13.

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Amira und Iias liegen nebeneinander im Bett während Jasmin im Wohnzimmer auf der Couch schläft. Zumindest hofft Amira das ihre kleine Schwester schläft. Auf dem Rücken liegend und den Blick auf die Decke gerichtet versucht sie zu verstehen wieso ihre Schwester überhaupt mit einem Jungen geschlafen hat obwohl sie nicht verheiratet ist. Eine Jungfrau bis zur Ehe zu bleiben ist das wichtigste für eine Frau...das wichtigste in der Gesellschaft in der Amira aufgewachsen ist zumindest.
Ist es nicht wichtiger das man gebildet ist? Das man eine Schule besucht...das man studiert? Sind die Manieren nicht wichtig? Gutes Benehmen? Ist das alles unwichtig solange man Jungfrau bleibt bis zur Ehe? In was für einer Gesellschaft leben wir bitte?
Amira atmet tief durch und dreht sich zu Iias hin.
Die Frage müsste anders gesellt werden. Ist es richtig die Mädchen so zu erziehen das sie glauben sie seien nichts bis sie verheiratet sind? Nein! Es ist definitiv nicht richtig. Es hat nichts mit der Jungfräulichkeit zu tun sondern mit Macht. Die Macht über die Frau. Selbst das moderne Europa unterdrückt die Frau teilweise. Aber ich habe kein Recht zu reden. Lasse mich herumkommandieren von meinem Vater. Tue alles was er sagt ohne es auch nur zu hinterfragen.
"Du solltest wirklich schlafen Amira.", verschlafen öffnet Iias seine Augen und blinzelt seine verwunderte Frau an. Er muss schmunzeln.
Sie schlafen schlafen schon seit längerem im selben Bett aber nie hat er etwas versucht.
"Ich hab nachgedacht."
"Mhm über was den mitten in der Nacht?" Er nähert sich ihr und legt sanft die Hand auf ihre Taille.
"Über die Stellung der Frau in unserer Gesellschaft."
Iias lacht kurz auf. "Das ist überraschend. Die Unterdrückung der Frau meinst du."
"Ja.", antwortet sie lächelnd.
"Na dann erzähl. Die unterdrückte Frau im Islam."
Amira runzelt die Stirn. "Nein Iias. Der Islam unterdrückt die Frau nicht. Islamisch gesehen hat die Frau das Recht zu studieren und eigene Besitztümer zu habe-"
Iias drückt ihr sanft seine Hand auf den Mund und grinst sie an.
"Ich weis. Ich kenne mich mit dem Islam aus. Sollte nur ein Witz werden."
Er nimmt seine Hand von ihrem Mund sodass sie mit ernstem Gesicht antwortet:"Ah. Aber bei diesem Thema verstehe ich keinen Spaß.", Amira setzt sich auf, "Die arabische Gesellschaft besteht zu 50% aus solchen Männern die ihre Frauen und Töchter unterdrücken. Wäre meine Schwester wirklich schwanger hätte mein Vater sie wahrscheinlich umgebracht." Leicht verängstigt starrt Amira in Iias Augen. Er setzt sich ebenfalls auf und berührt sanft ihr Gesicht.
"Ich denke nicht das es so schlimm wär-"
Amira berührt besorgt die warme Hand auf ihrer Wange.
"Oh doch. Er hätte sie so oft getreten und geschlagen bis sie das Kind verloren hätte. Und dann...hätte er sie weiter geschlagen...weil sie keine Jungfrau mehr ist. Du hast doch gesehen wie er geschrien hat weil ich nicht mit dir geschlafen habe. Der einzige Grund warum er es dabei belassen hat ist weil ich verheiratet bin und dein Problem bin.", erklärt sie aufgebracht mit Tränen in den Augen. Während er sich ihr näher nimmt er ihr Gesicht in ihre Hände und zwingt sie ihm in die Augen zu sehen.
"Du bist nicht mein Problem. Du bist meine Frau. Und...", Iias Herz beginnt schneller zu schlagen. Nervös wendet er den Blick kurz an bevor er sie überraschend küsst. Amira ist verwirrt aber sie lässt es zu. Sie liebt es ihn zu küssen den es gibt ihr das Gefühl von Sicherheit. Er unterbricht den Kuss und schaut ihr in die dunkelbraunen Augen während er ihre Haare streichelt.
"Ich liebe dich."
Amiras Augen weiten sich. Sie vergisst ihre Schwester und konzentriert sich nur auf Iias und seine Worte. Unfähig zu antworten starrt sie ihn einfach an. Iias lässt ihr Gesicht los und lächelt sie zaghaft an bevor er das Bett verlassen will. In Amir baut sich eine große Angst auf. Sie will ihn nicht verlieren. Ihre Unfähigkeit sich verbal auszudrücken soll nicht Grund für ein Missverständnis sein. Hektisch springt sie aus dem Bett und sucht in ihrem Block eine Seite. Ihre Hände zittern als sie auf ihn zu geht.
"Alles okay?" Iias ist besorgt und vergisst kurz das ihm gerade das Herz gebrochen wurde doch sobald sie aufhört zu blättern und ihn wieder ansieht erinnert er sich an das schmerzhafte Stechen in der Brust.
Immer noch nicht in der Lage ein Wort von sich zu geben drückt sie ihm den geöffneten Block in die Hand. Etwas verwirrt nimmt er ihn entgegen und betrachtet die Bleistifteskizze.
"Oh." Ein simples "oh" ist alles was Amira zu hören bekommt. Ihre Theorie ist das er nicht genau versteht was sie ihm damit sagen will. Sie wird immer nervöser. Noch nie hatte sie dieses Gefühl. Es ist so neu und aufregend aber auch schmerzhaft und kompliziert.
Iias blättert eins weiter und sieht weitere Bilder die dem ersten ähneln. Wieso ist es so schwer seine Gefühle und Gedanken in Worte auszudrücken?
Ohne auch nur ein Wort zu sagen blättert Iias einige Seiten hin und her, begutachtet sie, als würde er versuchen einen tieferen Sinn in den Zeichnungen zu finden. Amira wird immer nervöser. Sie zittert leicht und den kalten Schweiß an ihren Händen wischt sie sich an ihrer roten Short ab. Sie beobachtet Iias in der Hoffnung herauszufinden ob er versteht was sie ihm damit sagen will. Nach 5 Minuten voller Schweigen und Anspannung lässt Iias plötzlich den Block auf den Boden fallen und zieht Amira an den Schultern zu sich um sie leidenschaftlich zu küssen. Er lässt sie nicht mehr los und zieht sie ganz nah zu sich sodass kein Blatt mehr zwischen sie gepasst hätte. Amiras Herz schlägt wie verrückt während ihr Bauch sich anspannt. Sie bekommt kein fast keine Luft und kann sich nur schwer von Iias lösen der scheinbar jede Selbstbeherrschung verloren hat.
Nur ein Blick in seine Augen und Amira versteht was hier passiert. Er will sie.

Über Zwang und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt