KAPTEL 6 oder Lumres, die Stadt des Lichts

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Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, wie viele Tage ich in den Kerkern Nevarys verbracht hatte und auch nicht wie lange meine jetzige Ohnmacht angedauert hatte.

Das einzige was ich wusste, als ich die Augen aufschlug war, dass nun alles gut werden würde, denn ich fühlte die weiche Matratze unter mir, die flauschigen großen Kissen, auf denen mein Kopf gebettet war und die samtene Decke, die meinen Körper einhüllte. Zum ersten Mal war es nicht feucht, kalt und dunkel um mich herum. Schon alleine das, was ich mit geschlossenen Augen wahrnehmen konnte, ließ mich hoffen, dass ich mich nun in wohliger Sicherheit befand.

Es dauerte einige Minuten bis sich meine Augen an das Tageslicht gewöhnt hatten, welches ich schon lange nicht mehr gesehen hatte. So brauchte ich eine Weile, um mich meiner ganzen Umgebung bewusst zu werden.

Mein Blick schweifte, ohne dass ich mir die Mühe nahm den Kopf zu heben, durch den ganzen Raum und ich sog gierig jeden neuen Reiz auf.

Ich befand mich in einem geräumigen hellen Gemach. Licht durchflutete das prunkvoll eingerichtete Zimmer, welches in Silber und Hellblau gehalten war. Die Wände waren cremefarben oder weiß und aus rauem Sandstein. Ihre Ecken waren abgerundet und so wirkte alles trotzdem sehr weich. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr erinnerte mich alles an die majestätischen Frau, die Nevary so stolz die Stirn geboten hatte. Ich musste mich wohl in einem ihrer Privatgemächer aufhalten.

Nachdem ich mich ausgiebig gestreckt hatte und noch einige Minuten die warme Umarmung des Bettes genossen hatte, richtete ich mich langsam in dem gigantischen Himmelbett auf und musste erst einmal tief durchschnaufen.

Die Bauchwunde tat höllisch weh. Ein Verband war sorgfältig um meinen Bauch gewickelt worden. Darüber trug ich ein weißes einfaches Leinenhemd, welches knapp unter der Brust durch ein Gummi eng saß und so meinen Körper umspielte.

Durch den noch immer währenden Schmerz der Kampfwunde schloss ich darauf, dass ich nicht allzu lange geschlafen haben konnte, da sie ganz offensichtlich noch nicht am verheilen war.

Vorsichtig stand ich auf, tapste humpelnd mit meinen nackten Füßen über die von der Sonne erwärmten glatten hellen Marmorfliesen zu einem Waschtisch an der rechten Wand, über dem ein großer runder Spiegel platziert war.

Ich tunkte mein Gesicht in das eiskalte Nass, welches sich in einer Schüssel vor mir befand und versuchte so richtig wach zu werden. Das Wasser belebte meinen Geist und erfrischte mich. Es war äußerst angenehm, denn hier in dem Gemach war es extrem heiß. Schließlich war es immer noch Hochsommer und die Sonne brannte unentwegt durch die riesigen Fenster hinter mir auf den Boden.

Als nächstes betrachtete ich mich im Spiegel und war überrascht, dass ich doch relativ normal aussah. In meiner Hütte im Wald bei Valam hatte ich zwar nie einen richtigen Spiegel gehabt, aber das Wasser in den Kübeln der Schmiede hatte auch seinen Zweck erfüllt, wenn man sich betrachten wollte. Doch nun nach so langer Zeit mal wieder vor einem richtigen Spiegel zu stehen war schon schön, denn so konnte ich endlich einmal wieder alles genau erkennen. Meine dunkelbraunen Haare, die ich in der Mitte gescheitelt hatte, waren leicht verwuschelt und darüber hinaus war ich etwas blass, was ja auch kein Wunder war, wenn man so lange Zeit in der Dunkelheit verbracht hatte und ich besaß unglücklicherweise leichte Augenringe unter meinen leicht geröteten leuchtend blauen Augen. Aber dies waren alles keine so schlimmen Veränderungen, dass sie nicht innerhalb weniger Tage behoben sein dürften. Ich hoffte auf etwas mehr Schlaf und Ruhe nach all dem, was passiert war. Denn so wäre ich schnell wieder voll einsatzbereit.

Schließlich begab ich mich nach draußen auf den großen Balkon, welcher sich auf der gegenüberliegenden Seite vom Waschtisch aus befand um etwas Luft zu schnappen und Sonne zu tanken. Ich trat an die bauchhohe Steinwand, welche die Terrasse säumte und betrachtete die Stadt zu meinen Füßen. Kleine weiße und cremefarbene Häuser mit flachen Dächern standen dicht an dicht und schmiegten sich an die felsigen Klippen des Meeres. Kleine Gassen waren zwischen den Häuschen zu erkennen und eine breitere gepflasterte Straße, welche über einen kleinen Fluss führte und in der Ferne am Stadttor endete.

Time to Reign - Die Geschwister✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt