11 - Vom Gorilla zum Aal

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„Na, wo ist denn Till?", erkundigte sich Elyas und legte einen Arm um mich herum. Ich hatte das Gefühl, dass er mich als Stütze missbrauchte, weil der Alkohol den Boden unter ihm wie aus Wackelpudding machte.

„Er hat abgesagt."

Elyas lachte abschätzig. Sein Arm wurde schwer auf meiner Schulter und ich hatte Mühe ihn aufrecht zu halten. Irgendwie war er aber auch süß, wenn er so anhänglich war.

„Wegen dieser Thea?

Ich nippte an meiner Bierflasche, um meine Enttäuschung zu verbergen. Ich hätte Till bei meiner Einweihungsfeier wirklich gerne hier gehabt. Zumal ich auf unserer Homeparty kaum jemanden kannte und in mir die Idee entstand, dass man bei Partys eine Frauenquote einführen sollte. Ich kam mir vor wie Merkel beim G20-Gipfel.

„Nein, die sind getrennt."

Elyas sah überrascht zu mir hinab.

„Sie sind getrennt? Er ist also Single?"

„Ja. Da er keine Freundin hat, ist er wohl Single. Sehr gut kombiniert Sherlock."

„Und ihr seid trotzdem nicht zusammen? Ihr seid beide Single und lasst die Finger voneinander? Euch soll mal einer verstehen."

„Ich will nicht wieder darüber diskutieren", gab ich müde von mir.

Es war erst um elf, doch vier Blöcke in der Schule und vier Flaschen Bier machten sich bei mir bemerkbar. Meine Magenverstimmung war wohl auch noch nicht ganz auskuriert. Ich war eher im Standby-Modus, statt in Partystimmung.

„Müssen wir auch nicht. Heute Abend haben wir Spaß. Lass uns in die Küche gehen. Die spielen Bierball."

Auch wenn es Freitag war, war ich eher in einer miesen Montagsstimmung.

„Ich kann kein Bier mehr sehen."

„Und wie sieht es mit Wodkashots mit Brausepulver aus?"

Er wedelte mit Ahoi-Brause-Packungen vor meiner Nase herum.

„Du bist Medizinstudent. Solltest du nicht eher versuchen meine Leber zu schonen, anstatt sie vor eine Herkulesaufgabe zu stellen?"

„Ach was! Ich brauch doch Patienten", scherzte er.

Ich lächelte müde und sah dann irritiert auf den Ausschnitt seines T-Shirts. Da fehlte etwas.

„Sag mal, hast du dir die Brust rasiert?", platzte es beim Anblick der aalglatten Haut heraus.

Man sah ihm die Verwunderung an.

„Das fällt dir auf?"

„Ja, natürlich. Die Löckchen, die du vorher hattest, sind ja förmlich aus deinem Dekolleté gehüpft. Du sahst aus wie ein Albinogorilla."

Er fuhr nun mit seiner Hand über die rasierte Stelle und schien zu prüfen, ob er wirklich jedes Haare erwischt hatte.

„So schlimm war es ja nun auch wieder nicht. Ich dachte, dass es sich besser macht, falls mir eine Frau Sirup oder Sahne vom Leib schlecken will. Wer mag schon Haare im Essen?"

„Elyas! Sag mal wie viel Bier hast du denn schon getrunken? Bist du völlig besoffen?"

Er schielte und begann spielerisch zu torkeln. Dabei rempelte er mich immer wieder an.

„Och komm schon!", nörgelte ich an seinem kindischen Verhalten. „Du nervst."

Nun legte er wieder seinen Arm um mich herum und drückte mich an sich.

GingerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt