10.

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"Wenn ich denn einen Schlüssel hätte, das wäre gar nicht mal schlecht." Dieser verdammte Idiot. Ich knall die Tür einfach wieder zu. Was bildet er sich ein. Wieder und wieder klingelt es, aber ich weigere mich die Tür zu öffnen. Liam will wissen wer es ist. Ich entscheide mich für den ehrlichen Weg. "Chris Kingston, mein Chef." Liam runzelt die Stirn, er fragt sich bestimmt was der schon wieder hier will.

"Soll ich ihm sagen, dass er verschwinden soll?" Bloß nicht, wer weiß wo das enden wird. Und ich will garantiert keinen Ärger. "Lass mal, das regel ich schon selbst." Einmal tief durchatmen, ein nettes Lächeln aufsetzen und die Tür öffnen. Da steht Chris, selbstsicher wie immer. Manchmal wirkt er sogar etwas arrogant, so wie gerade. Ich merke, dass er sauer auf mich ist. Wahrscheinlich, weil er sich einen schönen Korb eingehandelt hat. Tja, selbst Schuld Kingston. "Was willst du?" Ich versuche meine Stimme so kalt und emotionslos wie möglich klingen zu lassen. "Lass mich rein." Achso, er glaubt also allen Ernstes ich lass ihn so einfach ohne Wiederworte in meine Wohnung, nachdem was er abgezogen hat? Da hat er sich aber gehörig geschnitten. "Nein." Etwas zu laut schreie ich es ihm fast ins Gesicht. Mit so einer Ansage hatte er wohl nicht gerechnet. Denn er steht mit verdatterdem Gesicht vor mir und sucht wohl gerade die richtigen Worte. Aber er scheint keine zu finden, es bleibt still. Ich überlege ob ich die Tür einfach wieder schließe und ihn stehen lasse, so wie er mich stehen gelassen hat. Es gibt da so ein Sprichwort: wie du mir, so ich dir. Und daran halte ich mich gerade fest, diese Worte scheinen wie ein Rettungsring. Ich muss mich nur an ihnen halten. "Clare. " Ich male mir aus, wie er sich gerade unzählige Ausreden in seinem Kopf zusammenreimt, um sie mir gleich frisch zu servieren. Aber nein darauf falle ich nicht rein. Er geht einen Schritt auf mich zu und greift nach meiner Hand, aber ich entreiße sie ihm sogleich. Körperkontakt mit ihm könnte mich nur schwach werden lassen.

"Ich kann das erklären." Was will er mir da schon erklären? Ich hasse diese Worte, immer diese Männer, die meinen sie müssen etwas erklären, ich weiß wie es gewesen ist. Er hat mich da sitzen lassen, ohne mich wissen zu lassen wieso. Da brauch ich keine Erklärung mehr. Es würde eh nichts bringen. Ich werde ihm jetzt nicht verzeihen. Morgen auch nicht. Oh nein, morgen muss ich wieder die liebe Sekretärin für ihn spielen. Na toll. "Wir sehen uns morgen." Mit diesen Worten knalle ich die Tür endgültig zu.

Und im nächsten Moment spüre ich schon Liams Hände auf meinen Schultern. Er zieht mich an sich heran. Nichts wünsche ich mir sehnlicher, als gerade fest in den Arm genommen zu werden. Schade das Liz nicht da ist. Aber vielleicht ist es auch Schicksal, dass Liam jetzt bei mir ist. Und für mich da ist. Wenn man ihn braucht, ist er für einen da. Das ist heutzutage nicht unbedingt selbstverständlich. Ich meine, ich hatte viele beste Freundinnen und auch gute Freunde. Doch von den meisten wurde ich enttäuscht, immer stand ich hinter ihnen, doch wenn ich sie mal wirklich brauchte, ja dann konnte ich nicht auf sie zählen. Ja gerade dann ließen sie mich alleine.

Und auf solche Freunde kann ich wirklich verzichten. Lieber bleibe ich alleine.

Ich drehe mich zu Liam und blicke in seine Augen. Ein wenig habe ich ihn schon vermisst, das muss ich zugeben.

Seine starken Hände umfassen noch immer meine Schulterblätter. "Danke", hauche ich in die Richtung seines Gesichts. Da ich viel kleiner bin als er, fällt mir das sichtlich schwer.

Er grinst wie ein Honigkuchenpferd und drückt mich an seine Brust.

"Für dich immer, Prinzessin."

Ich fühle mich geborgen und möchte, dass die Zeit stehen bleibt, damit ich diesen Augenblick genießen kann. Damit er in meinen Erinnerungen erhalten bleibt. Für immer. Wäre er doch bloß nicht mein Ex und wüsste ich nicht, dass er sich nie ganz sicher ist, ob er wirklich eine Beziehung will, dann würde ich ihn einfach küssen. Ihn an mich reißen und hemmungslos küssen. Aber das kann ich nicht, zu viele Stimmen in meinem Kopf sagen, dass es falsch ist.

Und leider, höre ich fast immer auf diese blöden Stimmen. Vielleicht, weil ich Angst habe verletzt zu werden.

Ich weiß es nicht. "Bitte geh jetzt." Mit diesen drei Worten zerstöre ich den zuvor wundervollen Moment und er blickt mich verwundert an. "Bist du dir sicher?" Seine Hände lassen von meinen Schultern ab. "Ja." Ein einziges Wort, kann ziemlich viel Schmerz hinterlassen, das bin ich mittlerweile gewohnt. "Nur wenn wir uns morgen sehen, Ich hole dich von der Arbeit ab?" Kann er nicht einfach gehen und mich stehen lassen, so wie ich es kenne. "Ich weiß es nicht." Und ich wusste es wirklich nicht. Ich wusste nicht, ob ich es wollte. Und ob ich es kann. "Du schreibst mir, okay?" Ich nicke, nur damit er endlich geht. Damit ich alleine sein kann. Er blickt tief in meine Augen und zieht mich noch einmal in seine Arme. Dann geht er zur Tür und verlässt die Wohnung mit den Worten, ich solle mich melden und bis morgen. Kann nicht einmal alles unkompliziert sein? Diese Frage schwirrt noch lange in meinem Kopf, bis ich endlich einschlafe und einmal alles um mich herum vergessen kann.

Stilles VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt