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"Kunst?", wiederholt Iias. Amira traut sich nicht zu nicken. Sie steht still und mit gesenktem Blick vor ihrem Ehemann. "Kannst du den zeichnen?", möchte er schließlich wissen. "Ich denke schon. Meine Zeichenlehrerin hat gesagt ich hätte Talent. Mein Vater hat jedoch jede begonnene Zeichnung sofort zerissen.", gibt Amira kleinlaut zu. "Hm. Na dann probieren wir es. Ich schaue was man zur Anmeldung braucht und sage dir Bescheid, ja?" Amira hebt den Kopf und schaut Iias direkt in die Augen. Er hat nicht nachgefragt. Er hat es akzeptiert. Dieses neue Gefühl erfüllt sie mit Selbstvertrauen. Ihr Herz schlägt schneller und ihre Hände werden ganz zittrig. Nicht weil die Angst hat sondern weil sie zum ersten Mal etwas entscheiden hat und es nicht abgelehnt wurde. Ein großes Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Iias ist zu seinem Laptop gegangen um nach zu recherchieren. Amira nimmt ein zweites Mal an diesem Tag ihren Mut zusammen und geht auf Iias zu. Ohne viel nachzudenken umarmt sie ihn von hinten. "Danke.", flüstert sie in sein Ohr.
Iias wird leicht rot und bekommt kein Wort aus dem Mund. Er berührt sanft die Arme die um seinen Nacken gelegt sind. Sie spannt sie kurz an doch lässt sie schnell wieder locker. Naja, ich könnte mich wirklich in die Verlieben.
Als hätte Amira seine Gedanken gelesen fragt sie ihn mit zittriger Stimme:"Was heißt es verliebt zu sein?" Iias entwindet ihre Arme von seinem Nacken und führt sie um die Couch und setzt sie neben sich. Er hält ihre Hände fest. "Das ist schwer zu sagen. Wenn du eine Person sehr magst? Vielleicht?", Iias ist überfordert mit der Frage und zieht die Schultern hoch was Amira zum kichern bringt. "Das meine ich nicht. Ich habe einige Liebesromane gelesen und kann mir vorstellen was es heißt verliebt zu sein. Erm...ich meinte...wie fühlt es sich an?"
Iias fühlt sich blöd. Wir haben das 21. Jahrhundert. Außerdem war sie auf einer Schule. Auf einer Mädchenschule aber trotzdem reden sie dort über Liebe. So unschuldig kann ja niemand sein. "Hm...weis ich gar nicht. Vielleicht fühlt es sich genauso wie Angst an. Dein Herz schlägt schneller, deine Hände werden schwitzig, du bekommst keine Luft und dein Magen verkrampft. Nur der einzige Unterschied ist das du wenn du verliebt bist nicht weglaufen willst sondern zu jemandem. Hab ich mal gelesen.", gibt Iias ehrlich zu. Amira lächelt und drückt ihre Lippen aufeinander.
"Was ist?", fragt Iias.
"Uhm...wie lange dauert es bis man sich verliebt?", Amira senkt beschämt den Kopf und möchte ihre Hände wegziehen doch Iias hält sie fest.
"Das weis niemand zu recht. Einige Sekunden bis mehrere Jahre. Alles ist möglich.", seine Stimme verliert an Selbstvertrauen was Amira erleichtert. Ich bin nicht die einzige der das peinlich ist. Sie hebt den Kopf und lächelt ihn an. Kann sie sich wirklich in ihn verlieben? Sie sind zwar schon verheiratet aber ihr Vater hat immer gesagt: Wahre Liebe gibt es nicht. Deshalb hat der Prophet voreheliche Beziehungen verboten. Mittlerweile glaubt sie das auch nicht mehr. Wieder drückt sie ihre Lippen aufeinander. Iias streichelt mit seiner Hand ihre Wange. Er schluckt seine Nervosität herunter und nähert sich ihr langsam. Amira versteht nicht ganz was er versucht aber sie wehrt sich nicht. Seine zweite Hand legt sich an ihre Hüfte was Amira ein wenig erschreckt doch auch dies lässt sie zu. Ihr Herz schlägt schneller, ihre Hände werden schwitzig. Hat sie Angst oder ist sie verliebt? Während Iias sich ihr immer mehr nähert weis sie nicht was sie denken soll. Kann man sich nach nur einem Tag verlieben. Man kennt sich doch gar nicht. Iias geht es genauso. Er weis nicht so recht ob er sie liebt. Wäre es unfair von mir sie zu küssen wenn ich sie nicht liebe? Wir sind sowieso verheiratet. Nein. Natürlich wäre das unfair. Er sieht in die schokoladenbraunen Augen seiner Frau und muss lächeln. Ich fühle mich zu ihr hingezogen. Sehr. Alles was ich mit ihr erlebe ist so viel intensiver als mit irgendeinem anderen Mädchen. Ich kenne sie nicht. Sie kennt mich nicht. Shit. Was jetzt?
Iias legt seine Stirn auf ihre und schließt die Augen. Sie ist wunderschön. Fühle ich mich deshalb zu ihr hingezogen? Ich war noch nie der oberflächliche Typ aber ihre Schönheit ist nicht in Worte zu fassen. Makellose, weiße Haut. Rosige Lippen...und ihre Augen erst. Sie sieht aus wie aus einem Märchen aus Eintausend und eine Nacht.
"Iias?", Amiras Stimme holt ihn aus seinen Gedanken und lässt ihn aufspringen. Er lässt komplett von ihr ab und schaut nun in ihr verwirrtes Gesicht. Sie lächelt ihn süßlich an bevor sie aufsteht und in die Küche geht. Iias recherchiert weiter während Amira das Mittagessen zubereitet. Ich glaube ich verliebe mich in ihn.

Über Zwang und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt