Stilles Verlangen

14.

"Hey Clare, aufwachen", Chris beugt sich zu mir herunter und küsst mich auf die Stirn, daraufhin werde ich wach und versetze ihm, ohne einmal kurz nachzudenken einfach eine Ohrfeige. Scheisse. "Tut mir leid, das war .. Äh ein Reflex." Er grinst mich an wie ein kleiner Junge.

"Ach ich vergaß, schlafende Hunde soll man ja bekanntlich nicht wecken ", dabei zwinkert er mir zu und reicht mir seine Hand. Kurz überlege ich, ob ich sie ergreifen soll, aber eigentlich kann ich gut auf seine Hilfe verzichten, denn aus dem Auto aussteigen schaffe ich gerade so noch alleine. Also ignoriere ich seine ausgestreckte Hand einfach.

Wow, ich staune nicht schlecht. Vor uns erstreckt sich das Meer und ich atme die frische Luft ein. Dieser Kerl ist wirklich immer für eine Überraschung gut. Und ich hatte mich schon gewundert, warum die Autofahrt so endlos lang gewesen ist. Hier habe ich die Antwort. Aber für einen Strandspaziergang habe ich echt nicht die passenden Schuhe an, ich blicke hinunter auf meine Füße, ich trage edle schwarze High Heels. Er muss meinen panischen Blick bemerkt haben.

"Keine Sorge, das hier wird kein Wandertag", er muss lachen und es bilden sich kleine Grübchen an seinen Mundwinkeln, "schau dort drüben ist ein schickes Resteraunt, ich dachte mir du hast vielleicht etwas Hunger."

Jetzt wo er es sagt, ich habe tatsächlich riesigen Hunger.

Er ergreift meine Hand und zieht mich in die Richtung des Resteraunts. Warum muss er immer so besitzergreifend sein?

Von unserem Tisch aus hat man einen perfekten Blick auf das scheinbar endlose Meer.

Unentschlossen halte ich die Speisekarte in der Hand, hätte mir ja denken können, dass er mit mir nicht bei Mc Donald's essen gehen wird, aber muss es denn gleich so ein teures  5 Sterne Resteraunt sein ? Wahrscheinlich bezahlt man hier für den tollen Meerblick extra. Ich weiß nicht was ich essen soll, das Meiste hier habe ich noch niemals gehört.

" Ich nehme das Gleiche wie du."

Er schmunzelt, wahrscheinlich kann er sich vorstellen, dass ich in Sachen delikates Essen noch ziemlich unerfahren bin.

"Gut, dann lass dich überraschen."

Ich habe mich überraschen lassen, so etwas Leckeres habe ich schon lange nicht mehr gegessen und so gut habe ich schon lange nicht mehr mit einem Mann geredet. Über alles Mögliche haben wir uns unterhalten, privat wie beruflich, und dabei haben wir so viel gelacht. Mittlerweile bin ich bei meinem zweiten Sektglas, schon wieder.

"Achja Clare, ich wollte dich noch etwas fragen."

Gespannt schaue ich ihm in die Augen und bringe nur ein leises ," was denn ?", heraus.

Er faltet seine Hände auf dem Tisch.

" Ich weiß, dass kommt jetzt sehr überraschend und spontan für dich, aber hättest du Lust mich auf eine kleine Arbeitsreise zu begleiten?"

Was soll ich dazu sagen ? Das Erste, was mir dazu einfällt.

" Wann?"

" Übermorgen geht es schon los."

Was ? Übermorgen schon? Und warum soll gerade ich ihn begleiten ? Ich meine, ich arbeite noch nicht lange für ihn und bin ihm auf seiner Reise wohl keine große Hilfe.

"Wohin?" , frage ich beiläufig, eigentlich habe ich tausende Fragen im Kopf .

"Frankreich, glaub mir es wird dir gefallen!"

Ich war noch nie in Frankreich. Aber warum habe ich so ein komisches Gefühl, wenn ich mir vorstelle mit meinem Chef nach Frankreich zu reisen ? Eigentlich ist er für mich nicht einfach nur mein Chef , aber das spielt sowieso keine Rolle.

" Für wie lange ?"

Muss man diesem Mann wirklich alles aus der Nase ziehen ? Warum gibt er mir nicht einfach direkt gleich alle Informationen, das würde mir die Sache erleichtern.

" Eine Woche und keine sorge, für dich werden keine Kosten entstehen, es wäre sozusagen bezahlter Urlaub für dich !"

Ein wirklich verlockendes Angebot, vor allem weil ich schon immer mal nach Frankreich wollte, aber will ich da mit ihm hin ? Ich weiß es nicht. Aber heißt es nicht, wer nicht wagt der nicht gewinnt ? Also warum nicht einfach die Chance ergreifen ?

"Gut, ich begleite dich."