7- Vergangenheit

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"Qka je qu kaq heret shpirt?", sagte Mama und drehte ihr Ei gerade um.
Ich ging zu ihr hin, gab ihr einen Kuss auf die Wange und setzte mich auf den Hocker. "Um 1 wollte ich Ardian abholen und zusammen fahren wir zu meiner Wohnung. Vorher müssten wir aber noch Farbe kaufen gehen."
"Qe baba te jep pare. Mos paguj me paret e tua. (Hier Papa gibt dir das Geld. Bezahl nicht mit deinem eigenen.)" Ich lächelte sie an und bedankte mich. Sie gab mir ein Spiegelei und Orangensaft dazu.
"Kallxom drejt (Sag mir ehrlich), gefällt dir der Junge?", sagte meine Mama und schaute dabei ihr Ei an. Sie sah mir nicht in die Augen. Sie wusste, dass dieses Thema für mich immer schwierig war. Aber ich kann vor meiner Vergangenheit ja nicht immer weglaufen.
"Er ist sehr nett, sehr zuvorkommen, höflich, respektvoll. Also er besitzt alles, was ein Frauenherz nur so will. Aber genau deswegen ist er wahrscheinlich nichts für mich. Er hat hunderte Chancen und sollte sowas wie mich nehmen? Also mach ich mir da auch keine Hoffnungen. Ich bin glücklich, dass er mein Freund ist -im Moment mein Bester Freund.", sagte ich und stocherte mein Ei.
"Qika jem (meine Tochter), so darfst du garnicht denken. Wenn er dich wirklich mag, dann für die Person die du bist und nicht die du warst.", sie wischte sich eine Träne weg. Sie war meine Mutter. Ich konnte sie ja nicht anlügen. Sie wusste, dass mir Ardian gefällt und das ich gern eine Beziehung eingegangen wäre. Aber wer, wer nimmt bitte ein Mädchen an, die schonmal verlobt war?

FLASHBACK

Heute war mein großer Tag. Mein Tag der Verlobung. Seit 3 Jahren bin ich nun mit ihm zusammen - Luan.
Und heute machten wir den nächsten Schritt unserer Beziehung.
Ich war sehr aufgeregt. Meine Friseurin hatte versucht, soweit wie möglich auf meine Wünsche einzugehen. Aber hier in Kosovo war der Begriff 'schlicht' unbekannt. Mit vollen Roten Lippen und gefakten Lashes, die eindeutig zu lang waren, musste ich mich nun abfinden. Es ist nur eine Verlobung. Alles wird gut.
Ich zog mein rotes Kleid an (siehe Bild), die passenden Schuhe und den passenden Schmuck und begab mich in unser Auto. Mein Schwiegervater fuhr mich zum Friseur und wartete auf mich. Er war echt goldig.
Zuhause angekommen ging ich nach oben ins Zimmer. Endrit war gerade dabei seine Fliege zu richten. Er drehte sich um und sagte nur noch "wow"
"Ja, ich weiss. Ich bin viel zu sehr geschminkt. Katastrophe.", sagte ich und ließ mich auf das Bett fallen.
"Shuj (sei leise). Heute verlobst du dich, da darf man sich auch mal mehr schminken.", sagte er und zwinkerte mir zu.

