Ich betrete erschöpft die Wohnung und rufe sofort nach Liz. Die kommt aus ihrem Zimmer gestürmt und fragt besorgt, " Ist was passiert?"
Ob was passiert ist, eine gute Frage. Ich meine, ich habe heute eher weniger arbeiten müssen, sondern durfte stattdessen schick essen gehen mit meinem Chef. Achja, dieser hat mich eingeladen mit ihm auf Geschäftsreise nach Paris zu fliegen und das warte wann genau nochmal, ÜBERMORGEN. Und was hat die liebe Clare einfach so gemacht, genau direkt zugesagt, aus dem Bauch heraus. Das habe ich davon, wenn ich ständig vorschnell handle. Fast hätte ich vergessen zu erwähnen, dass ich mich mit meinem Exfreund getroffen habe und die Zeit mit ihm total genossen habe. Also im Großen und Ganzen ist nichts passiert. Innerlich muss ich selbst über meinen Sarkasmus lachen. Ich sammle meine Gedanken und entscheide mich für die knappe, knallharte Antwort, auf ihre Frage, " Ich fliege übermorgen nach Paris mit Chris, auf Geschäftsreise." Langsam fällt Liz's Kinnlade herunter und sie schaut mich mehr als erstaunt an. "Jacke aus, Schuhe aus, ins Wohnzimmer aber sofort." , ihr dezent barscher Ton, lässt mich kurz erschrecken. Jetzt bin ich es, die etwas erstaunt schaut. Dann fügt sie noch hinzu, " ich mach uns beiden jetzt einen Tee und dann erzählst du mir ganz genau, was heute passiert ist. Ich will die nackte Wahrheit hören!"
Ein leises Lachen kann ich mir einfach nicht verkneifen. Ich wusste, dass sie mich niemals verurteilen würde, aber dass sie so offen reagiert, hätte ich auch nicht gedacht. Aber das ist meine Liz.Mittlerweile sitzen wir beide eingekuschelt auf der Couch, jeder hält seine Tasse Tee in der Hand und ich habe ihr schon von meinem vollkommen chaotischen und definitiv emotionalen Tag erzählt. "Und was sagt nun Liam dazu, ich kann mir vorstellen, dass er ganz und gar nicht begeistert davon ist, dich mit dem heißen Mr. Kingston in Paris zu wissen." Ich nippe gerade an meinem Tee und versuche dabei ihrem durchdringlichen Blick auszuweichen. Vergeblich. " Wie du hast es ihm gar nicht erzählt oder ?"
Etwas beschämt schaue ich auf meine Hände und sage nur " Nein."
Hätte ich es ihm vielleicht doch erzählen sollen ? Nein , du bist nicht mehr seine Freundin und du bist es ihm nicht schuldig. Aber warum fühle ich mich dann so schlecht? "Ich denke einfach es ist besser, wenn er es nicht weiß ."
Dann kann er dir schließlich keine Vorwürfe machen, Clare.
"Ehrlich währt am längsten, Liebes. Aber du bist alt genug, du wirst schon wissen, was richtig und falsch ist." Sie hat einfach immer einen Spruch auf Lager, eine Weisheit, an der man sich klammern kann. Dafür liebe ich sie, auch wenn sie deswegen mein schlechtes Gewissen weckt. Ich werde mit Liam reden, ich werde offen und ehrlich sein. Wir verstehen uns gerade wieder so gut und ich möchte nicht mit ihm Spielchen spielen. Ich werde ihm die Paris-Geschichte erzählen, gleich morgen, wann anders habe ich auch keine Chance mehr dazu, denn übermorgen geht es ja schon los.
"Du hast Recht Liz. Ich werde es ihm sagen, morgen. "
Sie lächelt mich so herzvoll an, wie es nur geht und nimmt mich in den Arm.
"Danke", flüstere ich ihr ins Ohr.
"Wofür denn ?", fragt sie mich.
"Na einfach für Alles. Dass ich immer auf dich zählen kann, dafür."Dezent verzweifelt sitze ich vor meinem Kleiderschrank, rechts neben mir liegt mein Handy mit der Wettervorhersage der nächsten Woche für Paris. Dort haben sie deutlich besseres Wetter als hier, es wird überwiegend sonnig. Links von mir liegt mein Koffer aufgeklappt und noch leer. Vor mir ein Haufen Kleider, Hosen, Blusen und Shirts.
Was nehme ich nur mit. Was diese Koffer Packen Sache angeht, da bin ich ein totaler Versager, erstens packe ich immer in letzter Sekunde alles, zweitens ich weiß nie, was ich brauchen werde und was nicht, drittens ich packe immer, einfach immer zu viel ein und viertens, irgendwas vergesse ich immer. Super Vorraussetzungen, ..ja ich weiß.
Irgendwo habe ich mal gelesen oder gehört, man sollte beim Packen mit den Wichtigsten Dingen beginnen. Na gut, das wäre dann definitiv Unterwäsche.
Vielleicht sollte ich mir nochmal etwas Schickeres besorgen.
Wozu ? Na, falls Chris dich aus welchen Gründen auch immer, irgendwie unbekleidet zu Gesicht bekommt. Ich gehe natürlich nicht davon aus, aber es könnte natürlich irgendwie passieren, ganz tief in mir hoffe ich es vielleicht sogar. Was habe ich nur für perverse Vorstellungen, darauf hoffen, dass mein Chef mich in irgendwelcher heißen Reizwäsche sieht... Trotzdem werde ich morgen nach der Arbeit nochmal bei Victorias Secret vorbeischauen und sicherheitshalber etwas kaufen. Schnell tippe ich eine Liste in meine Notizen, was ich morgen noch alles zu erledigen habe, was ich brauche und einkaufen muss. Da fällt mir Liam wieder ein.
Schnell tippe ich eine Nachricht an ihn:Hey, können wir uns morgen sehen nach meiner Arbeit. Ich muss dir was erzählen.
So das sollte reichen. Ich verschiebe meine Packaktion auf morgen, denn ich merke wie schwer mein Körper sich anfühlt und lege mich ins Bett. Gedankenverloren starre ich an die Decke, gehe meine To Do Liste für morgen noch einmal gründlich durch, sodass ich auch ja nichts vergesse. Ich stelle mir vor, wie es Freitag sein wird, wenn ich mich mit gepacktem Koffer auf den Weg zum Flughafen mache, wenn wir nebeneinander im Flugzeug sitzen und vor allem, wie die Zeit wohl in Frankreich wird. Hat er dort auch Freizeit, oder eher viele Geschäftsessen und Meetings? Werde ich Paris erkundigen können , mit Chris in einem kleinen Café sitzen können ?
Oder auch ohne Chris, das ist ja völlig egal .. oder nicht ? Ich stoppe meine Gedanken, schließe meine Augen und schlafe langsam mit dieser Frage im Kopf ein.
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Stilles Verlangen
RomanceEin Tag der alles verändert. Clare Brown hat gerade erst ihr Studium abgeschlossen und schon einen Job als Sekretärin des erfolgreichen und heiß begehrten Mr. Kingston ergattert. Sie kann ihren Augen kaum trauen als sie zum ersten Mal sein Büro betr...