„Wir schlafen alle im gleichen Zimmer?", fragte ich entsetzt, als ich Flo in die kleine Hütte gefolgt war. Es roch nach der Holzvertäfelung und man war gut beraten die Fenster zum Lüften aufzureißen.
„Ja, ich habe doch gesagt, dass es klein ist", rechtfertigte sich Elyas zu sofort, der meine Worte wohl persönlich genommen hatten.
Mikro hätte den Wohnraum wohl besser beschrieben.
Ich ließ meinen Schlafsack auf den Boden fallen.
„Ja, schon. Aber so klein? Hier kriegen selbst Hobbits Platzangst."
„Du bist schon so ein Hobbit", warf Daniel ein und schmiss sich auf die Couch.
Dieses Haus bestand nur aus einem Raum, der kaum größer als mein WG-Zimmer war. Es war erstaunlich, dass hier sogar ein kleiner Kamin noch Platz fand. Die Toilette war jedoch in einem kleinen Häuschen neben dem eigentlichen Gebäude. Wobei das Wort Gebäude in dem Fall eine Übertreibung im Superlativ war.
Immer mehr wurde mir bewusst, dass dieses Wochenende eher einem Survivaltrip entsprach als einem erholsamen Wochenende. Fast drei Tage mit drei Männern auf engstem Raum erschien mir durchaus eine Herausforderung.
„Wir brauchen Holz für das Lagerfeuer. Dann können wir Stockbrot Marshmallows grillen", ließ Elyas uns wissen und bestätigte damit meine Survivaltheorie. Ich hatte noch nie Holz für mein Essen holen müssen. Ich fühlte mich meinen Vorfahren aus der Steinzeit näher denn je. Hoffentlich hatten wir wenigstens ein Feuerzeug und mussten nicht noch mit Feuersteinen auf einen zündenden Funken hoffen.
Ich war mit völlig falschen Vorstellungen an dieses Wochenende gegangen. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass die Jungs mir gewisse Details ganz bewusst verschwiegen hatten, weil sie wussten, dass ich dann nicht mitgekommen wäre.
Daniel und Flo sahen sich an.
„Das können wir machen."
Elyas sah zu mir.
„Okay. Dann suchen wir ein paar Stöcker, wo wir unser Essen aufspießen können. Außerdem wächst hier der Märzschneckling. Wir können von dem ein paar mitnehmen."
Ich war froh, nicht die einzige zu sein, die sich fragte, was hier in der Nähe wuchs und warum wir das mitnehmen sollten. Märzschneckling hörte sich in meinen Ohren an, als wäre es ein Drache aus der Welt der Harry Potter.
„Was ist ein Märzschneckling?", nahm Flo mir meine Frage ab.
„Ein Pilz."Elyas, unser alter Schamane. Kein Wunder, dass er Medizin studiert. Wahrscheinlich behandelte er seine zukünftigen Patienten auch nur bei Mondschein. Wer sonst kannte schon den Namen der glitschigen Dinger, die bei uns im Wald wuchsen? „Der ist echt lecker und nicht einfach zu finden. Aber es gibt hier eine Stelle in der Nähe, wo der wächst."
Pilze schmeckten für mich grundsätzlich wie Schneckenkotze, doch Elyas sah so begeistert aus, diesen Pilz zu finden, sodass ich diese Info für mich behielt.
„Okay", meinte Daniel. „Dann übernehmen Flo und ich die Männerarbeit und ihr zwei Hübschen geht Pilze sammeln. Ob die geraucht oder gegessen werden, können wir nachher noch ausdiskutieren. Wir sollten uns jedenfalls beeilen, weil es bald dunkel wird und dann will ich eigentlich nicht mehr durch den Wald krauchen."
Damit war das Machtwort gesprochen. Wir gingen in das Waldstück, dass direkt an das Häuschen grenzte. Schon nach den ersten Metern liefen wir jedoch in unterschiedliche Richtungen. Ich mit Elyas und Flo mit Daniel.
Ich stellte schnell fest, dass Ballerinas nicht unbedingt die beste Schuhauswahl gewesen war. Ich hatte aber auch nicht geahnt, dass ich über Moos und Wurzeln laufen müsste. Meine naive Vorstellung von diesem Wochenende war gewesen, dass wir das Essen wie jeder normale Mensch aus dem Kühlschrank holten.

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Ginger
RomanceEine beste Freundin hat man für immer. Doch wenn man einen besten Freund hat, wird irgendwann Liebe daraus. Dieses Gerücht hält sich hartnäckig, doch Till und Ella treten den Gegenbeweis an. Ella braucht ihren besten Freund besonders, als das Schi...