Flashback Ende

"E ki serioz? (Ist das dein Ernst?)", fragte Papa, der anscheinend alles gehört hatte.
Er saß sich zu mir und sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an.
"Bab, du weißt genau wie unsere Landsleute ticken. Ein hübscher Junge, der noch nie verlobt war, soll sich an sowas wie mir zufrieden stellen? Allein albanische Schwiegermütter sind schon zum kotzen. Die macht mir die Hölle heiß.", sagte ich und lehnte mich an Papa.
"Und vielleicht sind seine Eltern wie wir? Uns interessiert es nicht ob verlobt oder verheiratet. Solang das Pärchen zufrieden ist, sind wir das auch."
"Papa, wie euch gibt es keinen auf dieser Welt."
Er gab mir einen Kuss auf meine Schläfe. Ich wusste, dass er Tränen in den Augen hatte, aber ich wollte nicht hinsehen. Ich bin zu nah am Wasser gebaut.
"Hast du ihm das schonmal gesagt? Also das du verlobt warst?", fragte Mama vorsichtig.
"Nein, wir kamen auf das Thema Liebe garnicht zu sprechen. Wir wissen nur, dass wir beide Single sind.", sagte ich und versuchte weiter zu essen.
"Willst du ihm das nicht sagen?", fragte nun Papa.
Nach langem überlegen antwortete ich "Nein."
Es war ruhig keiner sagte etwas. Aber ich schien eine Erklärung schuldig zu sein. Mir rollte eine Träne runter.
"Ich will ihn nicht verlieren. Im Moment macht er keine Kommentare, Anmachsprüche oder sonstiges, die darauf hinweisen, dass er etwas von mir will. Ich glaube, die Freundschaft reicht ihm erstmal auch vollkommen. Und wer weiß, wenn ich mal soweit bin, dann werde ich ihm die Wahrheit sagen."
Meine Eltern nickten nur und jeder schaute auf sein Essen. Ich hatte sie vielleicht mit dem Geständnis verletzt, weil sie wussten, dass ich jetzt auch verletzbar war. Sie wussten, dass ich innerlich zebrechen würde, wenn er eine Freundin hat.
Aber ich musste ihnen die Wahrheit sagen.
"Ruju qika jem (pass auf meine Tochter), wir wollen nicht, dass du verletzt wirst.", sagte er ruhig und schenkte mir ein kleines Lächeln.
"Die Trennung ist nicht allzu lange her, also sind die Narben noch frisch. Pass auf dich auf, Schatz."
Ich nickte nur. Sie hatten Recht. Diese verdammte Trennung..

Flashback

"Agnes? Was ist los? Pse po qan (warum weinst du)?", Ardiana stürmte in mein Zimmer und umarmte mich.
Ich heulte nur noch mehr. Wie konnte das nur passieren. Ein halbes Jahr nach der Verlobung und er hält es nicht mehr mit mir aus?
"Wir... wir.. ", ich konnte kaum sprechen. Allein der Gedanke daran, zerbrach mein Herz in kleine Stücke.
"Was wir? Wer ist wir?", Ardiana war nervös. Sie wusste nicht was passierte.
Ich heulte mich in ihren Armen aus. Erst als ich mich ein kleines bisschen beruhigt hatte, konnte ich diesen Satz über meine Lippen bringen.
"Wir haben uns getrennt.", flüsterte ich.
Ardiana's Augen weiteten sich aus. Sie hielt sich die Hand vorm Mund.
"WAAASS? Warum Agnes? Qa u ba (was ist passiert)?"
Ich musste wieder heulen. Es hat Stunden gebraucht, bis ich mich beruhigt hatte.
"Wir streiten nur noch seit wir verlobt sind. In allem was ich mache findet er einen Grund sauer zu werden. Es war kaum auszuhalten. Ich hab ihn darauf angesprochen. Er meinte... "und schon wieder kamen mir die Tränen. Dieser Satz hatte alles verändert.
"Er meinte, dass er mich nicht mehr liebt wie vorher."
Ardiana schüttelte den Kopf.
"Dieser Arsch. Ihr ward DAS Traumpaar." Sie umarmte mich ganz feste.
"Wir haben uns unterhalten. Er schien mir eine ganz andere Person zu sein. Unser Entschluss war dann, dass die Trennung das Beste wäre... ich hatte gehofft, dass er noch für mich kämpft. Aber er war Glücklich mit dem Entschluss und das hat mich umso mehr verletzt. Aber da gibt es kein zurück mehr.", diese Szene spielte sich in meinem Kopf ab. Wie er es einfach ertragen hatte mich zu verlassen..
"Bonu e fort moter (bleib stark schwester)", sagte sie und heulte mit mir zusammen.

Flashback Ende

"Macht euch keine Sorgen um mich. Ich schaffe das schon.", ich gab beiden einen Kuss und nahm meine Tasche und meinen Autoschlüssel. Papa gab mir noch Geld und schloss die Tür hinter mir zu. Ich wusste, die beiden würden sich zusammen jetzt den Kopf über dieses Thema zerbrechen..

Wieso Liebe Ich Dich../ Pse Te Dua?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt