Kapitel 12

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Wow langsam waren das wirklich zu viele Emotionen für einen Tag, Respekt James. "Du hast schon richtig gelesen. Du sollst Lippenbalsam verwenden", beantwortete ich seine Frage und hielt ihm farb- und geruchslosen Lippenbalsam unter die Nase. "Deine Lippen sind extrem trocken, würde dir also nicht schaden", fuhr ich fort. Als ich seinen merkwürdigen Blick bemerkte, ergänzte ich:" Du kannst auch gerne pinken mit Kirschgeschmack haben." Er grummelte irgendetwas unverständliches und nahm mir die Packung letztendlich doch aus der Hand, vermutlich nur damit ich ihm nicht mehr auf die Nerven ging, aber das war mit egal. "Also darf ich deinen Text auch lesen?", fragte ich neugierig. Er aber schüttelte den Kopf, riss das Blatt aus dem Block, faltete es und steckte es ein. Ich runzelte die Stirn, sagte aber nichts weiter. "Okay, dann halt nicht. Wenn Mrs Field den Aufsatz gut fand, können wir nächste Woche mit der Harley beginnen", meinte ich und lächelte ihn an. Irgendwas stimmte nicht, so sagten es mir seine Augen zumindest für eine Sekunde. Aber hey, wir haben uns schonmal vor einer Zehntelsekunde auf eine Sekunde gesteigert. "Ich muss los", sagte James noch schnell bevor er hastig aufstand und mit schnellen Schritten zur Treppen lief. Ich rief ihm noch schnell "Tschau" hinterher, aber er war schon weg. Merkwürdig. Das konnte ich doch nicht so einfach auf mir sitzen lassen. Ich schnappte mir den Block, auf dem James geschrieben hatte und konnte nicht glauben, was ich ihn meiner Vision sah. In seinem Aufsatz stand folgendes: 'Cameron ist lebensfroh und fragt zum Glück nicht viel. Sie fährt gut Skateboard, soweit ich das beurteilen kann. Eigentlich ist sie ganz sympathisch und ich bin froh sie als 'Mentor' zu haben. Die anderen wären im Gegensatz zu ihr nicht mit meiner Art klargekommen. Sie macht gute Deals und ist auch von Harleys begeistert. Ihre Hobbys sind schätzungsweise Skateboarden und Lesen. Sie liest viel und hat sogar eine Art Bibliothek zu Hause, die nur ihr gehört. Außerdem gibt es bei ihr immer genug frisch gekochtes, leckeres Essen.' Soweit ich erkennen konnte hatte er unten an den Rand noch 'Cameron darf den Zettel nie sehen' geschrieben. Wahrscheinlich eine Notiz für Mrs Field, naja jetzt war es sowieso zu spät. Als ich den Aufsatz nochmal in meinem Kopf abspielte, stockte mir, bei dem Gedanken, dass James dies geschrieben hatte, der Atem. Eigentlich hatte ich mich ja darauf eingestellt seinen Aufsatz auch zu schreiben, aber das hat er ja selbst getan. Ich tat mir schwer zu glauben, dass diese Worte wirklich von James stammten, okay der letzte Satz schrie förmlich nach ihm, aber sonst. Der Deal war eine gute Idee. Um mir nicht weiter den Kopf darüber zu zerbrechen, ging ich in meine Mini-Bibliothek und schnappte mir den erstbesten Jubendroman, den ich finden konnte. Da ich einen eher kurzen Roman erwischt hatte, war ich gegen Abend fertig. Auf das Abendessen hatte ich keine Lust also zog ich mich um, putzte mir die Zähne und ging schlafen. Mein nächster Morgen verlief genauso ereignislos wie der vorherige und ich hatte auvh nicht das Gefühl, dass meine Morgende sich in nächster Zeit ändern würden. In der ersten Stunde hatten wir wie gewöhnlich Mrs Field, da sie immer genau auf dem neuesten Stand sein wollte, was jegliche Informationen über das Projekt betraf. Als ich den Klassenraum betrat legte ich, wie die anderen es vor mir getan hatten, meinen Aufsatz auf den Stapel, welcher auf dem Lehrerpult prangte. Anschließend schlenderte ich zu meinem Platz, wo Sue gerade in einem Block blätterte. Ich begrüßte sie und wir unterhielten uns kurz. Ich erfuhr, dass es ihrem Freund von Tag zu Tag besser ging und dass sie und Caleb gut miteinander klar kommen würden. Das, was mich an ihr so faszinierte war, dass ihre Augen jedes mal, wenn sie von ihrem Freund sprach zu leuchten begannen. In einer Farbe, die ich gar nicht beschreiben könnte. Und ich fragte mich, ob meine Augen auch so leuchteten, wenn ich von irgendjemandem sprach. Eigentlich schade, dass ich es nicht herausfinden würde. Wir verbrachten so ziemlich die ganze Stunde damit, dass Mrs Field uns über unsere Teampartner befragte, besser gesagt ob wir miteinander klar kamen und so was. Die Begeisterung der Schüler in diesen frühen Morgenstunden äußerte sich auch in ihren eintönigen Antworten. Während Mrs Field sich wirklich anstrengte zweisilbige Anworten aus den Schülern heraus zu kitzeln, starrten diese nur Löcher in die Luft und antworteten trotz der Hilfestellung der Lehrerin weiterhin nur mit einfachen Ja's, obwohl es manchmal nicht einmal Sinn ergab. Hier ein Beispiel: " Also Jay, wie läufts bei Rosie und dir, wie kommt ihr klar?" "Ja". Was hab ich gesagt? Sinnlos. Ich schätze mal, dass das nicht das war, was sie sich von dem Projekt erhofft hatte. Aber da auf ihrem Schlüsselanhänger in geschwungenen Buchstaben 'Was nicht ist, kann ja noch werden' stand, war es naheliegend, dass sie auch nach diesem Motto lebte. Aber von James' Aufsatz würde sie bestimmt so überrascht und begeistert sein wie ich. Und wer weiß, vielleicht verschönerte ihr dieser positive Aufsatz von so einem negativen Menschen ja den Tag. Die restlichen Stunden vergingen wie immer sehr schnell, aber ich glaube, ich war die einzige, die das so empfand, den gelangweilten Gesichtern meiner Mitschüler nach zu urteilen.

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