43 - Die halbe Wahrheit

584 23 4
                                    

"Sie.. " Er sah mich nicht mehr an. Stattdessen krazte er sich verlegen am Hinterkopf. Er drehte sich um und lief in der Wohnung auf und ab.
"Sie ist meine Ex.",sagte er nun leise und mit dem Rücken zu uns gekehrt. Mein Herz blieb still. Sie war also das Mädchen, welches Ardian's Herz gebrochen hatte. Sie war das Mädchen, welches unbeschmutzt in die Beziehung ging und nun war sie wieder an seiner Seite.
"Wir sind aber nicht zusammen. Die Geschichte ist halt etwas kompliziert.",sagte er immernoch leise und drehte sich zu uns. Er versuchte meine Laune zu deuten aber mein Gesicht verriet wahrscheinlich garnichts. Ich wusste nicht ob ich traurig oder glücklich sein sollte. Ob ich sauer oder fröhlich gucken sollte. Ich wusste nichts.
"Wir haben Zeit.",sagte ich und setzte mich auf meine Couch.
Mergim tat mir gleich. Ardian sah uns beide an, fuhr sich mit der Hand hektisch über die Haare und setzte sich dann ebenfalls.
"Also. An dem Abend in der Shishabar hab ich ja den anrufen bekommen,dass es meiner Mutter nicht gut gehen würde. Das stimmte nicht. Sie war dort. Sie hatte meine Eltern besucht und von unserer glücklichen Zeit erzählt und wie sehr sie mich noch liebt. Meiner Mutter kam diese Situation ja ganz recht, da sie ja eine Frau für mich sucht.
Ich war halt dort und sah dann sie da. Wir haben uns alle unterhalten und.."
Sein Handy klingelte. Er nahm es heraus und laß seine Nachricht.
"Meine Eltern warten vor meiner Wohnungstür. Ich muss los." Er stand auf und ging weg. Ohne auch nur auf eine Antwort von mir zu warten.
Ich hatte nicht mal eine Antwort auf meine Fragen bekommen.

"Was für ein Vogel.. ",sagte Mergim und legte seinen Arm um meine Schulter.
"Ihn hat es nicht mal interessiert ob ich noch sauer bin oder nicht. Er ist einfach aufgestanden und gegangen. Als ob nur seine Eltern da sind. Die blöde Kuh ist auch dabei.", ich hielt mir die Hände vors Gesicht. Wie eiskalt war er denn geworden?
Ich wusste, dass seine Mutter zu allem fähig war aber sie hat ihn ja so dermaßen manipuliert, dass es ihn nicht mal interessiert was ich darüber denke. Das war vor Tagen noch nicht der Fall.
"Agnes. Wenn er sein Leben erstmal im Griff hat, dann wird er dir alles erzählen. Du weißt, dass sie nicht zusammen sind. Das muss dich doch freuen. Und die restliche Wahrheit kriegst du auch noch raus." Ich nickte. Er hatte Recht. Aber es tat weh zu sehen wie unwichtig ich geworden bin für ihn.
"Komm. Wir müssen lernen. Prüfungen sind jetzt wichtiger. Ich will am Montag kein Roman über Ardian in meiner Prüfung schreiben." Wir beide mussten lachen und sogar so viel, dass wir Tränen bekamen.
"So will ich dich sehen Agnes.",sagte er als wir uns beruhigt hatten. Und in diesem Moment war ich einfach für seine Nähe dankbar.

Wir lernten und lernten bis wir Hunger bekamen. Rinora hatte sich unserer Lerngruppe angeschlossen und als wir Pause machten hatte ich ihr die ganze Geschichte erzählt. Sie war geschockt aber wusste auch keine Lösung. Mir war es auch irgendwie egal geworden. Ich wollte die Prüfungen bestehen. Ich war mit Ardian weder zusammen noch war da mehr als Freundschaft auf beiden Seiten gewesen. Ich hatte mich in ihn verliebt aber dass hieß noch lange nicht, dass er mir irgendeine Erklärung schuldig war. Er konnte sein Leben leben wie er wollte und ich hatte mich da nicht einzumischen.
Diese Einsicht erfreute auch Mergim. So musste ich ihn nicht vollheulen von meinen Problemen und wir konnten in Ruhe lernen und zu Abend essen.

Montag

Von Ardian hatte ich nichts mehr gehört. Er sah es nicht ein sich bei mir zu melden. Heute war unsere erste Prüfung. Ich hatte zusammen mit Rinora und Mergim wie eine Verrückte gelernt. Eigentlich fühlte ich mich sicher, aber man weiß ja nie wie die Uniprüfungen so sind.

"Alles bestens?",fragte Mergim.
"Ja, jetzt noch.",wir lachten.
Rinora kam auf uns zu und zusammen liefen wir in den Saal.
Wir saßen uns nebeneinander mit jeweils einem Platz zwischen uns.
Rinora hatte neben sich noch einen Platz für Ardian freigehalten. Aber dieser erscheinte auch nicht als der Prüfer schon anfing zu reden.

Irgendwann ging die Tür auf und Ardian trat herein. Er sah nicht mal in unsere Richtung, setzte sich in irgendeine Ecke und kramte in seiner Tasche nach Stiften.

Ich sah ihn mir genau an. Er hatte sich selbst verloren. Vorher sah er selbst in einer Jogginghose gepflegt aus und selbst die zersausten Haare sahen perfekt aus. Davon war nichts mehr übrig geblieben. Die zersausten Haare sahen schrecklich aus als ob er seit Wochen keine Bürste benutzt habe. Und selbst die Jogginghose saß nicht mehr wie angegossen.

"Nicht ablenken lassen, Mademoiselle.",flüsterte Rinora und ich wandte wieder meinen Blick zum Prüfer.

2 Stunden vergingen und ich hatte alle Aufgaben geschafft. Ob sie richtig waren wusste ich nicht, aber ich hatte kein allzu schlechtes Gefühl.

"Schatz, ich geh eben zu Ardian. Wir sehen uns dann bald wieder.", Rinora umarmte uns und verschwand. Obwohl sie Ardian dafür hasste was er tat, ignorierte sie ihn nicht. Er war der beste Freund ihres Freundes und daher war sie immer mit ihm in Kontakt. Ich konnte es verstehen und war nicht sauer auf sie.

"Hajde, wir gehen weiter lernen.",sagte ich lachend zu Mergim und hackte mich bei ihm unter.
"Och ne.. aber bitte nicht in der Bib. Ich kann diesen Raum heute nicht sehen. Komm wir gehen zu mir.", sagte er mit einem Schmollmund. Ich schaute ihn ungläubig an. "Du willst in dieser Studenten-WG lernen? Nein, nein mein Freund. Wir gehen zu mir." Mergim wusste, dass er garnicht zu diskutieren hatte. Bei mir war es ruhiger und wir hatten mehr Platz. Am Sonntag waren wir bei ihm und das war eine reine Katastrophe.

Als wir bei mir ankamen konnte ich nicht glauben wen ich sah.
Ich schloss das Auto ab und rannte auf sie zu.
MEINE FAMILIE!
Ich hatte sie unendlich vermisst und nun würden sie auch Mergim kennenlernen.

"Soll ich nicht gehen?",fragte er verwirrt.
"Nein. Die freuen sich dich kennenzulernen."

Wieso Liebe Ich Dich../ Pse Te Dua?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt