KAPITEL 11 oder Bruder und Schwester

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Die nächsten Tage waren geprägt von Monotonie und einfachen Aufgaben. Ich verbrachte die meiste Zeit im Stall bei Alaika, um nach ihrem Zustand zu sehen, weil sie anscheinend krank war und in den Gemächern von Skylar.

Sie erklärte mir wie ich vorzugehen hatte bei einem festlichen Anlass, wie dem Ball von Sargu, der immer näher rückte und wie sich die Leibgarde organisierte, wenn die Königin einen Ausflug in die Stadt machte.

Für die Hauptfrau der Garde war ich oft alleine und gab den anderen Rittern selten Anweisungen. Meistens übernahm das Skylar. Ich vermutete, dass sie mich noch schohnen wollte und mich langsam in alles einführen wollte, da Kampf und Bewachen nicht gerade Bereiche waren, in denen eine Prinzessin normalerweise ausgebildet wurde.

Meine Künste im Sticken, Nähen und Fremdsprachen waren im Moment sehr unnütz.

Doch zum Glück lernte ich schnell. Ich sog jede neue Information auf, die mich tiefer in das alltägliche Geschehen am Hofe brachte. Ich wollte so viel wie möglich wissen, denn eines Tages würde ich etwas gegen Nevary Unternehmen müssen und bekanntlich war Wissen Macht. Und da er Dank Drachenseele eindeutig zu stark für einen normalen Kampf gegen mich war, musste ich mir etwas anderes ausdenken.

Und dann kam auch schon der Tag des großen Balles. Ich hatte die Tage die Sicherheit der Räume, in denen das Fest stattfinden würde überprüft, mich eingelesen in die Liste der eingeladenen Gäste und mein Wissen über Ferne Länder und Kulturen aufgefrischt, damit ich am Abend einen guten Eindruck hinterlassen konnte. Es würden aus fast alles Bereichen in Agäa Menschen kommen. Nur aus Krista'ar waren keine Gäste geladen, denn zu diesem Reich hatten wir keinen Zugang mehr. Seit Jahrhunderten lebten die Menschen dort abgekapselt und man konnte nur erahnen wie es dort aussehen musste. Es war ein Land des Eises und der Kälte. Die Menschen lebten auch nicht in Städten sondern in kleinen Siedlungen auf dem Eis. Wie jedes Gebiet seine Besonderheit hatte, so munkelte man, dass sich die Bewohner Krista'ars in Wölfe verwandeln konnten. So waren sie besser geschützt gegen Stürme und sehr niedrige Temperaturen. Aber ob dies wirklich stimmte, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, denn ich wusste dies nur von einem alten Meister aus einer Bibliothek in Simaris, der noch über so altes Wissen verfügt hatte.

Neben einigen Verwandten von Sargû würden auch ein paar angesehe Leute aus Laenda erscheinen. Diese Menschen waren mir schon immer nicht geheuer. Zwar hatten sie mir gegenüber sich nie negativ verhalten, aber mein Vater hatte gegen sie Krieg geführt und Fuchier dabei geholfen ihren Drachen zu töten. Die Menschen dort, die früher in fliegenden Fenstungen gewohnt hatten und so sicher vor den vielen Sandstürmen in der unendlichen Wüste gewesen waren, mussten nun ohne die Macht ihres Drachens leben und standen seit jeher nicht sehr gut den Adeligen aus Nuvyenne gegenüber. Dass sie zu diesem Fest erschienen, obwohl doch zwei Kinder des verstorbenen Königs von Nuvyenne anwesend waren, hatten wir Sargû zu verdanken, der sie eingeladen hatte. Laenda lag am anderen Ende von Agäa und so war es sehr schwer, dass sich Menschen von dort und Ristorak treffen konnten, denn es dauerte über ein Jahr von einem Ende zum anderen zu reisen. Ich freute mich auf all die neuen Gesichter und hoffte darauf Verbündete im Kampf gegen Nevary gewinnen zu können.

Nachdem ich die letzten Vorkehrungen getroffen hatte, begab ich mich von Skylars Etage auf meine hinab und wollte mich in meinem Zimmer ballfertig machen. Ich brauchte noch ein paar Minuten für mich, denn ich wusste, dass ich auf dem Ball meinen Bruder wiedersehen würde und ich wollte gewappnet sein für jede nur denkbare Reaktion seinerseits auf mein Erscheinen.

Gerade war ich auf meiner Etage angekommen und nur noch wenige Meter trennten mich von meinen Gemach, als mich plötzlich eine eiskalte Hand von hinten am Kragen meiner Lederjacke packte und mich zur nächstbesten Tür schleifte. Ich wollte mich wehren und die Person, hinter der ich Dako vermutete, zum Anhalten bringen, aber der Griff war so stark, dass ich nicht die leisteste Chance hatte und einfach nur vor der Person herstolpern konnte.

Time to Reign - Die Geschwister✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt