37 - Bruder vor Luder

626 26 3
                                    

Am nächsten Morgen wachte ich mit einem Lächeln auf dem Gesicht auf. Mergim hatte Recht. Die Trauer wird wieder vergessen sein. Ich wollte nicht darüber nachdenken was gestern für ein Tag war und warum ich traurig war. Heute war ein neuer Tag und ich sollte Gott danken, dass ich lebte, dass ich gesund war und das es meiner Familie gut ging.
Andere Sachen spielten keine Rolle mehr.

"Guten Morgen ihr Hübschen.",sagte Rinora und nahm neben uns Platz. Wir hatten uns in die Bibliothek zum Lernen gesetzt. Die Vorlesungen waren vorbei und in paar Tagen war schon unsere erste Prüfung. Da alles neu war für uns waren wir doppelt so aufgeregt.
Wir holten uns Notizen oder Probeklausuren von den vorigen Jahren und paukten wie Verrückte.

"Ich brauch meinen Kakao. Kommt jemand mit?",fragte ich erschöpft.
Keiner hebte auch nur ansatzweise den Kopf also ging ich ohne ein weiteres Wort.

Mein Kopf brummte von den ganzen Informationen die versuchten sich irgendwie in meinem Gehirn einzuspeichern. Vielleicht sollte ich auch nach Hause und es mit dem Lernen nicht übertreiben. Oder mein Kakao hilft mir ein bisschen runter zukommen.
Ich nahm meinen Kakao, bezahlte und setzte mich auf einen Stuhl. In der Bibliothek waren Getränke ja nicht erlaubt also trank ich mein heißes Getränk hier. Und vielleicht ist es auch mal gut einen anderen Raum zu sehen.

"Hey babe.",hörte ich Sahit's Stimme hinter mir. Er war viel zu nah an meinem Ohr.
"Was suchst du denn bitte hier?"
"Ehm. Ich studiere hier?",sagte er arrogant.
"Tja. Du machst wohl ein Fernstudium.",sagte ich abwertend.
"Kann man so sagen. Aber ich brauch diese Vorlesungen und so nicht. Ich bin schlau genug dieses Semester auch ohne Vorbereitung zu schaffen." Sein Blick war so arrogant, dass ich schon fast hätte kotzen können.
"Du kannst jetzt auch gehen.",sagte ich verärgert und nippte wieder an meinem Kakao.
"Mir gefällt aber unsere Konversation."
"Mir nicht. Warum bist du denn überhaupt hier wenn du eh keine Vorbereitung brauchst."
"Ich besuche nur meine Leute. Hatte Langeweile. Aber als ich dich sah war diese auch verschwunden."
"Sahit verpiss dich. Ich kann dich nicht ertragen."
"Und was wenn ich nicht gehen will?" Er kam mir wieder viel zu nah und durchbohrte mich mit seinen Augen. "Was ist wenn ich DICH will?"
"Träum weiter.",sagte ich, nahm meinen Kaffee und stand auf.
Er ließ sich nicht wieder einen Korb geben. Er packte mich am Arm. "Du bleibst.",sagte er zornig.
"Wer bist du denn bitte, dass du mir sagen kannst was ich zu tun habe?" Ich schlug seinen Arm weg und lief weiter. Sahit lief vor meine Füße und packte mich mit beiden Armen an meinen Schultern. "Du bist mir zu frech du kleine Göre.",sagte er verbissen und zerquetschte mit seinen Armen meine Schultern.
"Aua. Du tust mir weh."
Ich versuchte mich von seinen Armen zu lösen als ich merkte, dass Sahit aufeinmal los ließ. Ich sah nach oben und sah Mergim der sich wie ein Löwe vor mich stellte.
"Ist das dein Ernst? Du vergreifst dich an einer Frau? Wie bist du denn drauf?", schrie Mergim.
"Die Schlampe hat mich provoziert." Ohne ihn richtig aussprechen zu lassen hatte Mergim ihn direkt ins Gesicht geboxt. "Nenne sie nie wieder so.",brummte er sauer.
Sahit schien nicht zu glauben was gerade geschehen war. Er fasste sich die betroffene Stelle an und guckte verwundernd zu Mergim.
"Hast du mich gerade wegen IHR geboxt?" Er schüttelte den Kopf.
"Bruder vor Luder.",sagte er und schaute Mergim tief in die Augen.
"Sie ist kein Luder. Sie gehört zu mir. Und du packst sie nie wieder an. Nie wieder!" Sahit schüttelte immer noch ungläubig den Kopf.
"Hurensohn.", sagte er leise, warf mir noch einen bösen Blick und verschwand.
Mergim drehte sich zu mir und begutachtete mich auf Flecken oder sonstigem. "Ist alles gut? Hat er dir weh getan?", fragte er besorgt.
Ich zog mein Tshirt an einer Schulter runter. Leider war meine Haut sehr empfindlich und schon hatten sich rot- blaue Flecken darauf gebildet.
Mergim fluchte vor sich hin und fasste vorsichtig meine Schulter an. "Das tut mir Leid.",sagte er traurig.
"Das muss es nicht. Es ist ja nicht deine Schuld."
"Ich hätte es aber verhindern können.",sagte er leise.
"Wie oft willst du mir noch helfen?",fragte ich und schaute dabei in seine schönen Augen.
Er lächelte mich leicht an. "Solange es nötig ist."
Ich liebte diesen Beschützerinstinkt in ihm.

"Ist eure Freundschaft damit beendet?",fragte ich vorsichtig während wir im Campus rumliefen.
"Klar. Auf solche Leute verzichte ich. Frauenschläger kann ich garnicht ab. Und ausserdem hat er mich Hurensohn genannt also ist er schon gestorben."
"Mhm.. es tut mir leid."
Er sah lachend zu mir. "Du bist aber auch ein komisches Mädchen. Warum entschuldigst du dich denn? Der Typ hat dich angefasst und dich beleidigt und du machst dir Sorgen ob unsere Freundschaft kaputt ist."
Ich schaute verlegen zu Boden.
"Er war halt kein richtiger Freund. Hab auch andere Freunde. Ein richtiger Bruder würde soetwas nicht tun. Im Islam wird sowas nicht geduldet also ist es besser ich entferne mich von ihm.",sagte er.
"Bist du sehr gläubig?" Mich interessierte es, da er den Islam erwähnt hatte.
"Naja. Also ich kann beten und tu es auch vielleicht einmal am Tag wenn ich es schaffe. Ich halte mich auch an gewisse Regeln wie kein Alkohol oder Schweinefleisch oder andere, aber ich bin leider etwas faul. Daran muss ich arbeiten. Ich könnte bestimmt fünf mal am Tag beten und mehr im Leben erreichen und mich weiterbilden. Aber meine Faulheit lässt es nicht zu."
Mir gefiel seine offene Art. Er spielte mir nichts vor sondern war einfach so wie er war.
"Das ist schön soetwas zu hören. Also natürlich nicht dass du faul bist." Wir beide lachten. "Aber mir gefällt, dass du doch gläubig bist."
Er lächelte mich an und bedankte sich für mein Kompliment.
"Wie sieht es mit dir aus?",fragte er.
"Papa hat mir erzählt, dass Mama gläubig war und oft Abends den Koran gelesen hat. Als ich endlich reif genug war habe ich auch angefangen mich dafür zu interessieren. Ich las den Koran und fing an zu beten. Mittlerweile kann ich ganz gut beten und kenne vieles aus dem Koran. Dort steht, dass man sich immer weiterbilden muss und das tue ich. Ich lerne gern über meine Religion."
Er lächelte. "Das gefällt mir auch."

"Ich muss wieder zu den anderen zurück. Die fragen sich bestimmt wo ich bin.",sagte ich.
Er nickte. "Okay. Dann sehen wir uns einander mal." Ich lächelte. Er breitete seine Arme aus und ich umarmte ihn.
Ich winkte ihm zu und lief gerade ein paar Schritte als er meinen Namen rief.
"Ja?",fragte ich vorsichtig.
"Darf ich deine Nummer haben? Ich brauch Hilfe bei einigen Fächern." Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
Er sah ganz süß aus wie verlegen er war. Ich streckte meine Hand aus und er verstand, dass ich sein Handy wollte. Er entsperrte es, gab es mir und ich tippte meine Nummer ein. Zur Sicherheit klingelte ich einmal bei mir an und gab es ihm wieder zurück. Er lächelte und bedankte sich und ich verschwand ins Gebäude.

Nur wenige Sekunden später bekam ich eine Whatsapp Nachricht.
"Danke für deine Nummer du verrücktes Mädchen. :D "
Ich entschied mich ihm zu antworten. "Bitte mein Retter in Not. :P "

Wieso Liebe Ich Dich../ Pse Te Dua?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt