Time to Reign - Die Geschwister✔

KAPITEL 5 oder Ein Silberstreif am Horizont

Während er mit seiner tiefen anmutigen Stimme sprach kam er gemächlich die Stufen auf dem schwarzen Teppich hinunter geschritten, direkt auf mich zu. Die Schleppe seines langen roten Gewandes glitt hinter ihm die Treppe hinab und passte sich der Form der steinernen Gegebenheiten an. Ich stand wie versteinert ein paar Meter entfernt von der untersten Stufe mittig zwischen den gigantischen Säulen. Doch als er mir immer näher kam trat ich unweigerlich einige Schritte zurück, um so viel Abstand wie möglich zu halten.

Er setzte eine bedauernde Miene auf, so als würde er es traurig finden, das kommende jetzt tun zu müssen. Aber natürlich war es nur reines Vergnügen seinerseits seine Stimme und Laune zu ändern. Es machte ihm Freude seine schauspielerischen Fähigkeiten zu präsentieren. Und keiner hatte etwas gegen seine Launen auszusetzen, denn er war der König und was der Herrscher wollte war Gesetz und wurde wohl oder übel geduldet.

"Ich habe es wirklich mit allem versucht. Habe jede mögliche Zauberformel ausprobiert, die ich in den vielen Jahren gelernt habe. Und du kannst mir glauben Schwesterchen, das waren so einige. Aber du bist hartnäckiger als ich dachte. Ich habe dich unterschätzt, das muss ich zugeben. Ich bin sehr beeindruckt von dir. Alle anderen, an denen ich manche dieser Sprüche angewendet habe sind meisten schon nach nur einem dieser magischen Prozesse gestorben. In den letzten Wochen habe ich meine Magierfreunde in den Nachbarreichen besucht und sie um ihr Wissen gebeten. Doch ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass es noch niemanden vor uns gab, der über solche Kräfte verfügte. Die Ära der Drachen ist nun vorüber und ich kann dir verkünden meine liebe Schwester, dass wir so einzigartig sind wie die Götter selbst."

Stolz klang in seiner Stimme mit. Die Drachen waren schon seit Anbeginn der Zeit die mächtigsten Wesen in der neuen und der alten Welt gewesen und ihr Tod durch Nevary stellte einen drastischen Verlust für das ganze Ökosystem in Agäa dar. Dass er es geschafft hatte, sie alle aus dem Leben zu streichen bezeugte mir wie stark seine und auch meine Kräfte sein mussten. Was würde erst geschehen, wenn er beide Seelen besitzen würde? Er war ja jetzt schon der unangefochtene stärkste Mann in der neuen Welt. Was hatte sich Fuchier nur dabei gedacht, als er sich entschied diese Gabe, die eigentlich nur für die Feuerwesen bestimmt gewesen war an einfache Menschen weiterzureichen. Man konnte dies wohl als größten Fehler bezeichnen, den ein Drache jemals begangen hatte. Es war sein Untergang gewesen und auch der von den zwei anderen Drachen, die noch in Agäa gelebt hatten. Früher waren es einmal fünf gewesen. Für jedes Königshaus einen. Doch einer der Wesen, Arokh war sein Name, hatte sich gegen seine Brüder aus Nuvyenne, Laenda, Alayron und Ristorak gewandt. Er wollte die alleinige Macht. Doch die vier Drachen waren stärker und verwiesen ihm in sein Reich Krista'ar und schufen eine hohe Gebirgskette, die er solange die Drachen leben würden und das war eine unendliche Zeit, niemals überschreiten konnte. Die Zeit verging und das fünfte Königreich geriet in Vergessenheit, denn zu groß war die Distanz zwischen ihr und dem Rest Agäas. So wurde das Reich der vier verbliebenen Drachen zur neuen Welt und alles war hinter der Bergkette lag war die alte Welt.

Nevary hatte eine lange Pause eingelegt, um die Tatsache, dass er sich für einen Gott hielt auf alle Anwesenden wirken zu lassen. Nun sprach er weiter: "Ich habe schon nach so vielen Versuchen daran gezweifelt deine harte Schale zu knacken, bis ich letzte Nacht in meinen Träumen plötzlich die Lösung all meiner Probleme sah. Es war ein genialer Geistesblitz, der uns jetzt in diese Ausgangslage brachte.

Es kam mir einfach so in den Sinn, als würde eine höhere Macht wollen, dass ich deine Drachenseele erhalte.

Ich habe mich so abgemüht. Dabei ist es doch so einfach. Der Drache in dir will dich beschützen liebste Schwester. Egal was ich tue, solange du von dir aus stark genug bist, wird das Feuerwesen in dir nicht einschreiten. Er wird dich nur retten, wenn du an der Schwelle des Todes stehen würdest. Und dort bist du trotz all meiner Bemühungen nicht angelangt."