach weiter:" Ich finde es nur sehr seltsam, dass sie nach ihrer Party zu ihren Eltern geht, ohne sich zu verabschieden." Ich lachte kurz auf: "Ein Wunder, dass die Eltern überhaupt herkommen. Ich freue mich ehrlich gesagt für sie. Ich hab auch seit ner Weile nichts mehr von meinen gehört, ich rufe sie nachher an." Ich schaute während ich rede nur auf mein Essen, aus irgendeinem Grund wollte ich Blickkontakt vermeiden. "Natürlich ist das gut, aber sie hat sich nicht einmal bei uns für das Geschenk", sie verstummte kurz, schaute ob jemand in der Nähe ist, beugte sich zu uns rüber und flüsterte weiter:"also ich meine den Stripper bedankt. Sie hat nicht einmal erzählt wie es gelaufen ist." Ich schaute in die Grimmigen Gesichter. "Ich mach mir sorgen Leute, ehrlich. Was ist wenn etwas passiert ist? Vielleicht sollten wir zum Schuldirektor gehen und fragen ob er uns die Nummer von ihren Eltern gibt." Simas Aussage hörte sich mehr an wie eine unsichere Frage. "Mach dir keine Sorgen Sima. Sie hat sich verabschiedet bei mir." Die beiden schauten sich verwundert an. "Amelia, davon hast ja gar nichts erzählt. Wann ist sie von der Party denn gegangen?", fragte Clara. Leicht schüttelte ich den Kopf. "Nein, nicht auf der Party", ich holte mein Handy heraus und zeigte ihnen die SMS. Hallo Amelia. Tolle Party gewesen, konnte euch leider nicht mehr sehen. Eltern waren da, haben mich abgeholt. Bin jetzt eine Weile bei denen. "Ich hab genau die gleiche SMS bekommen, Clara auch." Ich lächelte. "Seht ihr, auch von euch hat sie sich verabschiedet. Also ich gönne es ihr, mal etwas länger von hier weg zu sein", sagte ich voller Überzeugung. "Du hast recht, wenn etwas wäre, hätte sie es uns bereits gesagt. Also kein Grund zur Sorge." Ja, murmelte Sima leise vor sich hin.
Der Teilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar. Schon wieder, dachte ich und schmieß mein Handy auf das Bett. Warum gehen meine Eltern eigentlich nie ran? Wozu haben sie überhaupt ein Telefon? Ich wählte die Haustelefonnummer, da fiel mir ein, dass das die alte Nummer ist und ich die aktuelle gar nicht kannte. Also saß ich auf meinem Bett und starrte mein Handy an. Irgendwann rufen sie schon zurück. Ich spielte mit meinen Haaren, machte mir ein Fischgrätenzopf. Im Nachtschrank fand ich noch roten Nagellack, der halb vertrocknet war. Dennoch war es möglich meine Zehnnägel ordentlich zu lackieren. Nachdem ich fertig war, schaute ich noch einmal auf das Handy. Immer noch nichts. Ich versuchte es wieder. Das Piepen kam mir unendlich vor. "Hallo?", kam es von der andern Seite der Verbindung. "Mama", vor Unterwartung schreckte ich auf. "Ich hab dich so schrecklich vermisst. Was gibt es neues? Wie geht es Papa, wie Justin?" Mum lachte auf. "Immer mit der Ruhe kleines, wie geht es dir?" Warum nannte sie mich kleines? "Mir geht es... ziemlich gut hier. Clara, Sima und Miley aus meinem Zimmer sind sehr nett."
"Ach wie schön. Du, hör mal. Ich kann nicht sprechen gerade, wir telefonieren ein anders mal okay?"
"Warte", rufe ich noch ins Telefon, doch da war die Leitung schon beendet. Begleitet von einem ewig langem Piepen. Sie vermied den Kontakt, das spüre ich. Aber warum? Hasste sie mich? Weinend legte ich mich in den Schlaf.
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Solange wir schweigen
Mystery / ThrillerAls die 18 jährige Amelia auf ein Internat geht, bekommt sie einen Schock, denn sie begreift, dass es kein normales Internat ist. Neben den merkwürdigen Dingen, die das Internat verheimlicht, kümmert sie noch etwas anderes. Logen. Unwiderstehlich ve...