33 - Ein angekratzes Ego und seine Folgen

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Auch wenn es mich Überwindung kostete, stand meine Entscheidung fest. Ich hatte mich schon vor Jahren für einen anderen Jungen entschieden und das war mir heute bewusst geworden. Der Kuss von vorhin und vor allem, was ich dabei gespürt hatte, war der Beweis dafür, dass ich Till mehr liebte als ich dachte. Ich wollte neben ihm einschlafen. Ich wollte mit ihm zusammen lachen und das nicht nur als Freunde. Ich wollte, dass er mich küsste und mich umarmte. Ich wollte von ihm geliebt werden.

Ich sah zu Elyas, der auf meine Reaktion auf sein Liebesgeständnis wartete.

„Es tut mir leid, aber das zwischen uns ist vorbei und das ist auch besser so."

Es fiel mir nicht leicht das zu sagen, denn ich wollte Elyas nicht verletzen. Ich rechnete es ihm hoch an, dass er uns eine zweite Chance geben wollte. Dass er kämpfen wollte. Doch das alles brachte nichts, wenn ich eigentlich jemand anderes an meiner Seiter wollte.

Elyas schüttelte den Kopf und kam wieder näher. Er konnte meinen Korb nicht akzeptieren. Er wollte mich erneut küssen. Das war offensichtlich, doch so leicht war selbst ich nicht zu manipulieren. Ich wich nach hinten aus. Es würde keinen Kuss mehr zwischen uns geben.

„Elyas, hör auf! Ich meine das wirklich ernst. Es ist aus! Es tut mir leid, aber so ist es nun mal. Wir haben es beide verbockt."

Elyas presste seine Kiefermuskeln zusammen. Er konnte mit einer Abfuhr nicht umgehen und ich befürchtete, dass er nie zuvor eine erhalten hatte. Diese Situation war neu für ihn und man sah ihm an, dass er damit hoffnungslos überfordert war.

„Warum?", entgegnete er fordernd. „Gib mir einen guten Grund, warum du uns keine zweite Chance gibst!"

Ich zögerte. Ich wollte Elyas nicht verletzen, denn irgendwie fühlte ich noch eine Verbundenheit zu ihm. Ich hatte mich schließlich die letzten Wochen auf ihn eingelassen, weil ich in ihn verliebt war. Er bedeutete mir etwas und deshalb wollte ich auch nicht, dass er sich schlecht fühlte. Doch auf der anderen Seite hatte er die Wahrheit auch verdient.

„Weil ich in jemand anderen verliebt bin", brachte ich die entscheidenden Worte schließlich über meine Lippen.

Ich sah Elyas sofort an, dass ihm diese Antwort nicht gefiel. Und damit meine ich ganz und gar nicht gefiel.

„Till", brummte er und tat so, als würde es ihn Überwindung kosten so etwas Widerliches auszusprechen. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Ich nickte schweren Herzens.

„Ja, Till."

Nun schnaubte er wütend. Seine Laune änderte sich schlagartig von Ich-will-ich-zurück zu Hast-du-den-Arsch-offen.

„Von wegen, ihr seid nur beste Freunde. Und ich Trottel habe das auch noch geglaubt. Lass mich raten, ihr fickt schon die ganze Zeit miteinander!"

Das war wohl seine Art damit umzugehen, dass sich ein Mädchen gegen ihn und für jemand anderes entschieden hatte. Er war das nicht gewohnt. Für gewöhnlich konnte er mit seinem Körper und seinem charmanten Lächeln jede haben. Doch manchmal war es eben doch das Herz, das zählte. Ich versuchte für seine Reaktion Verständnis aufzubringen, auch wenn es eine Frechheit war, dass er so mit mir sprach. Nur weil sein Ego ein Kratzer bekam, musste er nicht gleich anmaßend werden.

„Haben wir nicht", korrigierte ich ihn bestimmt. „Wir hatten nie Sex. Aus Freundschaft ist einfach Liebe geworden."

Elyas schien sich nun kaum noch unter Kontrolle halten zu können. Ich bekam das Gefühl, dass er mich als sein Besitz gesehen hatte und sich nun darum betrogen fühlte.

GingerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt