Kapitel 9

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"Kann mir ja egal sein", murmelte ich vor mich hin und tapste in die Küche. Von der Viertel Portion Nudeln, die ich essen konnte, bevor James mir den Appetit verdorben hat, kann man ja nicht satt werden. Also schnappte ich mir ein Joghurt und lief ins Wohnzimmer. Dort machte ich es mir auf der Couch bequem und schaltete den Fernseher ein. Wenn man mal keine Hausübung hat, muss man das ja schließlich ausnutzen. Ein paar Folgen der verschiedensten Serien später hörte ich den Schlüssel im Schloss kratzen, was hieß, dass Mum und Dad wieder da waren. Ich sprang auf, natürlich nicht, ohne den Fernseher vorher abgedreht zu haben, und lief ins Vorhaus. "Hi Mum! Wo ist Dad?", fragte ich, als ich meine Mutter erblickte. "Hallo Spätzchen! Jetzt lass dich doch erstmal drücken! Dein Dad muss noch unsere neusten Errungenschaften aud dem Auto ausräumen, aber da kommt er schon", sie sagte diese Worte ohne einmal Luft zu holen und hatte trotzdem noch Zeit genug mich während ihrer Rede zu erdrücken, verschwörerisch mit den Augenbrauen zu wackeln und durch die offene Tür zu zeigen, wo ich meinen Dad eine anscheinend sehr schwere Kiste vom Auto hierher schleppen sah. Meine Mum ist eben ein Multitaskingtalent, wie jede Frau. "Achtung diese Kiste wiegt Tonnen!", rief mein Dad, als er das Vorhaus betrat. Die Betonung lag natürlich auf dem Wort 'Tonnen'. Ich konnte ihm gerade noch ausweichen, als er mit der Kiste in den Armen ins Wohnzimmer torkelte. "Ach Mum, habt ihr schon wieder alles leergekauft?", fragte ich lachend. Sie jedoch hängte gerade ihren Mantel, den sie bei jedem Wetter trug, laut ihr könnte es dort, wo man hinfährt ja kühl sein, auf. Gleich darauf warf sie mir einen empörten Blick zu. "Cameron An Willow, wie kannst du nur? Ich kaufe immer nur das nötigste", erklärte sie mir gespielt böse. So und damit wäre jetzt auch jedem mein ganzer Name bekannt. "Das weiß ich doch, Mum", erwiderte ich und lief zu ihr rüber um sie richtig zu umarmen. Meine Mutter war zwar eine schöne und humorvolle Frau, dennoch brauchte ich nur mehr ein paar Zentimeter um sie größenmäßig einzuholen. "Aber sag mal, was hat Dad gerade ins Wohnzimmer geschleppt?", fragte ich gespannt. "Und sich dabei fast einen Kreuzbruch zugezogen hätte, nicht zu vergessen", kam die leicht dumpfe Stimme meines Vaters aus dem Wohnzimmer und ich konnte mir vorstellen, wie er sich gerade aufspielte, um meine Mutter zu imitieren, da sie das normalerweise sagte. Bei dieser Vorstellung kicherte ich in mich hinein und kassierte dafür einen warnenden Blick von meiner Mutter. "Also?", hakte ich erneut nach. Die Augen meiner Mutter begannen zu leuchten. "Einen Plattenspieler mit den dazugehörigen Platten, natürlich", erzählte sie begeistert. "Und den brauchst du warum?", fragte ich und grinste sie an. Sie wiederrum schnappte empört nach Luft und schlug mir spaßig auf den Oberarm. "Zum Musik hören natürlich, da sind alle alten Klassiker dabei wie Elvis und die Beach Boys", erklärte sie etwas beleidigt. "Ja und am Ende hab ich das Ding doch umsonst hier her geschleppt", mischte sich nun wieder mein Dad ein, als er zu uns stieß. "So ein Unsinn", meinte meine Mutter und verschwand in der Küche. Mein Vater zuckte mit den Schultern und ich folgte meiner Mutter. Sie setzte gerade Tee auf, als ich die Küche betrat. Ich setzte mich auf einen der Stühle und meine Mum tat es mir gleich. Nach einer kurzen Stille sagte ich plötzlich:" Mum, ich muss dir was erzählen" Als Antwort sah sie mich erwartungsvoll an. "Also ich habe einen Jungen kennengelernt, der...", doch weiter kam ich nicht, da sie mich unterbrach. " Oh mein Gott, Cameron! Du bist endlich verliebt", rief sie überglücklich. Ich jedoch sag sie nur irritiert an. "Es tut mir Leid, aber ich muss dich enttäuschen, ich bin nicht verliebt. Ich wollte dir eigentlich sagen, dass er ein Feeler ist und wir gemeinsam ein Schulprojekt machen müssen." Die anfänglich kurze Enttäuschung in den Augen meiner Mutter verschwand und sie starrte mich ungläubig an. Zu meinem Glück begann in diesem Moment der Teekessel, den meine Mutter irgendwann mal auf einem Flohmarkt erstanden hatte, zu pfeifen. Das hieß zum einen, dass meine Mutter mir wegen der Aufregung auch eine Tasse Tee machte und zum anderen, dass sie ihre Worte nochmal kurz überdenken konnte und ich keinem Worthagel ausgesetzt wäre. Meine Mum nahm eine zweite Tasse und noch einen Teebeutel aus dem Kasten und goss das heisse Wasser in die Tassen, natürlich nicht, ohyne davor die Teebeutel hineingehängt zu haben. Gleich darauf balancierte sie die zwei vollen Tassen zum Tisch, darauf bedacht, die heiße Flüssigkeit nicht zu verschütten. "Du hast einen Feeler kennengelernt?", fragte meine Mum ungläubig. Ich nickte. "Sein Name ist James und er ist nicht gerade sehr gesprächig", seufzte ich enttäuscht. "Mach dir nichts draus, mein Schatz. Sie sind alle sehr still", erklärte meine Mum mir und streichelte mir liebevoll durchs Haar. "Und was ist das für ein Schulprojekt, das ihr zusammen machen müsst?", hakte meine Mutter nun neugierig nach. "Ich muss ihm helfen seine schulischen Leistungen zu verbessern", murmelte ich und betrachtete mein Spiegelbild in der Tasse. "Oh und Mum? ", fragte ich leicht benommen. Sie sah mich erwartungsvoll an, was heißen sollte, dass ich fortfahren kann.

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