3 ~ Joana

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Ich fuhr mit dem Finger die Dosen, Tüten, Tiegel und Töpfe im Verkaufsregal entlang und fühlte mich wie im siebten Himmel. Ich liebte es, in exklusive Lebensmittelläden zu gehen, da fühlte ich mich wie zu Hause. Mein Blick wanderte von goldenen Streuselsternen über wundervolle Muffinförmchen bis hin zu Keksdosen und ich musste einfach vor Glück aufseufzen. Leider wurde meine Euphorie von einem anderen Seufzer unterbrochen.

Jade lehnte am Regal und sah mich ziemlich genervt an. «Was denn?», beschwerte ich mich. «Du willst doch zu Weihnachten auch das exklusivste, beste und leckerste Festmahl aller Zeiten haben oder?» Jade runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Ich deutete das als Ja und ging im Geiste meine Einkaufsliste durch.  Mindestens fünf Minuten würde ich in dieser Abteilung schon noch brauchen. Und dann entdeckte ich sie: eine Mischung für goldenes Cupcaketopping! Ich unterfrückte einen Aufschrei, wie toll war...

Jemand tippte mir auf die Schulter. Als ich mich umdrehte sahen mich zwei grosse Rehaugen bewundernd an. «Du bist doch Joana, die mit dem Blog? Ich bin sooo ein grosser Fan von dir, kannst du mir vielleicht ein Autogramm geben? Und ein Foto, sonst glaubt mir meine grosse Schwester das nicht!», sagte ein Mädchen etwa im Grundschulalter zu mir.

«Bist du ganz alleine hier?», fragte ich etwas überrascht. Nicht über den Teil mit dem Autogramm, daran gewöhnte ich mich langsam. Die Kleine nickte und pfriemelte ein rotes Notizbuch und ein Kulli aus ihrem Rucksack.  Ich setzte schwungvoll meine Unterschrift auf die angegebene Seite und verzierte sie mit einem Herzchen.
«Wie heisst du eigentlich?», fragte ich sie.
«Morgan.»
Ich setzte noch ein Für Morgan dazu und gab ihr dann das Buch zurück. Morgans Augen leuchteten als sie schliesslich ein altes Tastenhandy hervorholte und es mir vors Gesicht hielt. «Cheese!», rief sie und ich setzte mein schönstes Lächeln auf. Ich lächelte und hoffte insgeheim, dass man auf dem Bild etwas anderes als Pixel erkennen würde. Morgan bedankte sich überschwänglich und ich wurde sie fast nicht mehr los. Dann dampfte sie doch noch Richtung Süssigkeiten ab. Aha. Dass war ihre Mission!

Zwei Sekunden später bemerkte ich, dass Jade nicht mehr an ihrem Platz stand. Na super. Eigentlich hätte ich sie gerade fragen wollen, ob Onkel Jacob der mit der Nussallergie war oder ob dass doch die Freundin meines Patenonkels war. Obwohl... sie konnte ich eigentlich ausschliessen, da Luke sowieso bis Weihnachten wieder eine neue Flamme haben würde, zu hundert Prozent! Er wechselte seine Herzensdamen so häufig wie andere ihre Unterhosen. Also, wo war ich gewesen? Ach ja, bei Jade. Hoffentlich war alles okay bei ihr... man wusste nie, was sie als nächstes veranstalten würde. Vorsichtig sah ich mich um und seufzte erleichtert auf, als ich kein Desaster im nächsten Umkreis erkennen konnte. Man wusste ja nie. Hatte ich die Story mit dem Motorrad schon erzählt? Falls nicht, dann jetzt: Lion hatte sich ein altes, schlotteriges Motorrad gekauft und wollte Jade zu einer Spritztour mitnehmen. Auf jeden Fall kam sie Lions Aufforderung, sich an ihm festzuhalten nicht nach und....

Ein Scheppern, wie nur Dosen es veranstalten können, klang durch den Laden. Ich ahnte Böses und flitze zu den Konservenwaren. Ja, ich hatte Recht behalten. Jade lag in mitten von Raviolidosen auf den Boden.

Schaschlikspieße und ShakespeareWo Geschichten leben. Entdecke jetzt