5 - Wohnung

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Die restlichen Stunden vergingen wie im Flug. Mir gefiel der Unterricht bis jetzt sehr gut. Die Professoren waren ganz witzig und locker drauf und im Moment übte man noch keinen Druck aus.

Ich startete meinen Motor und fuhr zu meinem Wohnungstermin. Auf den Bildern war sie perfekt für mich. Aber ich fürchtete, dass es auch in Realität so sein würde.
Nach 15 Minuten Autofahrt war ich schon angekommen. Ich stieg aus und betrachtete die Gegend. Es schien alles sehr ruhig zu sein. Kleine Kinder hörte man in Gärten spielen. Einige alte Menschen liefen spazieren und eine Bushaltestelle war zu sehen. Ich beobachte das Gebäude. Hier sollte ich also hoffentlich mal einziehen. Eine etwas ältere Dame kam auf mich zu. "Frau Thaqi, nicht wahr? Ich bin Frau Meyer.", sagte sie lächelnd und hielt mir ihre Hand in. "Freut mich Sie kennenzulernen. Sie können Agnesa zu mir sagen." "Ach, dann bleiben wir direkt beim DU. Ich bin die Susanne." Ich lächelte sie an und streckte meine Hand ebenfalls aus. Sie führte mich zur Wohnungstür. Der gemeinsame Flur war sehr sauber. Sie zeigte auf die Treppen und sagte, "Nehmen wir heute mal die Treppen." Die Wohnung war im 2. Stock. Auf dem Weg beschrieb sie mir nur meine Nachbarn. Sie öffnete die Tür und ließ mich zuerst rein. Der Flur der Wohnung war sehr breit und sehr hell. Mir gefiel es so. Dunkle Farben gefallen mir nicht. Wenn man nach rechts in die Tür ging kam man zum Wohnzimmer. Dieses war ebenfalls sehr groß und besaß eine kleine Terrasse. Neben dem Wohnzimmer, also in der zweiten Tür rechts vom Flur, war die Küche. Sie war etwas kleiner. Aber da ich ja eh alleine hier wohne, machte es mir nichts aus. Ich hatte eine glänzend weiße Einbauküche mit einer schwarzen matten Platte. Ich stellte mir schon genau vor wo mein kleiner Esstisch hinkam und die Hocker.
Geradeaus vom Flur kam man ins Bad. Es war klein aber es besaß beides, also eine Dusche und ein Bad. Die Fliesen an der Wand waren hellblau. Neben dem Bad, also zweite Tür links vom Flur, war mein Zimmer. Es war genau richtig und hatte zudem eine kleine Terrasse. Neben meinem Zimmer war dann noch ein etwas kleinerer Raum.
"Du könntest hier dann ein Lernraum daraus machen oder ein Gästezimmer oder einen Abstellraum. Was dir eben so gefällt.", sagte Susanne.
"Gästezimmer hört sich gut an aber ein Kleiderzimmer ist doch der Traum aller Frauen." Sie lachte und gab mir Recht. Ich malte mir diese Wohnung im Kopf schon voll möbliert aus. Sie war perfekt. Mehr brauchte ich nicht.
Ich rief meine Eltern an und erzählte ihnen von meinem ersten Eindruck. Papa meinte, ich soll nicht lange überlegen und sie nehmen. Mama war erst ein bisschen stutzig, da alles zu perfekt schien und dies meine erste Wohnungsbesichtigung war. Aber schlussendlich hörte ich auf Papa. Ich gab Susanne meine Hand und sie entgegnete mir. Wohnung: Check :)
Dann sollte ich so schnell wie möglich mit dem Streichen und Mobilieren anfangen. Bevor ich Prüfungsstress habe und nicht mehr dazu komme.
Auf dem Weg nach Hause telefonierte ich mit Rinora. Ich erzählte ihr von der Wohnung. Sie freute sich extrem. "Machst du eine Einweihungsparty?", fragte sie. "Ja, nur wir beide. Wie cool.", sagte ich ironisch. Sie musste lachen. "Na dann nicht, aber ich komm dich mit Jetmir besuchen wenn alles fertig ist." Wie süß sie doch einfach war.

"Hajde qika jem kallxomi fotot e baneses. (Komm meine Tochter setzt dich zu mir und zeig mir die Fotos der Wohnung)", sagte mein Vater und zeigte mit der Hand neben sich als Zeichen mich hinzusetzen. Ich nahm mein Handy raus und zeigte im die Fotos der Reihe nach. Er war sehr zufrieden mit meiner Wahl. Ich erklärte ihm, wie ich mir mein Zimmer vorstellte, mein Wohnzimmer und natürlich das Kleiderzimmer. Er lachte nur. "Schade, dass das nicht unser Gästezimmer wird.", sagte Mama nun. Sie hatte Tränen in den Augen. Ihr fiel es schwer mich gehen zu lassen. "Ihr schläft auf dem Boden, das passt schon.", sagte ich und lachte mich mit Papa kaputt. Mama gab mir einen Kuss auf meine Schläfe und verschwand. Ich unterhielt mich derweil noch mit Papa. Er war der beste Zuhörer. Man konnte mit ihm über alles reden.
Mein Handy vibrierte plötzlich. Eine neue Nachricht in der Gruppe. Ardian hatte geschrieben. Ich musste lächeln. "Haben die hübschen Damen morgen auch das Seminar bei Frau Wegner?" Hübschen Damen also. Soso.
Ich verabschiedete mich von Papa und ging hoch in mein Zimmer. Wir schrieben noch lange in der Gruppe, bis ich dann irgendwann einschlief.

