Lights

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Ich saß in meiner Wohnung am Fenster und betrachtete die Wolken.
Schon wieder.
Sie waren so dunkel, so grau, so schwermütig.
Ich sah sie fasziniert an.
Sah, wie sie sich verformten.
Neu bildeten.
Etwas Neues wurden.
Wälle sich türmten.
Das Sonnenlicht abschirmten.
Doch jede Mauer hat kleine Ritzen.
Ritzen, durch die das Licht fällt.
Die Wahrheit.
Wolken ziehen weiter.
Man fasst sie nie.
Sie verändern.
Lügen.
Betrügen.
Immer fort.
Man kann mich jagen.
Meine Wahrheit suchen.
Ich würde mich einfach wieder verändern.
Wieder lügen.
Mich verflüchtigen.
Denn mir nachlaufen, ist als ob man Wolken jagt.
Man erwischt mich nicht.

"Luz? Ist wirklich alles okay...? Du weinst."
"Hm?", ich fuhr mit meinen Händen über meine Wangen. Tatsächlich. Ich weinte.
Die Tränen liefen ungehindert, unbemerkt über mein Gesicht.
Meine Wangen waren ganz nass.
Ich erstarrte.
Gefror in meinen Bewegungen.
Blieb unbewegt.
Kalt.
Die Tränen liefen noch immer.
Doch das spürte ich nicht.
Ich nahm alles wahr.
Bemerkte es,
aber fühlte es nicht.

Klaus und Damon waren noch in meinem Penthouse.
Mein Zustand machte ihnen ziemlich zu schaffen.
Ich schnaubte verächtlich, versank wieder in Schweigen.

"Was ist nur mit ihr, Klaus..?",Damon dämpfte seine Stimme; dachte, ich würde nicht zuhören.
"Damon. Sieh sie dir doch an.
Sie ist unglaublich stark,
aber dennoch so zerbrechlich.
Du siehst es ja.
Sie ist so klein und zart.
Sie ist so unschuldig.
So lieblich.
Sie hat ein schwarzes Herz.
Aber es ist rein.
Sie kämpft.
Ja.
Aber nicht aus purem Vergnügen.
Sie ist stark.
Ja.
Aber nicht unverwüstlich.
Sie kann brechen.
Ja.
Aber wieder aufstehen."
"Klaus?", ich streckte einfach meine Arme aus.
"Ja, Lucy?"
Ich hörte wie er sich zu mir drehte.
Ich sprang auf und lief zu ihm.
Zu schnell um gesehen zu werden.
Schneller als je zuvor.
Ich warf mich in seine Arme und drückte mich fest an ihn.
"Wie kommst du damit klar? Wie?!?!", weinte ich an seinen Hals
Er legte überrascht, vorsichtig seine Arme um mich und streichelte meinen Rücken.

"Ich habe ihn getötet!", heulte ich bitterlich.
Klaus wurde starr und ich spürte an meinem Kopf, wie er seinen drehte und zu Damon schaute.
"Luz,", er hielt mich auf Armlänge von sich weg und schaute mir in die Augen,"war das der erste den du getötet hast ?"
Ich nickte nur kurz und schluchzte wieder auf.
Klaus zog mich schnell wieder in seine Arme und murmelte:"Oh mein Gott, Lucy."

Ich schlang meine Arme um seinen Hals und erinnerte mich.
Erinnerte mich an ihn.
Dréor.
Erinnerte mich daran, wie ich ihm das wertvollste nahm, was er besaß.
Sein Leben.
Daran, wie seine Augen weit aufrissen, als der Pflock in sein Herz drang.
An den letzten Laut, der seine Lippen verließ.
Ein grässlicher Schrei.
Daran, wie seine verzerrten Gesichtszüge, erstarrten.
Für immer.

Ich vergrub mein Gesicht an Klaus' Hals und konnte die Bilder nicht verscheuchen. Klaus streichelte mit der einen Hand über meine Haare, während seine andere fest an meiner Taille lag.
Ich konnte den Schmerz nicht mehr ertragen.
Die Gefühle nicht mehr verstecken.
Die Angst.
Ich war Lucy.
Nicht perfekt.
Nicht unzerstörbar.
Ich war verletzlich.

Klaus schob eine Hand zu meinen Oberschenkeln und die andere an meinen Rücken.
Er hob mich hoch und ich schlang meine Beine um seine Hüfte.
Drückte mich noch fester an ihn.
Krallte meine Hände in seinen Nacken.
Er fuhr mit seiner Hand über meinen Rücken und redete beruhigend auf mich ein, während er mich zum Sofa trug.
Er ließ sich darauf nieder und hob mich von seinem Schoß neben sich, sodass ich zwischen Damon und ihm saß.
Ich zog sofort meine Knie an und platzierte meinen Kopf darauf.
Ich schlang meine Arme um meine Beine, zitterte trotzdem weiter.
Klaus legte einen Arm um mich und Damon tätschelte meinen Kopf.
Sie sagten beide, dass alles gut ist.
Dass sie da sind.
Dass sie nicht gehen werden.

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