Time to Reign - Die Geschwister✔

KAPITEL 18 oder Und ein Licht erfüllt die Dunkelheit

Nachdem wir es uns auf den roten Kissen im Wohnzimmer bequem gemacht hatten und meiner Tante alles berichtet hatten, was von Bedeutung war, herrschte eine unangenehme Stille zwischen uns. Wir saßen in einem Kreis beisammen und jeder ließ seinen Blick im Raum herumschweifen. Pyero musterte interessiert die Vasen, Waffen und anderen Gegenstände, die überall im rötlich schimmernden Raum verteilt waren, die nicht aus diesem Land stammten und so etwas völlig neues für ihn waren. Emis starrte in die Luft und nickte immer mal wieder mit dem Kopf. Ihre verschnörkelten, schwarzen Kreolen wippten im gleichmäßigen Takt an ihren Ohren. Sie schien anscheinend zu überlegen, wie wir nun weiter vorgehen sollten. Da ich keine Ahnung hatte, was ich tun sollte - ich wollte Emis in ihren Denkprozess auch nicht stören - beobachtete ich den Prinzen zu meiner linken unauffällig weiter. Dieser fingerte mittlerweile an seinem Ärmel herum. Er war sichtlich nervös und fragte sich bestimmt ebenfalls, wie es nun weitergehen würde und ich wusste, dass es ihn wurmte, dass er nicht helfen konnte. Es lag nun alleine an meiner Tante und meinem Willen.

"Nun gut", durchbrach Emis plötzlich das bedrückende Schweigen. Sie nahm einen aufrechten Sitz ein, legte die Hände auf ihre gekreuzten Beine und musterte uns beide abwechselnd.

"Normalerweise würde ich unter allen Umständen davon abraten die Drachenseele so abrupt zu öffnen, aber besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Deswegen werde ich dir, gegen all meine normalen Vorgehensweisen verstoßend, helfen sofort an die Kraft zu gelangen. Aber sei gewarnt Salira, auch wenn du unglaublich stark bist, ich habe keine Ahnung, was passieren wird. Es könnte sein, dass die Drachenseele dich überwältigt und du auf immer in dir selbst gefangen bist. Du könntest auch verbrennen durch das Feuer deiner Drachenseele, da Fuchier ja der Drache dieses Elementes war. Es könnte auch sein, dass..."

"Das ist in Ordnung für mich. Ich werde jedes Risiko eingehen", unterbrach ich meine Tante bei ihrem Vortrag über all die schrecklichen Dinge, die geschehen könnten. Denn solche möglichen Enden für mich, wollte ich jetzt nun wirklich nicht hören. Pyero anscheinend auch nicht, denn er saß mit geweiteten Augen stocksteif da und war anscheinend leicht geschockt über Emis' Worte.

Ich räusperte mich und fuhr fort:

"Im Moment zählt nur, dass wir Skylar vor dem Anschlag retten und Nevary beseitigen. Sollte dies mein Ende bedeuten, so muss ich das akzeptieren. Ich hoffe nur nicht, dass ich sterbe, bevor ich meine Aufgaben erledigt habe."

Ich klang bei Weitem nicht so stark, wie ich das gerne hätte. Ein dicker Klos hatte sich in meinem Hals gebildet und hinderte mich daran normal weiter sprechen zu können. Der Prinz an meiner Seite bemerkte meine wahren Gedanken und nahm meine Hand in seine. Obwohl die Hitze hier drinnen kaum zum Aushalten war, war die Wärme, die sein Körper ausstrahlte, wundervoll. Diese kleine liebevolle Geste stärkte mich und brachte mir neue Hoffnung, dass alles gut werden würde.

Emis stand laut schnaufend auf und holte mich damit zurück in die Wirklichkeit. Sie begann ein paar der Kissen beiseite zu räumen.

"Pyero, du musst nun etwas zurückgehen, wir brauchen Platz und du darfst sie unter keinen Umständen berühren", sagte sie, weiter den Sitzmöglichkeiten zugewandt.

Der Prinz nickte und stand auf, während meine Hand noch immer in seiner ruhte. Dann beugte er sich noch einmal zu mir herunter und gab mir einen innigen Kuss. Schmetterlinge tanzten in meinem Bauch und ich wünschte mir, dass dieser Moment niemals vergehen würde. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, dass dies vielleicht unser letzter Kuss sein könnte.

Viel zu schnell löste sich Pyero auch schon wieder von mir und unsere Hände trennten sich voneinander.

"Ich glaube an dich. Du schaffst das", flüsterte er mir in mein Ohr und ging widerwillig ein paar Meter zurück. Er ließ sich angespannt auf ein Kissen an der Tür, mir gegenüber, sinken und fixierte mich ununterbrochen mit seinen wunderschönen, blauen Augen.