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Amira sitzt in der Vorlesung doch ihre Gedanken sind nicht bei der Kunstgeschichte. Gabriel sieht von seinem Skript auf und grinst Amira an aber sie bemerkt es nicht. Amüsiert tippt er Mia auf die Schultern und macht somit auf Amiras Abwesenheit aufmerksam. Diese schmunzelt schief und beginnt in ihren Block zu zeichnen. Gabriel und Mia versuchen sich ihr Grinsen am Ende der Vorlesung zu verkneifen aber Gabriel schafft es nicht den Mund zu halten.
"Heeey, wo warst du grad?", fragt er mit belustigter Stimme.
Amira runzelt die Stirn und antwortet gelassen. "Ich bin neben dir gesessen."
"Ne Ne ich meine mit den Gedanken. So verträumt wie du warst kannst du sicher nicht neben mir gewesen sein außer die Renaissance und du habt eine spezielle Verbindung.", gibt er mit hochgezogenen Augenbrauen zu.
Mia reicht ihr ihren Block und zwinkert ihr dabei verführerisch zu.
Verwirrt sieht Amira sich ihren Block an und wird unwillkürlich rot. Die grobe Skizze zeigt Amira mit verträumten Blick und den Kopf schief auf der Hand gelegt.
Sie schlägt den Block zu und reicht Mia den Block. Mia stupst Gabriel amüsiert an.
"Ich weis schon was passiert ist."
"Ich auch aber ich will es von ihr hören. Ein paar Details wären nett.", fügt Gabriel hinzu.
"Details?", wundert Amira sich,"Geht euch nichts an.", erklärt sie mit einem Grinsen.
Sofort beginnt Mia innerlich zu kreischen und springt zu Amiras Seite um ihren Arm um Amiras Schulter zu legen, was dank Mias kleinen Statur nur schwer glückt.
Gabriel und Mia zerren Amira buchstäblich auf eine kleine Bank im Park vor der Universität und grinsen sie hoffnungsvoll an doch Amira bleibt still und richtet ihr Kopftuch.
"Mhm sie macht auf stur.", stellt Gabriel fest.
"Es ist normal darüber zu reden. Ich hab meinen Freunden auch immer erzählt was bei mir im Bett abging.", gibt Mia frech zu sodass Amira kurz auflacht.
Ihre Wangen färben sich nur beim Gedanken an letzte Nacht rot. Sie atmet schwer aus und drückt die Lippen fest aneinander.

"Boss? Diese Träumerei bringt uns nicht weiter.", wirft das blauhaarige Mädchen ihm vor.
Mely ist mittlerweile Iias persönliche Assistentin. Sie ist sehr talentiert und hartarbeitend aber jetzt nervt sie nur.
Sie legt die Mappe auf den Tisch und setzt sich daneben.
Iias sieht sie eine Zeit lang an bevor er beginnt zu erzählen.
Schwärmerisch legt er den Kopf senkrecht und stützt ihn mit seiner Hand.
"Sie ist so wunderbar.", stellt er fest doch Mia lacht nur auf.
"Ja ja das sind alle Frauen. Ich denke gestern Abend haben sie eine ganz neue Seite von ihrer Frau entdeckt."
Iias grinst nur schief und Mely versteht sofort. Lächelnd stellt sie sich hin und tippt auf die Mappe an seinem Tisch.
"Je schneller sie fertig mit ihrer Arbeit sind umso schneller können Sie zu Amira."
Augenrollend beginnt er die Mappe zu bearbeiten doch seine Gedanken driften wieder zu Amira. Jedoch zwingt er sich konzentriert zu arbeiten da er sonst Millonenschwere Verluste macht.

"Komm schon Amira das interessiert uns nicht. Sag uns wie er war? Wie ist es dazu gekommen? War er zärtlich oder leidenschaftlich? Hast du Schmerzen gehabt?", Mia löchert Amira aufgeregt mit Fragen.
Amira seufzt verträumt.
"Verliebte Mädchen sind komisch.", gibt Gabriel amüsiert zu.
"Es war eine Ansammlung von verschiedenen Gefühlen. Wie soll ich das bloß in Wort fassen Mia? In dem einen Moment war er so zärtlich und hat mich berührt als wäre ich eine Porzellanpuppe und im anderen Moment hat er mich grob gepackt und leidenschaftlich geküsst. Ich bin in ihm untergegangen das ich irgendwann nicht mehr wusste wo mir der Kopf steht. Ich spüre jetzt noch seinen Körper an meinem."
Amira starrt ins Leere während sie versucht ihre Empfindungen in Worte zu fassen. Ihre Mutter hat ihr nie erzählt wie schön es sich anfühlen kann sich einem Menschen hinzugeben. Sie hat ihr nur von den Schmerzen und ihren Pflichten als Frau erzählt. Amira würde lügen wenn sie behaupten würde dass sie keine Schmerzen gespürt hat aber verglichen mit der Lust und Liebe die sie gespürt hat ist das nichts.
"Amira?"
"Vergiss es Mia. Amira ist wieder in ihrer Traumwelt.", stellt Gabriel mit hochgezogener Augenbraue fest.
Plötzlich wird Amira aus ihrem Traum herausgerissen. Buchstäblich. Eine Person zieht sie an ihren Schultern gewaltvoll zu sich doch Mia und Gabriel halten sie fest.
Die fremden Hände an Amiras Schultern lösen sich. Verwirrt dreht sie sich um und sieht in das Gesicht eines blonden Mädchens mit roten Spitzen.
"Kann ich dir helfen?", wundert Amira sich doch das Mädchen bleibt still und starrt Amira von oben bis unten an bevor sie wortlos verschwindet.
"Kennst du sie?", möchte Mia wissen doch Amira schüttelt den Kopf.
"Vielleicht hat sie sich mit der Person vertan und dachte du bist eine andere."
Gabriels Erklärung klingt logisch aber Amira glaubt nicht daran doch sie will nicht nachhaken und lässt es auf sich beruhen.

