Lost

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Heute war es soweit. Der Tag an dem wir nach Shadow falls zogen. Die Koffer waren gepackt und ich sah mich um, ob ich auch nichts vergessen hatte. Aber selbst wenn, es war mir egal. Ich konnte nur daran denken, dass ich mich der Lösung einem Schritt näherte. Dem Geheimnis um mich und meinen Eltern. Es würde gelüftet werden.

Nach einigen Stunden Fahrt erreichten wir unser neues zu Hause. Es war ein schönes Haus mit einem Hauch von alter Zeit. Die Präsenz war geladen. Es wisperte an jeder Ecke. Meine Eltern wurden unruhig. Sie bemerkten, dass etwas war, aber anscheinend hörten sie nicht, was ich hörte. Sie fühlten es nur. Es bestärkte mich darin, dass etwas los war. Etwas, das man mir einfach mein ganzes Leben vorenthielt.

Äußerlich wirkte ich ganz ruhig, als wir unser Heim bezogen, aber das war ich nicht. Ganz im Gegenteil. Ich war so unruhig wie nie zuvor. Alles dort kam mir so bekannt vor. Als sei ich schon mal dort gewesen. Ich beschäftigte mich jedoch nicht weiter damit, sondern starrte aus meinem Fenster den Wald an. Hinter den Bäumen, hinter dieser undurchdringlichen Dunkelheit, dort liegt das Internat.

Mein neues Leben.

Diese Worte erfassten mich mit einer Wucht, die unbeschreiblich war. Es rollte über mich hinweg als sei ich ein nichts. So war es auch. Ich war ein nichts gegen den Schmerz. Gegen die Leere. Zum ersten Mal fühlte ich mich als hätte ich etwas verloren. Zum ersten Mal seit langer Zeit vermisste ich etwas.

Zu Hause.

Ich atmete ein und spürte es. Der Geruch von zu Hause. Er war nicht da... Und ich begriff, dass ich trotz allem mein zu Hause verlassen habe. Verloren habe. Ich stand da, wie betäubt und vermisste einfach das Gefühl zu Hause zu sein, angekommen zu sein. Ich war verloren.

Mein Blick schweifte in meinem neuen Zimmer herum bis er auf mein Tagebuch fiel.
Mein "Perfect".
Meine Träume
Hoffnungen
Ängste
Alles
In diesem einen Buch.
Mein Schmerz.
Die Einsamkeit.
Verloren
Ausgedrückt in Worten auf Papier.
Unglaublich wie ich ein ganzes Jahr in einem Buch festhielt.

Ich holte mir meine kleine Rettung, spürte das Leder des Einbandes, wie abgegriffen es war, wie weich. Ich drückte es an mich und atmete erneut tief ein. Ich fühlte wie mich Ruhe durchströmte, mein Geist gelassen wurde und die Einsamkeit ging. Mit jedem Atemzug löste sich die Spannung und ich hatte das Gefühl etwas Kontrolle über mein Leben zu haben. Meine Gefühle. Meine Lage. Mein Geheimnis.

Ich bin stark. Ich würde kämpfen. Ich würde Niederschläge erleben. Niederlagen. Aber solange ich an mich glaube, schaffe ich es. Ich würde mich nicht verlieren. Nicht mehr.
Ich würde mein Geheimnis lüften.

Solange ich Kraft, habe werde ich nicht aufgeben.
Solange ich glaube, werde ich Siegen.
Solange ich lebe, werde ich suchen.

Nach dem kleinen, wahren Perfect.
Meinem realen Perfect.
Meinem Geheimnis.

Perfect...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt