54 - Der Antrag

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Am nächsten Morgen redete ich aus Scham sehr wenig mit Mergim.
Ihm war die Situation anscheinend auch unangenehm, denn er ging mir auch aus dem Weg.

Wir hörten ein Klopfen an unserer Tür und Mergim öffnete diese.
"Seid ihr fertig für's Frühstück?",fragte Rinora glücklich. Wir nickten, nahmen unseren Schlüssel und gingen mit den beiden nach unten.

"Was ist los?",fragte Rinora neugierig als wir am Frühstücksbüffee standen. Weit weg von den Jungs.
"Ich bin so ein Idiot.",sagte ich enttäuscht. Sie wurde aus meinen Worten nicht schlau und runzelte ihre Stirn.
"Hab mich gestern im Bad umgezogen und meinen BH im Waschbecken liegen lassen. Er ist danach rein und hat es gesehen."
Rinora konnte nicht mehr aufhören vor Lachen. Sie lachte so laut, dass selbst alle Gäste sich zu uns drehten. Ich zog sie am Ärmel zu unserem noch leeren Tisch.
"Shuj moi (Sei doch leise)."
"Das war so klar, dass dir das passiert.", sagte sie nachdem sie sich wieder eingekriegt hatte.
Auch die Jungs gesellten sich zu uns und Jetmir fragte Rinora was sei.
Ich warf ihr einen tötenden Blick zu um sie zum schweigen zu bringen.

Nach dem Frühstück machten wir uns noch eben frisch und verließen dann zu viert das Hotel. Die anderen beiden hatten angekündigt, dass sie den Tag alleine verbringen wollten und irgendwie konnte ich aus Jetmir's Gesichtsausdruck herauslesen, dass er enttäuscht war. Sein bester Freund würde bei seinem Antrag nicht dabei sein.

"Rinor, komm wir gehen noch kurz shoppen. Gestern hatte ich wegen Blondchen keine Lust." Rinora sah mich verwirrt an, nickte jedoch und die Jungs gingen in eine andere Richtung. Der Plan schien schonmal aufzugehen. Wir hatten es jetzt 14 Uhr und ich sollte sie knapp 2 bis 3 Stunden unterhalten.
Wir liefen wirklich in jedes einzelne Geschäft rein, obwohl ich da garnicht der Typ zu war. Aber mir war deren Glück viel wichtiger also machte ich das, was Jetmir mir sagte.
Selbst teure Läden wie Chanel schauten wir uns von außen an. Eintreten trauten wir uns nicht,da wir nicht so schick gekleidet waren wie die High-Society Leute.
2 einhalb Stunden hatte ich es geschafft und nun saßen wir in einem Café und schlürften unser Heißgetränk.
Mein Handy piepste und Jetmir hatte mir geschrieben, dass wir uns auf den Weg machen könnten. Ich antwortete ihm und legte mein Handy weg.
"Komm wir gehen zum Eiffelturm. Wir haben gestern vergessen Fotos dort zusammen zu machen.",sagte ich mit einem Schmollmund,der immer bei Rinora zog.
"Aber ich geh da nicht hoch mit dir.",sagte sie streng.
"Nein, nein. Das ist nicht nötig."
Da liefen wir nun zusammen in Richtung Eiffelturm. Als wir dort ankamen, hatte sich schon eine Masse von Menschen an einem Fleck gebildet. Ich war mir sicher, dass sie alle Jetmir zusahen. Ich schrieb ihm, dass wir da sind und zerrte Rinora zu der Menschenmasse.
"Lass mal schauen, was es da so gibt.",sagte ich neugierig.
"Ach, da tanzen bestimmt eh nur die Afrikaner." Sie schien nicht so erfreut, aber dies sollte sich ändern wenn sie Jetmir sah.

Ich schlang mich durch die Menschenmasse und sah Jetmir dort mitten in einem Herz voller Rosen. In seiner Hand hielt er einen Rosenstrauß und die andere hatte er in seine Hosentasche gesteckt. Mergim hielt die Kamera in der Hand und nahm alles auf. Neben ihm standen laute Boxen, die eine romantische Melodie abgaben.
Ich schubste Rinora nach vorne und gesellte mich zu Mergim. Dieser lächelte mich leicht an und widmete sich wieder seiner Kamera.
Rinora schien nicht zu glauben was passierte. Sie drehte sich mehrmals um und blickte von Jetmir's Augen zu unseren. Er bat sie in das Herz einzutreten und nahm ihre Hand. Sie begann ohne das er überhaupt etwas gesagt hatte zu weinen.

"Rinora, du weißt wie sehr ich dich liebe. Es gibt kein Wort auf der Welt was diese Liebe genau beschreiben kann.
Ich brauche dir garnicht sagen, wie glücklich du mich machst, denn das siehst du jeden Tag.
Danke,dass du der beste Teil meines Lebens bist und ich will, dass du es immer bleibst. Daher frage ich dich hier und jetzt vor all den Anwesend und unseren Trauzeugen Agnesa und Mergim: Willst du meine Frau werden?" Er kniete sich hin, gab ihr den Rosenstrauß und nahm eine Schatulle aus seiner Hosentasche. Er öffnete sie und ein Ring blinzelte heraus. Sie nickte heftig mit dem Kopf und fiel ihm und die Arme.
Dann flüsterte sie ihm etwas ins Ohr. Jetmir sah uns an und schrie ins Publikum 'She said yes.' Und alle klatschten in die Hände und kreischten vor Freude. Auch ich war schon von Tränen uberschüttet. Mergim legte einen Arm um mich und tröstete mich. "Du heulst ja jetzt schon wie ein Baby. Was passiert denn, wenn du an ihrer Stelle wärst?",fragte er lachend und gab mir einen Kuss auf den Scheitel.
Jetmir steckte Rinora noch den Ring ein und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. So wie es sich im Islam gehörte.
Dann gratulierten wir ihnen und wir Mädels heulten uns erstmal aus. Es war Tränen der Freude, die kein Ende mehr nehmen wollten. Ich war so glücklich für sie wie für meine eigene Schwester.

"Im Sommer dann die Verlobungsfeier?",fragte ich freudig und Jetmir nickte.

Zum Ende hin halfen wir beim Aufräumen und brachten die Box wieder zurück. Dann setzten wir uns in ein Restaurant und aßen und feierten die Verlobung der beiden.

"Ihr seid so genial.",sagte Rinora immer noch völlig außer sich. "Ich hab wirklich nichts gecheckt. Und ich sag auch noch zu Agnesa 'ach das sind nur Afrikaner, die tanzen' und dabei standest du da." Wir konnten nicht mehr vor Lachen.
"Jetmir wollte tanzen, aber als er all die Menschen gesehen hat, hat der den Plan umgeschmissen.",sagte Mergim lachend und wir stimmten ein.

"Schade, dass Ardian nicht dabei war.",sagte Rinora traurig und nahm Jetmir's Hand in ihre.
"Ach.. ich weiß nicht. Er hat sich verändert. Ich bin froh Mergim kennengelernt zu haben. Er wird auch unser Trauzeuge, wenn wir heiraten sollten, zusammen mit Agnesa.",sagte er glücklich. Mergim und ich grinsten über beide Ohren und bedankten uns. Rinora konnte es auch nicht glauben, freute sich aber um so mehr, da auch sie Mergim in ihr Herz eingeschlossen hatte.

Noch bis spät in die Nacht saßen wir da und unterhielten uns über deren Verlobung und Zukunft. Sie waren so glücklich und konnten kaum aufhören zu reden.
"Wir gehen noch eine Runde spazieren und dann ins Hotel.",meldete sich Jetmir zu Wort und nahm Rinora in die Hand. Wir nickten und verabschiedeten uns von ihnen.

"Sie sind so glücklich. Das zieht förmlich an.",sagte Mergim verträumt.
Ich nickte. "Sie konnten garnicht mehr aufhören zu reden." Er lachte und ich hackte mich bei ihm unter und wir liefen zum Hotel.

Leider waren wir so kaputt, dass wir garnicht mehr etwas anderes unternehmen konnten. Wir schmissen uns ins Bett und schliefen sofort ein.

Nein. Nein. Ich bin da. Hier bin ich.
Diese Schreie weckten mich in der Nacht auf. Schon wieder hatte er Albträume. Er schwitzte extrem und sein ganzer Körper zitterte.
"Mergim? Mergim? Es ist nur ein Traum." Er hörte nicht auf also rutschte ich zu seiner Bettseite rüber und nahm ihn in die Arme. Er wimmerte nur vor sich hin und zitterte am ganzen Körper.
"Pssht. Nur ein Traum. Alles wird gut. Es war nur ein Traum." Ich redete oft auf ihn ein und streichelte ihm den Kopf und am Rücken. Er legte seinen Kopf auf meine Brust und beruhigte sich Minuten später.
"Lass mich nicht los.",flüsterte er und umarmte mich ganz feste. Mir kamen Tränen bei diesem Anblick. Er träumte wieder von seinem Bruder. Wie schlimm das für ihn sein musste. "Tu ich nicht. Ich bin hier.",flüsterte ich leise und streichelte ihn weiterhin. Er war irgendwann eingeschlafen und ich starrte die Decke an und dachte an ihn.

Wie viel hat dieser Junge miterleben müssen und war trotzdem so stark? Wie viel hatte er gesehen und verlor trotzdem nicht komplett die Lebensfreude?
Er tat mir leid. Unendlich leid. Und irgendetwas in meinem Herzen sagte mir, dass ich für ihn verantwortlich war. Ich war dafür da seinen Tränen und Albträumen ein Ende zu setzten. Ich war dafür da ihn die komplette Lebensfreue wiederzugeben. Ich war dafür da, dass er das Leben wieder liebte. Auch ohne seinen Bruder.

Und dann fiel mir auf warum Gott genau uns beide zusammen geführt hat. Warum genau wir beide aufeinander treffen.
Und wir beide uns nur gegenseitig helfen können....

Wieso Liebe Ich Dich../ Pse Te Dua?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt