Kapitel 20

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"Hat sich eben einiges geändert", antwortete er und zuckte mit den Schultern als wäre das Thema somit für ihn gegessen. "Wenn du meinst", murmelte ich und starrte die Maschine an. Meine Maschine. Noch meine Maschine. Schade, dass ich sie ihm im Prinzip geschenkt hatte. "Wue spät ist es eigentlich?", fragte ich, nicht nur um mich abzulenken, sondern auch weil ich schon wiedet einige Stunden geschlafen hatte und somit total Zeitlos war. "Zeit für mich zu gehen", erwiderte James und schlenderte in diesem typischen Jungs-Gang zur Tür. " James?", rief ich bevor er den Raum verlassen hatte. Er drehte sich um und schaute mich erwartungsvoll an. "Dankeschön für, ach eunfacg alles was heute passiert ist, außer der Tanz-beobachtungs Nummer in der Küche", zwinkerte ich ihm zu und ich hätte schwören können ihn beim hinausgehen leise lachen gehört zu haben. Mein ganzer Körper fühlte sich so ausgelaugt und trocken an, weshalb ich beschloss mir frischen Tee aufzusetzen. Also hob ich meine Teetasse vom Boden auf und lief, die Decke wie einen Superheldenumhang umgehängt, in die Küche. Da ich ehrlich gesagt zu faul war um frischen Tee aufzusetzen, wärmte ich den übrig gebliebenen auf. So schnell meine müden Beine und die unglücklicherweise randvolle Tasse Tee es mir erlaubten lieg ich die Treppen hinauf. Ich überlegte mir kurz ob ich ein Buch aus einem meiner Regale holen sollte, entschied mich aber wegen des Regenwetters dagegen. In meinem Zimmer stellte ich die glühende Tasse kurz ab und schrieb Sue, dass wir am nächsten Tag telefonieren würden, woraufhin ich eine Nachricht mit einer Zusage bekam. Um nicht weiter gestört zu werden schaltete ich mein Handy aus. Ich war nie einer dieser Menschen, die ohne Handy in eine Psychiatrie eingeliefert werden müssten. Ich nutzte mein Telefon nur zur Verständigung und um Fotos zu machen. Da ich nicht weiter mit Gedanken um mein Handy Zeit verlieren wollte, schnappte ich mir sämtliche Kissen, die in meinem Zimmer zu finden waren und warf sie auf meine Fensterbank. Ich war schon seit meiner Kindheit von dieser Fensterbank begeistert. Sie war groß genug für mich und einen riesigen Berg Polster und früher natürlich auch Kuscheltiere. Und als ich dann älter wurde, entdeckte ich meine Liebe zu regnerischen Tagen. Wenn auf den Fensterscheiben die Regentropfen einen Wettlauf zum Fensterrahmen veranstalteten, wie ich es mir immer eingeredet hatte, und das Licht sich durch die Tropfen bricht, schien es mir immer wie in einer anderen Welt. Einer Zauberwelt. Es war meine Lieblingsbeschäftigung bei Regen mit einer Tasse Tee auf der Fensterbank zu sitzen und nachzudenken. Manchmal schaffte ich es auch mir bestimmte Visionen dabei anzusehen, aber dies gelang mir nur selten. Und so saß ich auch an diesem Tag vor der kühlen Glasscheibe und dachte nach. Irgendwann kam ich dann zu dem Thema, dass meine Visionen nur noch ziemlich selten auftraten und da kam mir eine Unzerhaltung zwischen mir und meiner Mum in den Sinn, die vor etwa 10 Jahren stattgefunden hatte.
~Vor 10 Jahren~
"Mummy, Mummy!", rief ich und hüpfte aufgeregt zu meiner Mum, weshalb meine Zöpfchen durch die Luft wirbelten. " Was ust denn los, Spätzchen?", fragte meine Mutter und beugte sich zu mir runter. "Mein Prinzessinenbuch war schonmal auf einem Schiff, ich habs selbst gesehen", erklärte ich stolz. "Wow, das ist aber toll", bestätigte meine Mum. " Willst du es auch mal sehen?", fragte ich und hielt ihr das, mittlerweile schon ziemlich kaputte, Buch unter die Nase. "Das geht leider nicht, ich sehe schon lange keine Geschichten mehr", erklärte sie mir. "Warum?" Ich war enttäuscht und ließ das dicke Buch wieder sinken. "Weißt du Cameron, wenn du dich das erste Mal so richtig verliebst werden deine Visionen immer weniger und wenb der Junge dich auch sehr lieb hat, dann verschwinden sie ganz", erzählte meine Mutter mir lächelnd. Ich starrte sie verblüfft an, verzog danach aber das Gesicht und sagte: "Ich will mich nie verlieben" "Dagegen kannst du nichts tun, mein Schätzchen, du merkst es erst, wenn du schon Hals über Kopf verliebt bist", meinte meine Mutter und drückte mir einen Kuss auf die Stirn
~Ende der Erinnerung~
Meine Augen wurden groß. "Nein", hauchte ich und sprang wie von der Tarantel gestochen auf. "Nein", sagte ich etwas lauter. "Das gibt's doch nicht" Verzweifelt raufte ich mir die Haare. Ich riss meine Zimmertür auf und stürmte in meine kleine Bibliothek. Das erste Buch, welches alt aussah, schnappte ich mir und ließ mich auf den Boden fallen. So fest es ging kniff ich meine Augen zu und drückte das Buch an mich. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf das Buch, aber nichts geschah. Bei Büchern geht es eigentlich so einfach. Sie haben nicht so einen komplexen Willen wie Menschen und somit kann man ganz leicht in ihre 'Erinnerungen' eindringen. Aber ich konnte das nicht mehr. " Nein, nein, nein! Ich bin noch nicht bereit", rief ich und hatte mühe nicht laut los zu schluchzen. "Ich will das noch nicht", flüsterte ich in den leeren Raum hinein. Da ich mein Zeitgefühl durch das viele Schlafeb verloren hatte, wusste ich nicht, wie lange ich einfach nur auf dem Boden saß und vor mich hin starrte, bevor ich einfach in meinen Klamotten schlafen ging. Für andere Mädchen in meinem Alter ist das vielleicht schön, aber für mich hieß das, dass ich nie wieder in meinem Leben eine Geschichte sehen würde, auch nicht James', und das traf mich ziemlich hart. Ich wollte weiterhin Visionen haben und so mehr über Leute erfahren , aber das konnte ich wohl vergessen.

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