23.

290 8 7
                                    

Amira lächelt viel seltener und läuft grimmig durch die Welt ohne zu wissen was sie stört. Iias weis nicht wie er ihr helfen kann diese neuentdeckte Macht richtig zu nutzen. Iias ist sich ziemlich sicher das Amira in dem Gedanken lebt sie würde richtig handeln also wäre eine direkte Konfrontation kontraproduktiv.
Einer der Gründe die ihn in seiner Annahme bestätigen sind Amiras Bilder. Sie wirken nicht mehr unschuldig sondern kalt.

Amira sitzt in der Vorlesung als sie plötzlich beschließt aufzustehen und zu gehen. Noch nie hat sie eine Vorlesung verlassen. Ihre Freunde sind mehr als erstaunt und beschließen ihr zu folgen. Gabriel legt seine Hand auf ihre Schulter und bringt sie dazustehen zu bleiben.
"Ihr hättet nicht mitkommen müssen. Ich kann den Stoff bereits da ich zuhause gelernt habe. Ihr hättet drinnen bleiben können.", erklärt sie mit einem Lächeln.
Mia starrt auf Gabriels Hand die ruhig auf Amiras Schultern liegt.
Die letzten Male als Gabriel Amira berührt hat hat sie seine Hand höflich weggelegt und ihm erklärt das sie nicht von anderen Männern berührt werden will.
Mia streift ihre nun roten Haare aus ihrem Gesicht und stellt sich zwischen Amira und Gabriel.
"Amira süße, ist alles okay? Du benimmst dich nicht wie sonst."
"Ja natürlich.", erwidert sie mit einem ruhigen Lächeln während sie in ihrer Umhängetasche herumkramt.
"Aha, jaja glaub ihr dir sofort wenn deine Bilder nicht anderes sagen würden.", fügt Gabriel besorgt ein.
Amira holt einen weinroten NYX Lippenstift aus ihrer Tasche und einen Spiegel. Noch bevor Amira ihn auftragen kann packt Mia sie am Arm.
"Woah! Amira? Ein NYX Lippenstift? Weinrot?", verwirrt und besorgt lässt Mia den Arm ihrer Freundin los in der Hoffnung eine vernünftige Erklärung zu bekommen.
"Ich darf doch probieren. Meine Schwester hat gemeint probieren kann man ja."
"Deine Schwester? Die wirkt ja nicht sehr religiös.", stellt Gabriel mit hochgezogener Augenbraue fest.
"Ist sie auch nicht aber ich versuche sie zurück zu holen.", erklärt sie mit einem Grinsen.
Gabriel und Mia tauschen besorgte Blicke aus.
"Was hält dein Mann davon?"
"Was geht ihn das an?"
Sowohl Mia als auch Gabriel fällt die Kinnlade herunter. Das ist nicht Amira doch sie wissen nicht wie sie damit umgehen sollen.
Amira trägt den Lippenstift auf und wirft ihn daraufhin wieder in die Tasche.
"Amira ich denke du solltest nicht so viel Zeit mit deiner Sis verbringen. Sie versucht dich von deiner Religion ab zu bringen."
Gabriel versucht ruhig zu klingen um Amira nicht zu verärgern aber das funktioniert nicht ganz. Wütend atmet sie durch und runzelt die Stirn.
"Als ob sie mich so einfach von meiner Religion abbringen kann. Ich versuche sie auf meine zu ziehen und nicht sie mich auf ihre. Du verstehst das nicht."
"Amira wir verstehen dich schon aber wir machen uns Sorgen. Du bist und wichtig.", gibt Mia mit besorgtem Ton zurück. Amira beruhigt sich wieder und beißt sich auf die Unterlippe.
"Ich geh nach Hause.", antwortet sie mit ihrem üblichen, ruhigen und freundlichem Ton.
"He Mimi, wir sind für dich da. Lass dich nicht in etwas ziehen was du nicht wirklich willst.", versichert Gabriel ihr mit einem Lächeln.
Amira lächelt beide zuversichtlich an und macht sich auf den Heimweg.
Das erste Semester ist bald zu Ende und die Prüfungsseason ist in vollem Gange. Amira fällt das Lernen sehr leicht also hat sie keine Schwierigkeiten was das angeht doch trotzdem schafft sie es nicht sich zu konzentrieren. Hauptsächlich liegt das an ihrer Schwester. Einerseits weil sie immer noch Gefahr läuft Zwangsverheiratet zu werden, anderseits weil Jasmine ihr ständig einredet das sie mehr verdient als sie jetzt hat. Nach und nach versteht Amira was ihre Schwester damit bewirken will. Sie will sie auch zum sündigen bringen sodass ihre Sünden klein daneben aussehen. Aber Amira ist sich sicher das sie es nie soweit kommen lassen würde. Nie.
Zumindest redet sie sich das ein während sie ein Kleidungsladen betritt und sich die Kleider ansieht. Seit kurzem gefallen ihr kurze, rote Kleider die oben enganliegen und nach unten hin breit werden.
Ich probiere es nur an.
Sie nimmt das Kleid und betritt mit rasendem Herz die Kabine.
Ich probiere es nur an.
Lächelnd betrachtet sie sich im Spiegel. Es steht ihr zweifellos aber die Länge konkurriert mit dem Kopftuch.
Ich werde es nur zuhause anziehen.
Immer und immer wieder redet sie sich ein sie würde es nur zuhause tragen. Wie ein Mantra. Sie stellt sich an der Kasse an und atmet tief durch.
Nur zuhause.
Ihr Herz rast. Noch nie hat sie so etwas gekauft, geschweige den überhaupt ein Geschäft alleine betreten. Bis jetzt war Iias mit ihr.
Nur zuhause.
Sie zahlt und nimmt den Sack in die Hand.
Mit einem zwiegespaltenem Gewissen macht sie sich auf den Heimweg.
Immer wieder redet sie sich ein das sie nichts falsches getan hat.
Unbewusst kratzt sie sich am Nacken während sie ihre Haustüre öffnet und überraschenderweise Iias vorfindet.
"Hey. Schon wieder zurück?", er setzt sich auf und geht auf Amira zu welche nun den Sack hinter ihrem Rücken versteckt.
Iias sieht den Sack und legt den Kopf zur Seite.
"Oh du hast was gekauft. Zeig mal. Solltest du nicht in der Uni sein?"
Ich schulde dir keine Rechenschaft, hallt es durch ihren Kopf aber sie lächelt ihn bloß süßlich an und schließt die Haustür. Iias legt seinen Daumen auf Amiras Lippen und fährt sanft darüber.
"Ein neues Kleid und rote Lippen.", stellt er mit einem aufgezwungenem Lächeln fest.
Amira nickt und schmuggelt sich ins Schlafzimmer.
"Ich zeig dir das Kleid.", ruft sie ihm zu.
Doch Iias kann sich nur schwer freuen. Seit sie begonnen hat sich regelmäßig mit ihrer Schwester zu treffen verändert Amira sich. Sie trägt Mascara, Lippenstift, ihre Kleidung ist auffällig bunt und kürzer als sonst. Noch ist alles islamisch vertretbar aber Iias weis das Amira zur Zeit richtig und falsch nicht unterscheiden kann. Diese plötzliche Macht über ihr eigenes Leben macht sie neugierig. Sie will alles ausprobieren. Sie beginnt jetzt erst ihre Jugend auszuleben.

Während Iias in Gedanken versunken ist tritt Amira aus dem Schlafzimmer.

Über Zwang und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt