Kapitel 10

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"Das Märchenbuch, das ihr mir mitgebracht habt, ich hab es ihm geschenkt", sagte ich und pustete lustlos in meinen Tee, woraufhin mein Spiegelbild für kurze Zeit unkenntlich wurde. "Warum denn das?", fragte meine Mum irritiert. "Es war mal seines", stammelte ich mit einem Hauch von Unsicherheit. "Das ist sicher kein Zufall. Aber sag mal, sieht er denn wenigstens gut aus?", fragte meine Mutter grinsend. Das war eindeutig zu viel des Guten. "Mum?!", rief ich und wäre vor Scham fast im Boden versunken, auch wenn sonst niemand anwesend war. Ich war zum Glück noch nie ein der Unglücklichen, die in solchen Situationen tiefrot anliefen und dafür war ich gerade echt dankbar. "Was denn? Man wird ja wohl noch fragen dürfen", sagte meine Mum mit einem noch größeren Grinsen, da sie sich wohl in ihrer Theorie bestärkt fühlte. "Bild dir ja nichts drauf ein", sagte ich drohend. "Jaja schon gut", lachte meine herzallerliebste Mutter. Manchmal habe ich einfach den Drang ohr den Mund zuzuhalten, damit sie nicht so viel blödsinniges Zeug redet, aber soe ist ja meine Mum. "Aber um nicht vom Thema abzuweichen, ich habe ihn schob ein paar mal dazu gebracht, Gefühle zu zu zeigen, sogar in seinen Augen, aber das waren nur Millisekunden", berichtete ich leicht enttäuscht. "Glaub mir, der Junge braucht sehr viel Zeit. Aber was immer du tust, stell dich nie gegen ihn. Du bist unterbewusst schon eine wichtige Vertrauensperson für ihn geworden. Und das nur durch das, nennen wir es koppeln, eurer Gaben. Also bitte sei vorsichtig und überlege immer. Der Mund darf nie schneller als der Kopf sein. Hast du mich verstanden, Cameron?", predigte meine Mutter und ich nickte. Ich wusste ja schließlich, dass das, was sie sagte stimmt."Da ist vielleicht noch etwas, das du wissen solltest", sagte ich zerknirscht. Meine Mutter sah mich warnend an. "Es ist nichts von dem, was du denkst, also kannst du dich beruhigen. Er hat, genau wie ich, eine Vorliebe für Harleys. Und da hab ich ihm halt versprochen, dass wir zu zweit unsere alte Harley herrichten damit er sie dann fahren kann", gab ich etwas kleinlaut zu. Meine Mutter blickte mich liebevoll an. "Des einen Leid ist des andren Freud. Deinem Vater ist das Ding eh ein Dorn im Auge, also warum nicht?" Ich blickte auf. " Du bist mir also nicht böse? ", fragte ich überrascht. "Nein, ich bin überzeugt, dass du das richtige tust", sagte sie. Ich konnte die Strecke im Prinzip mit verbundenen Augen fahren. Mit, vor Anstrengung, leicht gerötetem Gesicht betrat ich das Schulhaus. Der heutige Tag verlief ruhiger als der gestrige, bis auf die Tatsache, das wir unsere "Schützlinge" wieder mut nach Hause nehmen sollten, diesmal, um einen kurzen Aufsatz zu schreiben. Wir sollten uns gegenseitig ein paar Fragen stellen und mit den gewonnenen Informationen einen kurzen Text über den jeweils anderen verfassen. Das hieß dann wohl, wenn ich nicht zwei Aufsätze schreiben wollte, konnte ich nur hoffen, dass James sich zufälligerweise als Meister im Texte schreiben entpuppt. Diese Möglichkeit hielt ich aber für äußerst unwahrscheinlich und somit stellte ich mich schonmal darauf ein, zwei Texte zu schreiben. Ach, ist das Leben nicht schön? Zumindest war mir schon klar, dass ich wieder auf meinem Skateboard fahren konnte, was meine Laune dementsprechend hob. Zu meinem Pech wollte Mrs Field nach der letzten Stunde noch kurz mir mir darüber reden, ob ich auch mut James klar käme. Nachdem ich sie beruhigen konnte, stürmte ich auf den Schulhof. Meine Befürchtung hatte sich bestätigt. James war schon vorgefahren. An sich gar nicht so schlimm, allerdings wusste ich, dass meine Eltern an diesem Tag zu Hause waren. Also doch ein Problem. Während ich mir die peinlichsten Situationen in meinem Kopf ausmalte, fiel mir ein, dass mein Board noch in meinem Spind rumgammelte. Somit lief ich zurück zum Spind um mir mein Skateboard heraus zu holen. Allerdings brauchte ich wegen der Aufregung gefühlte Stunden, bis das Zahlenschloss endlich aufging. Als ich es endlich schaffte, angelte ich mir schnell meinen fahrbaren Untersatz und stürmte erneut aus der Schule, da irgendjemand ja unbedingt die Regel, dass Skaten im Schulgebäude verboten ist, einführen musste. Wieder wertvolle Zeit verloren. Kaum war ich wieder auf dem Schulhof, warf ich mein Board auf den Boden und sprang auf, wobei ich fast weggerutscht und auf meinem Allerwertesten gelandet wäre. Das Glück ist heute definitiv nicht auf meiner Seite. Könnte ich doch bloß meine Geschichte lesen, dann wäre ich auf den heutigen Tag vorbereitet gewesen. Einer Legende nach können Reader, die einen Feeler geknackt haben, nämlich auch in die Zukunft sehen. Dies glauben allerdings nur wenige. Es ist wie bei Geistern, manche glauben dran und manche eben nicht.

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