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Der Fahrstuhl hält und ich steuere geradewegs auf mein Büro zu. Ich hoffe wirklich ich werde dieser Empfangstante nicht noch allzu oft begegnen. Dieses Gespräch von eben, lässt mich nicht wirklich los. Gedankenverloren betrete ich mein Büro, stelle meine Tasche ab und lasse mich auf den schwarzen Lederstuhl fallen.
Da wären wir dann.
Ich öffne E-Mails, beantworte sie , sortiere, drucke aus und nehme mir die neueingegangenen Akten vor, die auf meinem Tisch platziert wurden. Die Zeit fliegt nur so vor sich hin. Ein leises Ping ertönt aus meinem Laptop, das Zeichen das eine neue E-Mail eingegangen ist. Sie ist von Chris.
Öffne sie, na los!
Und genau das tue ich. Was wird er mir wohl schreiben?

Clare,

Bitte packen sie auch etwas Schickes ein.
Wir werden auch Abends ausgehen, bedenken Sie das, beim Packen.
Achja und unser Hotel verfügt über einen wundervollen Wellnessbereich, also Badesachen mitnehmen ist definitiv Pflicht.

P.S, ich freue mich auf die kleine Reise mit Dir.

Liebe Grüße, Chris.

Immer wieder lese ich mir die Mail durch. Wort für Wort. P.S ich freue mich auf die kleine Reise mit Dir. Diesen Satz kriege ich nicht mehr aus meinem Kopf. Nur in diesem Satz, ist er auf die persönliche Ebene gegangen. Vorher spricht ganz der Geschäftsmann aus ihm und er dutzt mich nicht einmal. Werden seine Mails eigentlich kontrolliert, vielleicht ja deswegen so formgemäß. Krieg dich ein Clare und denk an die Badesachen ! Ich befolge dem Rat meiner Stimme und vervollständige meine Liste auf meinem Handy . Etwas Schickes, Ausgehtaugliches und Badesachen, ist notiert.
Im Kopf gehe ich meine Bikinis durch, die ich besitze und die von Liz, falls ich mir einen ausborgen sollte. Der Schwarze Bikini von Victorias Secret, den schreibe ich ganz oben auf die Liste, der betont so schön meine weiblichen Kurven. Der muss definitiv mit. Liz besitzt noch einen schönen braunen, der genau zu meinen Augen passt, der kommt auch in die engere Wahl.
Vielleicht sollte ich heute auch nochmal in einem Kleidergeschäft vorbeischauen. Schließlich möchte ich glänzen, bei was auch immer. Und dafür sollte ich vielleicht etwas mehr investieren. Mal sehen, was sich so finden lässt.

Ein Klopfen lässt mich hochschrecken, ich war total vertieft in meine Arbeit. Die Tür öffnet sich direkt, das müsste dann wohl David Gaps sein. Wie erwartet, steht er nun in meinem Büro. Er trägt einen dunkelgrauen Anzug, der bei ihm sitzt wie angegossen. Bestimmt eine Extraanfertigung. Ich muss sagen er sieht wirklich gut aus, auf eine andere Art und Weise als Chris. Chris ist eher der geheimnisvolle, sexy Typ. Während David eher mehr so der nette, gut aussehende Nachbar von nebenan ist. Also nicht das ich etwas gegen ihn als Nachbar hätte, ganz und gar nicht.
Konzentrier dich endlich, Clare.
"Und wie läuft die Arbeit so ?", er schaut sich in meinem Büro um, kontrolliert er mich etwa? Oder interessiert ihn das wirklich. Nun steht er vor dem großen Fenster und blickt auf die Stadt herab. Das mache ich auch oft.
"Sehr gut, danke der Nachfrage. Und bei Ihnen ?"
Jetzt muss er leise lachen und dreht sich in meine Richtung. "Wenn ich Ihnen bei der Arbeit zu schauen darf, läuft es offensichtlich toll bei mir.", dabei zwinkert er mir zu und es ist eindeutig zu verstehen, dass es als ein kleiner Witz gedacht war. Und nun müssen wir beide lachen. Das liebe ich, wenn man sein Gegenüber versteht und nicht immer rätseln muss, wie welches Wort gemeint ist und welche Bedeutung es hat. Bei Chris ist das öfter so..
Stopp, hör jetzt sofort auf an Chris zu denken!
"Kommen Sie mit Mr. Kingston zurecht? Er ist manchmal etwas schwierig. "
Manchmal? Manchmal wäre ja gut, ich würde sagen bisher immer.
"Wir kommen miteinander klar." Das ist alles, was ich dazu sagen kann und will. Die privaten Details und die Fastküsse, lasse ich dabei lieber aus.
"Nächste Woche werden wir uns auf jeden Fall auch öfter sehen, Clare. Ich fliege Montag nach Paris. Sind sie schon aufgeregt?"
David Gaps kommt mit nach Paris. Wer denn noch ? Als könnte er meine Gedanken lesen, oder vielleicht liegt es auch nur an meinem verwirrten Gesichtsausdruck, gibt er mir direkt die Antwort auf meine Frage.
"Nur Chris und ich, und natürlich auch Sie, werden in Paris erwartet."
Gut zu wissen. Jetzt musst du es also gleich mit zwei Männern aufnehmen.
"Ich hätte da noch ein kleines Anliegen, Mrs Brown."
Oh der schicke Geschäftsmann hat ein Anliegen.
"Ich muss dort in Frankreich, eine kleine Rede bei einem Essen halten. Wären Sie so freundlich und würden noch einmal darüber schauen und mir Verbesserungsvorschläge geben? Ich habe irgendwie im Gefühl, dass sie sowas gut können."
Wow. Das war ziemlich ehrlich. Ich freue mich total, über das Kompliment, was er mir damit gerade gemacht hat.
"Klar, das mache ich wirklich gerne. "
Er wirkt erleichtert und ich glaube für ihn war es nicht so einfach sich zu überwinden und mich 'kleine' Sekretärin um sowas zu bitten. Aber ich bin wirklich froh, dass er es getan hat.
"Gut, dann schicke ich Ihnen alles per Mail ja?"
"Ja gerne, aber hey bleiben wir doch beim Du, ja?"
Er lächelt mich herzlich an und sagt, " Das wäre mir lieb. Danke, dass du das für mich machst. Wir sehen uns dann Montag!" Das 'Du' betont er extra doll und wir beide lachen, als er mein Büro wieder verlässt.
Er ist wirklich nett.
Als ich einen Blick auf die Uhr werfe, ist es schon Viertel nach zwei. Endlich Feierabend.
Ich ziehe meine Jacke an, schalte den Laptop aus und packe ihn ein, nehme noch einen wichtigen Ordner mit, hänge meine Tasche über meine Schulter und verlasse dann den Raum. Jetzt werde ich eine Woche lang nicht mehr früh hier antanzen müssen, aufgrund meines 'bezahlten Urlaubes', ein schönes Gefühl.
Gerade schließe ich die Tür hinter mir, da laufe ich quasi fast schon in Chris hinein.
Ich bringe nur ein kleines 'Sorry' heraus, da er mich so überrascht hat. Obwohl ich eigentlich hier in der Firma, jeden Moment damit rechnen muss, dass er mir über den Weg läuft. Ob nun gezielt oder nicht.
Mir ist gar nicht aufgefallen, dass mir der Ordner runtergefallen ist. Chris hält mein Handgelenk fest und hindert mich daran ihn aufzuheben. Dann beugt er sich und drückt ihn mir wieder in die Hand, lässt mich aber trotzdem nicht los.
Er kommt noch ein Stück näher an mich heran und fragt, "Hast du meine Mail erhalten?"
Warum werde ich so nervös, er fragt mich nur so simple Sachen und achja hält meine Hand.
"Ja habe ich."
Er scheint zufrieden mit meiner Antwort und lächelt mich an.
"Gut. Zuhause wartet eine kleine Überraschung auf dich. Morgen früh hole ich dich mit meinem Wagen ab, ich schreibe dir noch wann genau. Vergiss bloß nichts Wichtiges, Schätzchen. "
Nichts vergessen, Clare. Merk es dir.
"Wir sehen uns dann morgen, ich freue mich auf die Woche mit Dir."
Mit diesen Worten lässt er meine Hand los und streicht zufällig über meinen Arm, als er an mir vorbei geht.
Er freut sich. Ich mich auch. Sehr.

Stilles VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt