Time to Reign - Die Geschwister✔

KAPITEL 16 oder Die Tage vergehen

Und so begann ich meiner Tante alles zu berichten. Hin von meiner Tätigkeit als Schmiedelehrling in Valam bis zu jenem Punkt, an dem wir uns jetzt befanden: dem Ziel nun endlich meine Kräfte zu erwecken. Ich ließ keinen Punkt aus, auch nicht den, dass ich so große Zweifel hatte, denn wenn ich jemandem von meinen Sorgen erzählen konnte, dann Emis.

Schon als Kind war ich immer zu ihr gegangen, wenn ich Streit mit meinem Bruder oder meinen Eltern gehabt hatte. Mein Tante hatte nicht bei uns im Schloss gewohnt, sondern wenige Minuten entfernt in einem kleinen Bauerndorf. Dort hatte sie für die Menschen gesorgt, hatte Wunden und Krankheiten geheilt und hatte sich immer wieder einen Lehrling genommen, dem sie in ihrer Kunst unterrichtet hatte.

Aber als Nevary das Schloss unter seine Kontrolle gebracht hatte, hatte er eine Truppe Soldaten zu diesem Dorf geschickt. Nur wenige Familien und meine Tante hatten diesen Angriff überlebt. Das Dorf, Marlav hieß es, hatte die volle Wut Nevarys abbekommen. Ich beschloss diesen Ort zu besuchen und den Verbliebenen zu helfen, wenn dies alles hier ein Ende hatte.

Emis hatte mir die ganze Zeit sehr aufmerksam zugehört, hatte mich kein einziges Mal unterbrochen und nur immer wieder zustimmend genickt.

Nachdem ich geendet hatte war sie nun an der Reihe zu reden:

"Ich verstehe deine Sorge, die du empfindest. Doch ich kann dir versichern, du wirst niemals wie Nevary werden. Deine Seele ist rein und gütig. Die Drachenseele verstärkt nur das, was in dir schon längst vorhanden ist. Sie wird dich nicht zu etwas machen, was du nicht bist. Das wissen wir beide und auch dein Bruder ist sich dessen bewusst. Es ist die richtige Entscheidung von dir, sie nutzen zu wollen. Das alles muss ein Ende haben. Ich werde dir natürlich helfen und ich kann dir versprechen: es wird angenehm sein und nicht schmerzhaft".

Ich nickte. Ich wusste zwar nicht, woher sie all dieses Wissen über die Drachen und deren Seelen hatte, da noch niemals vorher ein Drache Teile seiner Kräfte abgegeben hatte. Ich hatte aber volles Vertrauen in ihr Können. Emis war eine anerkannte Heilerin und weiße Hexe. Eine der besten in ganz Agäa. Deswegen wollte Nevary sie auch ermorden. Ich wunderte mich jedoch, dass er es noch nicht getan hatte, wenn er doch wusste wo sie sich befand. Als ich sie darauf angesprochen hatte, warum sie ohne hinzusehen vorhin gedacht hatte, dass ein Scherge Nevarys bei ihr aufgetaucht war, erzählte meine Tante mir, dass immer wieder Ritter seiner Leibgarde hierhergekommen waren. Sie hatten sie bedroht und immer wieder Sachen von ihr eingefordert, dafür, dass mein Bruder sie nicht ermorden ließ. Meistens war es nur Wissen gewesen, Wissen, welches nur ausgebildete Zauberer oder Hexen besaßen, aber auch Heilmittel und andere Tinkturen hatten sie sich aus Emis' Vorrat geholt. Ich fragte mich, ob Nevary die Dinge, die er in dem Höhlen an mir ausprobiert hatte vielleicht von ihr hatte. Doch ich hielt mich zurück zu fragen, denn ich wollte nicht, dass sie am Ende noch ein schlechtes Gewissen bekam. Es war nämlich nicht mal ansatzweise ihre Schuld. Doch sie gab sie sich immer viel zu schnell.

Wir hatten einige Zeit draußen in der Laube verbracht und mir war gar nicht aufgefallen wie heiß es mittlerweile geworden war. Erst als Emis meinte, wir sollten uns lieber nach innen begeben, merkte ich wie die Luft um uns herum flirrte.

Sie führte mich durch einen Hintereingang hinein in ihr Anwesen. Wir begaben uns in ihr großes Wohnzimmer. Staunend betrachtete ich die Einrichtung. Fenster, die sich an drei Seiten des Raumes befanden waren allesamt mit roten Tüchern verhengt, welche hier drin für eine warme, wenn auch gleich gespenstische Atmosphäre sorgten.

Die restlichen Möbel waren ebenfalls ausnahmslos in Rottöne gehalten. Es gab große Schränke mit dicken, alten Büchern, einen runden Tisch mit vielen Stühlen darum auf einer Seite des Raumes und viel Dekoration, wie Vasen und Schmuck.
Die Wände und der Boden waren das einzige, was nicht in dieses strikte Farbschema passten. Denn sie bestanden aus hellem Sandstein.