Amira sitzt im Schneidersitz auf der Couch als sich die Haustür öffnet und Iias sie lächelnd begrüßt.
"Willkommen zurück."
Sie steht auf und geht zu ihrem Mann hin welcher sie mit einem Kuss empfängt.
Obwohl sie so viele Küsse ausgetauscht haben kribbelt es bei Amira immer wieder wenn seine warmen Lippen auf ihre treffen. Schüchtern senkt sie den Blick doch sobald Iias seinen Mantel ausgezogen hat zieht er Amira an der Taille zu sich während er ihr Kinn mit den Fingern hochzieht.
Sein Körper reagiert sofort auf diese Nähe doch er zwingt sich ruhig zu bleiben. Amira erinnert sich an letzte Nacht und wird rot.
Das Telefon klingelt aber Iias hält Amira davon ab anzuheben.
"Anrufbeantworter ist an. Ich will dich jetzt küssen."
Sie legt ihre Arme um seinen Nacken und überlässt ihm erneut die Kontrolle über ihren Körper.
Während es mehrmals klingelt verwandeln sich die vielen, kleinen Küsse in einen langen, intensiven Kuss mit kurzen Atempausen.
Iias dreht Amira sodass er sie gegen die Wand drücken kann und massiert ihren Oberschenkel.
"Amira?", eine weibliche Stimme ertönt aus dem Telefon. Sofort löst sie sich von Iias und geht auf den Hörer zu um abzuheben.
Enttäuscht, wütend und sogar ein wenig verletzt folgt Iias ihr und lässt sich auf die Couch fallen.
"Jasmin?"
"Ah du bist doch da. Was hast du gemacht?"
"Wieso rufst du am Haustelefon an und nicht am Handy?"
"Hab ich aber du hast nicht abgehoben.", wirft Jasmin ihrer Schwester vor.
Genervt schiebt sie sich ihre Haar hinters Ohr und wartet darauf das ihre Schwester weiterredet.
"Amira. Baba will das ich morgen meinen Ehemann treffe. Ich will nicht heiraten. Was glaubst du was für einer zustimmt ein Mädchen zu heiraten das keine Jungfrau mehr ist."
Amira seufzt. Ihr gehen die Geduld und das Mitgefühl aus.
"Jasmin du bist selbst schuld. Ich sage dir nicht du hättest wie ich werden sollen aber du hättest wenigstens deine Jungfräulichkeit bis zur Ehe behalten können. Was soll ich tun?"
In Amiras Brust wird es enger.

Für einen kurzen Moment konnte sie ihre Probleme vergessen. Für einen kurzen Moment war sie ein ganz normales Mädchen das zum ersten Mal mit ihrem Mann ein Gefühl der Intimität genossen hat welche ihr kein andere geben kann. Für einen kurzen Moment. Dieser Moment hielt weniger als 24 Stunden und schon häufen sich die Probleme wieder.

"Du bist meine große Schwester. Ich hab niemanden.", die Stimme am anderen Ende wird schwächer.
Mittlerweile weis Amira nicht ob das gespielt ist oder Jasmin tatsächlich leidet.
"Ich weis. Ich werde morgen dabei sein. Vielleicht kann ich etwas tun."
Jasmin bedankt sich mehrmals bevor sie auflegt.
Iias sieht Amira abwartend in die Augen dich sie schafft es nicht den Blick aufrechtzuerhalten. Iias steht auf und zieht Amira am Nacken zu sich und drückt ihr einen Kuss auf den Mund. Danach lässt er sie sofort wieder los.
"Ich verstehe das deine Familie dir wichtig ist. Aber bitte vergiss nicht das ich auch Teil deiner Familie bin."
Mit diesen Worten geht er ins Schlafzimmer um sich umzuziehen und lässt Amira mit ihren Gedanken alleine.
Toll. Das ist alles was ihr durch den Kopf geht.
Sie möchte nicht das Iias ihr wütend ist. Keiner in ihrer Familie hat ihr je solche Aufmerksamkeit, solche Liebe zukommen lassen wie er.
Amira folgt ihm ins Zimmer und stellt sich ihm gegenüber. Iias zieht ein Shirt an und lächelt sie an.
Sie weis nicht was sie sagen soll. Sich entschuldigen?
Doch sobald sie den Mund aufmacht legt Iias seine Finger auf ihre Lippen.
"Ich bin dir nicht böse. Nur enttäuscht. Das ganze ist neu für dich. Ich verstehe das. Aber bitte versteh auch du das ich ein Mensch bin. Irgendwann wird meine Geduld reißen und wenn das passiert werde ich etwas schlimmeres machen als dir einen Kuss aufzudrängen. Ich bitte dich das du mir dann auch verzeihst."
"Du wirst mir nichts schlimmes antun. Alles was du tust erlaube ich dir. Selbst wenn ich im Moment vielleicht dagegen scheine. Ich werde dir nie das Gefühl geben das du mir weh tust."
Iias sollte sich freuen über diese Worte aber das tut er nicht. Sie versteht immer noch nicht das sie das Recht hat nein zu sagen. Iias hofft inständig das sie es lernt bevor sein Geduldsfaden reißt.

Über Zwang und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt