3 - Der 1.Tag

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Beep,beep,beep

Dieser verdammte Wecker.
Also Agnesa, bereit für deinen ersten richtigen Tag an der Uni?

Ich stand auf ging ins Bad und machte mich fertig. Irgendwie freute ich mich auf den heutigen Tag. Ich lerne neue Leute kennen, werde meine ersten Fächer haben und auch herausfinden, wo sich die Cafeteria befindet. Essen war eines meiner größten Leidenschaften. Natürlich neben tanzen und singen. Aber essen, oh ja das könnte ich 24 Stunden.
Dafür dass ich soviel esse hat meine Figur noch nicht nachgelassen. Ich betrachtete mich im Spiegel. Meine Kurven saßen perfekt bei meinen 1.60m. Ich zog mir schnell meine zerrissene Jeans an, ein weißes Shirt und meinen grauen Cardigan. Die endlos langen Haare lies ich offen und zog meine Brille an. Ja, ich gehörte zum Club der blinden Fische. Eigentlich war ich garnicht so blind, aber ich bin kurzsichtig und da ich mir die Vorlesungen in einem großen Saal vorstelle brauche ich diese Brille - da bin ich mir sicher.
Handy, Bürste, Schlüssel alles dabei.
Ich verabschiedete mich von meinen Eltern und fuhr los.
Zu meinem 18. Geburtstag bekam ich einen Audi A3. Kein Neuwagen und auch nicht sonderbar schön, aber er erfüllte seinen Zweck und das reichte mir.

Die Fahrt dauerte eine knappe Stunde. Viel Verkehr am morgen. Ich musste so schnell wie möglich eine Wohnung finden. Jeden Tag das gleiche würde ich nicht aushalten. Dann ist ja Schwänzen eine große Verführung für mich und das sollte im ersten Semester schon garnicht der Fall sein.

Ich lief planlos durch die verschiedenen Gebäuden. Irgendwo musste ich doch Saal S4 finden. Mist, ich komm schon am ersten Tag zu spät. Super Agnesa!

"Entschuldigung, kannst du mir vielleicht sagen, wo ich den Saal S4 finde?"

Ein nettes Mädchen lächelte mich an.
"Oh, herzlich Willkommen im Club. Diesen Saal such ich auch. Und hab keine Ahnung wo er ist.", sagte ich. "Gut, dann sind wir ja schon zwei und es ist nicht allzu unangenehm alleine so spät anzukommen." Wir lachten beide.
Wir liefen an einem etwas älteren Jungen vorbei ich schätzte ihn auf 25 und somit dachte ich vielleicht, dass er nicht zu den Erstsemestern gehört. Er verriet uns den Weg und wir eilten. Angekommen öffneten wir die Tür und liefen rein. Es war genau so wie ich es mir vorgestellt hatte. Diese kleinen Stühle mit den aufklappbaren kleinen Tischen davor und der Professor, der gaaanz weit unten seinen Platz hatte. Wir saßen uns zusammen so ziemlich mittig hin. Und hörten gespannt zu.
Es war ein Spanisches Fach. Ach, nebenbei erwähnt: ich studiere Spanisch und Englisch auf Lehramt. Zwei wunderschöne Sprachen. Die Stunde verging sehr schnell und der Professor hatte uns heute nicht mit allzu viel Informationen überschüttet. Wir packten unsere Sachen zusammen und liefen raus.
"Wie heißt du eigentlich?", hörte ich das Mädchen neben mir mich fragen. "Agnesa und du?", antwortete ich.
Ihr Lächeln wurde breiter. "Wir haben viel mehr gemeinsam als gedacht. Rinora." Jetzt musste ich auch lachen. Da lern' ich tatsächlich schon die erste Albanerin kennen.
Wir unterhielten uns noch eine Weile. Sie erzählte mir, dass sie aus Duisburg kam. Also garnicht so weit weg von der Uni. Sie war ebenfalls 19 wie ich und studierte Deutsch und Spanisch. Was für ein Zufall. Aber je länger ich mit ihr sprach wusste ich, dass dies der Beginn einer langjährigen gute Freundschaft sein sollte. Wir tauschten schnell noch Nummern aus und dann war sie auch schon weg.

Jetzt musste ich zu meiner nächsten Stunde. Ich schaute auf meinen Stundenplan. R11. Das hab ich doch vorhin irgendwo gesehen. Mhmm. Stimmt, das rote Gebäude. Da muss ich hin. Ich schaute noch eben nach auf welchem Stockwerk ich musste und welchen Raum und lief los.
Zum Glück gab es hier Aufzüge. Ich hasse Treppen laufen. Runter laufen ist nicht schlimm, aber HOCH! Oh Gott!

So angekommen. Es standen recht viele Studenten vorm Raum und warteten. Und da kam nun der Professor. Ein Herr im jungen Alter. Ich schätze so Mitte 30. Er schließ die Tür auf und wir stürmten rein. Ich ließ meinen Blick über den Raum schweifen. Dieser war etwas kleiner. Gerade richtig für ein Seminar. Die Tische waren in einer U-Form gestellt. Ich schaute mich nach einem freundlichen Gesicht um und entschied mich dann einfach auf einem freien Tisch Platz zu nehmen. Warum auch nichtmal alleine sitzen?

'An deinem ersten Tag und du sitzt alleine? Das fängt ja gut an, Agnesa'.,
hörte ich mein Inneres Ich sagen.

Der Professor begrüßte uns recht herzlich und stellte sich vor. Herr Busch also. Soso. Daraufhin fing er mit der Anwesenheitsliste an. Ja, bei Seminaren wurde sogar geprüft ob man anwesend ist. Er will sich aber so auch unsere Namen merken. Das war ihm sehr wichtig. Meine Aufmerksamkeit war fast weg als ich nur noch hörte. "Ardian Krasniqi?" "Ja, hier." Und automatisch starrte ich ihn an. Er saß gegenüber von mir auf der anderen Seite des Raumes. War bestimmt so 20 Jahre alt. Hatte dunkle Haare, blau-grüne Augen, ein drei-Tage Bart und markante Gesichtszüge.
Nicht schlecht. Halts Maul, sagte ich meinem Inneren Ich und konnte meine Augen trotzdem nicht von ihm lassen. Er war echt hübsch und schien irgendwie sympathisch. Ach, was sag ich da. Ich kenn den ja kaum. Er bemerkte, dass ich ihn anstarrte und schaute ein bisschen verwirrt. Oh Gott, wie peinlich. Meine Augen schauten sofort zurück zum Professor. Musste das gerade sein?
"Agnesa Thaqi. Entschuldige für die Aussprache.", sagte der Prof.
Ich zögerte. "Ja, hier. Agnesa Thaqi. So wirds ausgesprochen.", sagte ich und lächelte leicht. "Oh, das ist aber ein sehr schöner Name. Woher kommt er?", fragte er mit offenen Augen. "Aus dem Kosovo."
Ich bemerkte die Augen von Ardian auf mir. Ich musste einfach dahin schauen. Er lächelte mich an und ich lächelte leicht zurück. Man, wie peinlich.

Stunde beendet. Endlich! Es war kaum auszuhalten in dem Raum. Die ganze Stunde merkte ich, wie er mich beobachtete und wieder wegschaute. Wahrscheinlich hat der sich meine Nase angeschaut. Ja, meine Nase war mein Schönheitsfehler. Sie passte nicht zum Rest des Gesichtes. Nicht das ich die Hübscheste sei, aber diese Nase zerstörte das Gesamtbild.
Ich packte meine Sachen und verließ den Raum.
Jemand stupste mich an der Schulter.
Ich drehte mich um und sah IHN. Er lächelte mich an. "Hi, ich bin Ardian. Wie du jetzt natürlich schon weißt.", sagte er und hielt mir seine Hand entgegen. "Hi, Agnesa mein Name." Und reichte ihm auch meine Hand. Oh, hat er weiche Hände.
"Freut mich dich kennenzulernen. Der Name ist wirklich sehr schön. Ich ehm.. ich wollte fragen, was du jetzt hast.". Er lächelte verlegen. " Danke. Ich ehm.. weiß nicht. Warte ich schau mal." Ich kramte in meinem Ordner rum. So wie es aussah hatte ich jetzt eine Freistunde. "Oh, ich auch. Hast du Lust in die Cafeteria zu gehen?", fragte er. "Da kann ich ja kaum Nein sagen.", sagte ich und lachte.
Oh, was für ein Spruch Agnesa. Noch peinlicher kanns nicht mehr werden. Ich hielt mir die Hand vor die Stirn. Okay, das war grad nicht der richtige Satz. Aber er lachte nur und ging neben mir her.
Es war erst Stille, keiner sagte etwas. Wahrscheinlich war ihm das genauso unangenehm denn dann unterbrach er diese und fing an zu reden. "Und was studiertst du so?"
"Ach nur Spanisch und Englisch und du?"
"Nicht schlecht. Da hat also jemand die gleichen Interessen." Er kratzte sich am Hinterkopf. Wahrscheinlich wollte er sich gerade Ohrfeigen für diesen Spruch, aber ich fands sehr niedlich und musste lächeln. Wir kamen in einen Smalltalk. Er erzählte mir, dass er allein in Essen lebt und 21 Jahre alt war. Zuerst hatte er eine Ausbildung gemacht zum Hotelfachmann, doch es gefiel ihm nicht. Er wollte studieren. Und hier ist er nun. Lehrer werden war ihm schon immer mal in den Sinn gekommen.
Wir betraten die Cafeteria und er ganz wie ein Gentleman bezahlte Kaffees für uns. Ich bedankte mich und wir nahmen dann an einem der schöneren Sitzplätze Platz.
Wir redeten über Gott und die Welt. Meine Familie würde es mir nicht glauben wenn ich denen erzähle, dass ich mit einem Typen gequatscht habe.
Nach dem Vorfall von früher kam das nicht mehr vor. Ich ging Männern aus dem Weg. Aber bei Ihm war es anders. Er war nicht wie andere. Überhaupt nicht aufdringlich und sehr ruhig, sympathisch und bodenständig. Ich freute mich, dass er mich angesprochen hat. Wer weiß, vielleicht hätte ich Ihn sonst nie kennengelernt. Ich fühlte mich ganz wohl und ich hatte das Gefühl der Knoten in meiner Brust löste sich. Vielleicht hatte ich es ja einfach mal gebraucht mit einem Jungen zu reden..

Wieso Liebe Ich Dich../ Pse Te Dua?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt