Ich saß wieder einmal in einer Bushaltestelle. Dieses Mal war es die in der Straße von Tills von Wohnhaus. Ich fühlte mich allein gelassen von dieser Welt. So einsam wie in diesem Moment hatte ich mich noch nie gefühlt. Ich hatte niemanden, bei dem ich Zuflucht suchen konnte.
Am meisten sehnte ich mich nach Till, weshalb auch er meine Nachricht bekam.
Warum wolltest du nicht mit mir sprechen? Was ist passiert? Ich dachte, dass wir beide... na du weißt schon... dass aus uns etwas werden könnte. Hast du es dir anders überlegt? Ist es das? Wenn es so ist, dann ist das auch okay. Du bist mein bester Freund und wirst es auch immer sein. Ganz egal, ob mehr aus uns wird oder nicht. Ich will einfach nur mit dir reden. Bitte! Du bist doch mein bester Freund.
Der Bus kam, doch ich ließ ihn vorbeifahren. Dafür sah ich, dass Till die Nachricht gelesen hatte. Doch er antwortete nicht.
Komm schon, ich sehe doch, dass du es gelesen hast. Antworte doch bitte! Habe ich etwas Falsches gemacht? Irgendetwas muss doch passiert sein. Bitte Till, wir können doch sonst auch über alles reden. Warum nicht jetzt?
Zwei blaue Haken und keine Reaktion.
Ich verstand die Welt nicht mehr.
Ich erhob mich von dem Plastikstuhl der Haltestelle. Ich konnte eh nicht zurück in die WG. Ich müsste wohl fürchten, dass Elyas mich im Schlaf erwürgen würde.
Nur wenige Meter von hier entfernt stand das Haus in dem ich 17 Jahre gewohnt hatte. Es war im Moment der einzige Zufluchtsort, den ich hatte. Also machte ich mich auf dem Weg.
Als ich vor der Eingangstür stand und den Schlüssel in der Hand hielt, zögerte ich. Seit dem Vorfall, war ich nicht mehr allein in diesem Haus gewesen. Ich glaubte nicht an Geister oder sonst irgendwelche Spukgeschichten, aber meine Eltern waren dort drin gestorben und das verschaffte mir eine Gänsehaut. Ich war mir nicht sicher, ob ich das wirklich konnte. Ob ich stark genug war, um das Haus zu betreten.
Trotzdem steckte ich mutig den Schlüssel ins Schloss. Die Tür schwang auf und ein altbekannter Geruch stieg mir in die Nase. Es war der Geruch unseres Dielenbodens, den ich immer nur zu Hause und nie woanders gerochen hatte. Es war der Geruch von Zuhause.
Ich schloss die Tür hinter mir und schaltete das Licht ein. Nicht nur das Haus fühlte sich leer an, sondern auch mein Kopf. Ich ließ meine Tasche auf den Boden fallen und ging ins Wohnzimmer. Die Stille machte mich verrückt. Also schaltete ich das Radio ein. Michael Jackson säuselte nun leise durch den Raum.
Ich setzte mich auf die Couch und starrte auf die Bildergalerie an der Wand. Fröhliche Gesichter. Von mir, von Flo, von Mama und von Papa. Es waren Urlaubsbilder, Bilder von Weihnachten und von Geburtstagen. Fotos von Grillabenden und Straßenfesten. Es war wie aus einem anderen Leben.
Ich kuschelte mich in eine Decke ein und starrte Ewigkeiten auf diese Bilder.
Wie mein Leben jetzt wohl wäre, wenn meine Eltern noch leben würden? Oder wie wäre es, wenn Mama noch leben würde? Papa hätten wir nicht retten können, Mama aber schon. Ich wäre nie mit Elyas zusammenkommen. Das ganze Drama wäre mir erspart worden.
Und Till...
Ich hatte keine Ahnung, was mit ihm los war. Ich verstand es einfach nicht. Hatte Thea ihn mit irgendetwas im Griff, von dem ich nichts wusste? Konnte sie ihn mit irgendwelchen Mitteln von mir fernhalten?
Mein Handy vibrierte. Sofort griff ich danach und erwartete eine Nachricht von Till.
Mit Enttäuschung stellte ich fest, dass Flo geschrieben hatte.
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Ginger
Storie d'amoreEine beste Freundin hat man für immer. Doch wenn man einen besten Freund hat, wird irgendwann Liebe daraus. Dieses Gerücht hält sich hartnäckig, doch Till und Ella treten den Gegenbeweis an. Ella braucht ihren besten Freund besonders, als das Schi...