"Tattoo"
"Willst du das wirklich machen?" Selbstsicher nickte ich und setzte mich auf den Stuhl. Kleine Schweißperlen standen mir auf der Stirn, als ich die kleine Nadel erblickte. Etwas mulmig zu Mute, kniff ich meine Augen und Lippen fest aufeinander und holte einmal tief Luft. "Bist du bereit?" Stumm nickte ich heftig und schaute schnell weg. Der Tätowierer setzte die Nadel an und verpasste mir die ersten Stiche.
Verdammte Scheiße tat das weh!
Mein Kiefer tat mir schon weh, so fest hatte ich zugebissen. "Noch ein paar Einzelheiten und dann bist du fertig." Der Mann schaute stolz auf sein Werk und setzte den letzten Stich an. Überfroh atmete ich erleichtert aus und begutachtete das wunderschöne Tattoo.
Initialen von meinen Eltern und meinem Bruder.
Ich hatte sie auf meinen Oberarm stechen lassen. Nicht zu groß, aber auch nicht zu klein. Zufrieden schüttelte ich Mike, so hieß der Tätowierer, die Hand und stand langsam auf. Mascha, die die ganze Zeit neben mir gesessen hatte, grinste mich breit an. "Das sieht echt klasse aus!" Ich nickte begeistert und verabschiedete mich von dem Team."Ich kann's nicht glauben. Du hast dir wirklich ein Tattoo stechen lassen." Mascha hüpfte aufgeregt um mich herum. Die Leute schauten uns schon komisch an. "Ja ja, ich weiß es. Wie wär's, wenn wir nach Hause gehen und uns ein paar Filme anschauen?" Begeistert nickte sie und schleifte mich zu ihrem Auto. Dort angekommen stiegen wir schweigend ein und Mascha fuhr los.
"Also ich wäre eindeutig für irgendetwas gruseliges." Lachend hob ich eine Augenbraue. "Das kann nicht dein Ernst sein. Du hasst Horrorfilme." Sie zuckte mit ihren Schultern und zog einen Film aus dem Regal. "Seit neustem stehe ich darauf. Wir schauen jetzt Insidious 2." Augenverdrehend holte ich das fertige Popcorn und gesellte mich zu Mascha unter die Decke. Ich wusste wie dieser Abend verlaufen würde.
"Bah! Nie wieder! Ich kann locker eine Woche nicht schlafen!" Mit großen Augen schaute sich meine beste Freundin um. Man konnte ihr ansehen, dass sie Angst hatte. "Ich hab's dir gleich gesagt! Würdest du nur mal auf mich hören." Böse funkelte sie mich an und schaltete den Fernseher aus. "Wir sollten langsam schlafen gehen. Morgen ist Montag und die Arbeit ruft." Lachend schüttelte ich den Kopf und verzog mich in mein Zimmer. Kurz bevor ich mich hinlegte, gab ich Mascha einen Kuss und wünschte ihr eine gute Nacht. Gemütlich murmelte ich mich in die Decke ein und versank in einem traumlosen Schlaf.
Am nächsten Morgen piepte mein nerviger Wecker und mühselig schleppte ich mich ins Bad. Mascha war schon längst weg. Sie musste immer eine Stunde früher raus. Nachdem ich mich meiner Kleidung entledigt hatte, stieg ich in die Dusche und ließ das warme Wasser über meinen Körper prasseln. Das Tattoo hatte ich natürlich abgedeckt. Nach einer gefühlten halben Stunde, stieg ich aufgeweicht aus der warmen Dusche und trocknete mein Körper ab. Meine Haare föhnte ich an die passenden Stellen und zog mir meine Unterwäsche an.
In meinem Zimmer angekommen, entschied ich mich für eine weiße Bluse, eine schwarze Jeans und einen schwarzen Blazer, den ich mir etwas hochkrempelte. Insgesamt war ich mit meinem Outfit sehr zufrieden und schminkte mich kurz dezent. Mit meiner Tasche und dem Handy ging ich in die Küche und machte mir einen Kaffee. Heute hatte ich bestimmt viel zu tun und Mr. Johnson würde bestimmt nicht vor einem Montag zurückschrecken.
Gerade, als ich zur Tür herausgehen wollte, klingelte mein Handy.
'Mascha'
"Hey. Was gibt's?"
Ich konnte sie wie eine Verrückte schnaufen hören.
"Leg bitte den Ersatzschlüssel in den Blumentopf. Ich habe meinen vergessen."
Lachend schüttelte ich den Kopf, wohlwissend, dass sie diese Geste nicht sieht.
"Wird gemacht. Ich muss jetzt los. Viel Spaß noch."
"Ja und dir auch mit deinem Chef."
Ich wusste, dass sie mit ihren Brauen wackelte und verdrehte die Augen.
"Danke dass du mich daran erinnert hast."
Ein Lachen ihrerseits und schon erklang das Leerzeichen.Verdammt. Wie trete ich jetzt Taylor gegenüber?! Er war mein verdammter Chef und ich hatte mit ihm wie eine billige Schlampe geschlafen. Wenn ich ihn heute sehen würde, dann musste ich das unbedingt klarstellen!
Aufgeregt ging ich zu den Fahrstühlen und drückte auf meine Etage. Zum Glück verging die Fahrt schnell und ich konnte schon gleich wieder aussteigen. Ich mochte Fahrstühle einfach nicht. Bei ihnen hatte ich immer so ein ungutes Gefühl. Als ich in die kleine Halle trat, wo schon Marry saß und irgendwelche Unterlagen sortierte, zog ich meine Mantel aus und ging auf meinen Platz. Natürlich begrüßte ich meine Kollegin und stellte ihr einen Kaffee hin, den ich unterwegs gekauft hatte. "Guten Morgen Allison! Vielen Dank. Das kann ich jetzt wirklich gebrauchen." Zufrieden grinste ich ihr zu und fuhr meinen Laptop hoch. Kurze Zeit später fing ich auch schon mit der Arbeit an.
Der Tag verlief relativ angenehm. Dafür, dass es Montag war und meine Stimmung wegen dem was vorgefallen war, nicht gerade im siebten Himmel schwebte, war ich wirklich zufrieden. Insgeheim freute ich mich sogar, dass ich Taylor noch nicht gesehen hatte, aber wie es sich heraustellen wird, blieb mir das nicht erspart.
Ich war gerade auf dem Weg wichtige Papiere von der unteren Abteilung abzuholen, als ich ihn aus der Toilette herauskommen sah. Mit verwuschelten Haaren und roten Lippen, die eindeutig nach weiblichen Lippenstiftt aussahen, richtete er seinen Anzug. Das konnte doch nicht sein Ernst sein? Plötzlich tauchte hinter ihm diese Empfangsdame auf. Wie hieß sie noch einmal? Genau! Lisa. Sie sah nicht besser aus als er. Verschmierter Lippenstiftt und ihre Haare saßen auch nicht mehr perfekt. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich hier stand wie eine Bekloppte und die zwei anstarrte. Kopfschüttelnd machte ich mich weiter auf den Weg und ignorierte gekonnt meinem Boss.
Nein. Ich hatte mich zu früh gefreut. "Hallo Allison. Wo geht's hin?" Frustiert atmete ich aus und drehte mich langsam zu Taylor um. "Ich muss Papiere holen." Kurz angebunden wollte ich mich wieder undrehen und gehen, doch eine starke Hand hielt mich davon ab. "Ich wollte eigentlich kurz mit dir reden. Macht es dir was aus?" Fragend schaute er mich durch seine blauen Augen an. Nach kurzem überlegen blieb ich stehen und schaute ihn trotzig an. "Ich habe nicht lange Zeit und wenn du's schon ansprichst, ich will auch mit dir reden." Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte er mich an. "Dann fang du an." Ich nickte und mein Blick fiel noch einmal auf den großen Knutschfleck. Er scheint dies bemerkt zu haben und kratze sich dort. "Hör zu Taylor. Es war ein Fehler mit dir zu schlafen. Ich war betrunken und wusste nicht, was ich überhaupt mache. Eine einmalige Sache." Damit beendete ich meinen Satz.
Undeutbar und kalt, funkelten mich Taylors Augen an. Kurz bevor ich gehen wollte, drehte ich mich um und zeigte auf seinen Hals und seine Lippen. "Du hast da noch etwas Lippenstift. Solltest du weg machen." Ich erkannte nur noch den erstaunten Ausdruck in seinem Gesicht, als ich davonhing.
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I'm the Boss
RomanceWas passiert, wenn sich Gegensätze anziehen? Das kann ich euch sagen. Nichts Gutes!