Truth

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Heute ist es soweit.
Der erste Schultag.

Meine Familie und ich räumten über das Wochenende noch alle Umzugskartons aus und lebten uns etwas in diese kleine verträumte Stadt ein. Ich habe mich erstaunlich schnell eingelebt, was aber vermutlich daran liegt, dass ich mich noch nie so zugehörig gefühlt habe.

Als ich das Internat betrat, dachte ich, mich würde eine konservative, verklemmte Welt empfangen, aber das Gegenteil war der Fall:
Hier war alles laut und bunt und schrill.
Ich wurde erschlagen von all diesen Farben und Geräuschen, als ich den Gang entlang lief und dem Schild Direktorat folgte.

"Guten Morgen, Lucy"
Ich erschrak und stotterte: " Verzeihung... Aber die Tür war offen... Und ich hab einen Termin bei Mister Burnett..."
Der Mann, der mich so erschrak, lachte ein herzliches Lachen, was mich sofort entspannte.
Er antwortete auf mein stottern mit einem resoluten: " Nun dann Miss Parker... Setzen sie sich doch bitte. Ich bin Burnett, ihr neuer Rektor..."
Er setzte sich und ich folgte seinem Beispiel.
"Ich kenne deine Eltern."
Ich sah ihn geschockt an.
Dieser adrette, circa 40-jährige Mann kennt meine Eltern ???
Ich räusperte mich und versuchte ein Lächeln bevor ich sagte:" Tatsächlich ? Woher kennen Sie sie denn ?"
Er lächelte mild und sagte: " Sie haben dir tatsächlich nichts verraten."
Ich wirkte wohl etwas verwirrt, denn er beeilte sich zu sagen: " Meine Frau und ich, wir werden dir das alles erklären nachdem du dein Zimmer bezogen hast und dich etwas eingelebt hast. Wir treffen uns nach dem Abendessen hier. Dein Unterricht beginnt morgen. Draußen wartet deine Zimmergenossin auf dich, sie wird dir alles erklären."
Er stand auf und damit war unser Gespräch beendet. Ich war noch immer ganz erstaunt von dem plötzlichen Stimmungswechsel, als ich das Direktorat verließ. Ich dachte ich hätte genug seltsame Gespräche gehabt, doch meine Zimmergenossin übertraf alle Gespräche einzig und allein mit ihrem Auftreten.

Madison war ein quirliger Mensch mit sehr langen und sehr bunten Haaren. Sie begrüßte mich mit einem "hey, da bist du ja, wir müssen los" und bemühte sich nicht zu erklären wieso und wohin, sie plapperte einfach drauf los, dass es mir hier bestimmt gefallen würde und dass wir alle Kurse zusammen haben. Während sie mich durch Gänge und Schülermengen lotste, stellte sie mir auch Fragen, doch die beantwortete sie sich einfach selbst und ich hatte die nächsten 10 Minuten nichts zu vermelden.

"So, da sind wir auch schon.", sie warf ihre langen Haare nach hinten, welche, unschwer zu erkennen, ihr Markenzeichen waren, " Dein Gepäck ist bereits in deinem Zimmer, Schuluniform liegt bereit, genauso wie alle nötigen Unterlagen. Zum Abendessen brauchst du aber keine Uniform. Abendessen ist übrigens um 19 Uhr und komm ja pünktlich, da legen die viel wert drauf.
Ich hakte nach:" Die ? Und wo ist das Abendessen überhaupt ?"
Madison antwortete: " Holiday und Burnett. Das Abendessen ist in der Haupthütte und mach es dir nicht zu gemütlich da drin! Wir ziehen eh bald um in die Hütten, die dann endlich fertig renoviert sind. Dieser Gebäudetrakt ist eigentlich für Austauschschüler und Investoren oder Gäste."
Damit wandte sie sich ab und machte Anstalten zu gehen.
"Madison !"
"Ja?"
"Danke, für ...äh... Das hinbringen und erklären. "
Sie grinste und sagte: "Immer gern."
Sie wandte sich nun endgültig ab und ich sagte noch:"Schicke Haare übrigens."
Sie:" Danke. Deine aber auch."
Ich habe zwar längere Haare als sie, jedoch einfach unspektakulär dunkelbraun.
"Ach Quatsch! Meine sind voll normal! Aber dieser Regenbogen Style bei dir ist richtig cool!"
Sie errötete leicht:" Danke. Ich kann dir die Haare ja mal färben... Also wenn du magst.."
Ich erwiderte:" Klar, das wäre ja mal mega Nett! Aber wenn es dir nichts ausmacht, würde ich das gerne nochmal überdenken."
Wir lachten beide über die Situation und unterhielten uns noch ein wenig, bevor sie dann los eilte, um zum 2. Gong noch bei ihrem Kurs zu sein.

Ich ging kopfschüttelnd in unsere Wohnung und machte mir Sorgen, ob ich mich hier orientieren könnte. Ich packte meine Koffer aus, aber dem Großteil ließ ich unausgepackt hinsichtlich Madisons Hinweis, dass wir sowieso bald "umziehen" würden.
Als ich dann alle Unterlagen durchgegangen bin und alles nötige ausfüllte, war es auch schon Zeit für mich, um die Unterlagen abzugeben und die nötigen Ausweise und Schlüssel abzuholen. Um dies zu erledigen verließ ich das Übergangsgebäude und ging zu den eigentlichen Schulgebäuden. Es verwunderte mich etwas, dass alles so ländlich wirkte und in separaten Blockhütten stattfand. Eine dieser Hütten war eine Bibliothek und genau dorthin musste ich um meine Unterlagen abzugeben. Madison meinte, Holiday sei sicher dort und es sei viel angenehmer mit ihr zu reden. Ich vertraute, also Madisons Menschenkenntnis und ging mit Elan und großen Schritten in die Hütte.
Holiday begrüßte mich mit einem warmen Lächeln und sagte, dass wir später über alles reden können und ich mich doch bitte mit den Regeln vertraut machen könnte.
Ich gab ihr alle Unterlagen für meine Akte und sonstige Dinge und bekam meine Karte,mit der ich am Eingang passieren konnte und Schlüssel, für die vorübergehende Wohnung und schon einen für die Hütte.
Holiday gab mir eine Liste mit allen Regeln und Hinweisen. Danach entließ sie mich und schickte mich wieder in mein Zimmer, damit ich dort alles in Ruhe durchgehe.

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