Nächster Tag
Wir hatten uns mit Ardian und Rinora vor der Cafeteria verabredet. Ich war schon da und wartete auf die beiden. Solange nahm ich mein Handy in die Hand und surfte bei Facebook rum. Ich sah Fotos von Verwandten aus Kosovo und musste lachen. Diese typischen Albaner Posen.
"A tka shkrujt babadimri a pse po kesh qishtu?" (Hat dir der Weihnachtsmann geschrieben oder warum lachst du so?) Ich sah rauf und da stand Ardian lachend vor mir. "Ha Ha wie witzig." Ich zeigte im das Foto meiner Verwandten. Dann lachte er auch. "Shqiptar ma." (Albaner halt)
"Halllooooooo", und da war sie. Unsere verrückte Rinora. Sie kam schreiend auf uns zugerannt.
"Ich habe euch vermisst." Sie umartme uns ganz feste und hackte sich dann bei mir unter. "Freust du dich auf Freitag?", fragte sie nun. Ardian sah uns an. "Was ist Freitag?"
"Oh, achso wir gehen zusammen essen mit Jetmir. Hajde edhe ti (Komm du auch).", sagte Rinora ganz fröhlich. Er lächelte und nickte nur kurz. Das hieß dann wohl er kam. Das machte mich noch glücklicher.
Wir liefen zusammen in den Raum rein und suchten nach Plätzen. Ardian setzte sich zu meiner rechten Seite und Rinora zur linken. Wir quatschten noch einbisschen bevor die Professorin kam. Rinora versuchte die ganze Zeit zu quatschen und wurde sogar von ihr ermahnt. Ich musste lachen. Ihr großes Mundwerk wollte einfach nicht aufhören zu reden. Ardian sah sie böse an. "Shuj ma se ske ardh me ba llaf ktu po me msu (Sei jetzt endlich leise. Du bist hier nicht zum reden sondern zum lernen)." Sie warf ihm den 'IstdasdeinErnst'- Blick zu und hörte dann der Professorin zu.

Am Ende des Tages liefen wir zusammen zu meinem Auto. Ich hatte angeboten die beiden nach Hause zu fahren. Rinora musste zu Jetmir. Deswegen fuhren wir da zuerst hin. Sie wollte gerade aussteigen, als sie sagte "Wann ziehst du nach Essen?"
"In den nächsten Tagen ist erstmal streichen und Mobel reinholen angesagt. In einer Woche müsste ich dann hoffentlich fertig sein." Sie nickte nur und verabschiedete sich. Ardian saß sich nach vorne in den Beifahrersitz. Er schaute mich an, "Du ziehst nach Essen?" "Oh, ja. Stimmt. Hab ich vergessen. Hatte gestern einen Besichtigungstermin. Und die Wohnung ist perfekt.", sagte ich und schaute dabei weiter auf den Verkehr. Ich hoffe er ist nicht sauer, dass ich das nicht vorher erwähnt hatte.
"Cool. Soll ich dir beim Streichen oder Tapezieren helfen? Hab das in meiner Wohnung auch selbst gemacht. Nur wenn du willst.", sagte er zögerlich.
Och wie süß er nur ist. Ich lächelte ihn an. "Danke, dass ist sehr nett von dir. Deine Hilfe kann ich gebrauchen."
Er sah glücklich zu mir rüber. Den restlichen Weg sagte keiner etwas. Wir waren beide in Gedanken versunken. Als wir ankamen, umarmte er mich zum Abschied und ging. Sein Duft hat mich komplett vernebelt. Wie gut er einfach roch. Seine Umarmung war mir überhaupt nicht unangenehm. Ich fühlte mich geborgen, sehr wohl und mein Herz machte Luftsprünge.
Dieser Junge ist perfekt. Zu perfekt um wahr zu sein. Ich musste die ganze Zeit an ihn denken. Und dann fiel mir auf, was er mit mir tat. Er lies mich die Vergangenheit vergessen. Ich hatte heute keinen einzigen traurigen Gedanken über meine Vergangenheit verschwendet. War das zu glauben? Er war also sowas wie mein Medikament, mein Wundermittel für alles..

Wieso Liebe Ich Dich../ Pse Te Dua?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt