5 ~ Joana

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Es knallte. Ich schrie erschrocken auf und liess die Tüte mit den tiefgekühlten Himbeeren fallen. Ängstlich wich ich von der Mikrowelle zurück. «Papa...? Kannst du bitte mal runterkommen und dir die Mikrowelle anschauen?», rief ich nach oben.

«Dad ist nicht da», informierte mich Jade, die gerade die Treppe runterkam.                           «Was!?», rief ich entsetzt und streckte meine Hand nach der Himbeertüte aus. «Und wer soll sich dieses Teil jetzt ansehen? Ich fasse dieses Monstrum nicht mehr an, sonst explodiert es gleich!»

Na wunderbar! Da wollte ich einen Tag vor Heiligabend mein Nachtisch machen, um ihn dann stehen zu lassen und jetzt funktionierte die Mikrowelle nicht! Musste ich jetzt ernsthaft alle Himbeeren unter dem heissen Wasser auftauen?

Das Klackern von Absätzen war auf der Treppe zu hören. Mama knöpfte sich im Runterkommen die Bluse zu und sagte dabei: «Kinder, ich muss gleich los, also bitte stellt die Bude nicht in Brand wenn ich weg bin, ja?» Sie gab mir einen Kuss auf die Wange und drückte Jade kurz. «Das gilt besonders für dich Fräulein, haben wir uns verstanden?» Jade nickte artig und setzte ihrem Hundeblick auf. Mama gab ihr lachend einen Nasenstupser und verliess das Haus.

Ich schüttete die Himbeeren in eine Schüssel ins Waschbecken. Mist, sie sahen genauso aus, wie etwas Gefrorenes auszusehen hat, wenn es auf den Boden knallt.
«Müssen die so zerbröckelt sein?», fragte Jade interessiert nach einem Blick über meine Schulter.

«Jade... bitte geh rauf und mach was aber bleib auf keinen Fall in der Küche, okay?», sagte ich mit gespielt drohendem Unterton. Oder vielleicht doch nicht so gespielt. Was sollte ich jetzt machen? Eine zweite Packung hatte ich nicht auf Lager... Meine Schwester kicherte und liess mich dann in Ruhe. Ich atmete erleichtert auf.

Leider hielt die Stille genau drei Sekunden, dann hatte ich das Gefühl, die Küche würde in die Luft fliegen. Es knallte viel lauter, als ich es von einer Mikrowelle für möglich gehalten hatte. Das einzige was alles übertraf war mein Schrei. Entschlossen riss ich das Kabel aus der Steckdose, torkelte mit diesem verdammt schweren, uralten Teil zur Haustüre und stellte es draussen in den Schnee. So nicht mit mir, kleiner!

Seelenruhig machte ich mich daran meine zermatschten Himbeeren im Wasserbad weiter aufzutauen. Ich musste zugeben, insgeheim freute ich mich darüber, dass dieses alte Ding den Geist aufgegeben hatte und träumte von einer neuen, super-multifunktionellen-high-tech-Mikrowelle. Aber psssst, das blieb unter uns!

Schaschlikspieße und ShakespeareWo Geschichten leben. Entdecke jetzt