15 ~ Joana

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Die ganze Küche roch wie eine Bäckerei. Auf dem Küchentisch stapelten sich zwischen Zuckersäcken und Milchtüten mehrere Bleche mit frischen Cookies. Die Spülmaschine quoll bereits über mit Schüsseln und Schneebesen, aber ich war immer noch nicht zufrieden. Ich wollte das Rezept mit der Geheimzutat haben, um vor Georges Dubois glänzen zu können. Ich wollte ihn beeindrucken, ihm zeigen was ich draufhatte. Ich musste besser sein, als alle anderen.

Der Backofen gab piepsend das Signal fürs Rausholen. Ich öffnete das Türchen und wedelte gegen die warme Luft an. Vorsichtig, um mich nicht zu verbrennen, holte ich das heisse Blech raus. Leider musste ich feststellen, dass es auf dem Küchentisch kein Platz mehr hatte. Küchenablage? Fehlanzeige. Ich entschied mich stattdessen für den Boden. Jetzt durfte ich mich nur nicht rückwärts bewegen, sonst würden mir die frischen Erdbeer-Vanille Plätzchen um die Ohren fliegen.

Langsam bewegte ich mich auf dem verbliebenen Stück Boden in Richtung Tisch. Ich klaubte eines der mittlerweile abgekühlten Wallnusskeksen und brach ein Stückchen ab. Ich nahm einen Bissen, dann einen zweiten. Irgendetwas fehlte, damit man das volle Geschmackserlebnis hatte. Dieses gewisse Etwas, bei dem man sagen konnte, das mag ich. 

Was es war konnte ich nicht mehr rausfinden, weil ich in dem Moment ein hässliches Geräusch hörte.

Dieses Knirschen, dass entsteht, wenn eine Person aus Versehen auf ein Backblech tritt. Ich musste mich gar nicht umdrehen, ich wusste einfach, dass es Jade war.
Es herrschte einen Moment Stille, dann nahm jemand einen tiefen Atemzug.

«Okay. Ja, ich bin gerade in ein Backblech voller frischer Keksen gelaufen. Und ich bereue es spätestens seit dem Moment, seitdem sich Schokolade überall auf meinem Körper verteilt hatte aber... Warum zum Teufel stellt man ein heisses Backblech auf den Boden??»
Natürlich hörte ich die Wut in Jades Stimme. Und natürlich war ich auch ein kleines bisschen empört darüber, wie schnell sie meinen Erdbeere-Vanille Keksen das Leben ausgehaucht (beziehungsweise ausgetrampelt) hatte. Aber ich musste einfach Lachen als ich sie ansah. Am liebsten hätte ich ein Bild von ihr gemacht, mit dem Titel Jade, wie sie leibt und lebt!
«Gib mir lieber mal einen Lappen, anstatt mich auszulachen. Ach ja, die Orange dort drüber könntest u mir auch noch geben. Wegen der habe ich mich eigentlich erst in dein Höllen-Labor gewagt.»
Orange. Das war es. Perfekt! Diese Kombination...
«Hallo? Orange? Lappen?», fragte Jade.
Anstelle einer Antwort strahlte ich sie an. «Du bist ein Genie Jade, hab ich dir das schon mal gesagt? Das ist die perfekte Mischung!» Ich ging auf Jade zu und umarmte sie. Ihr Schokoanstrich war mir in dem Moment egal. Wallnusskekse mit Orangenaroma. Das war die Lösung.
«Und was gewinne ich jetzt? Den Nobelpreis für Tollpatschigkeit?», fragte Jade und wand sich aus meiner Umarmung.
Ich lachte. «Nein, aber den der perfekten Schwester. Auch wenn ich dich dafür abmurksen könnte, dass du meine Küche zerstört hast...» Ich klatschte ihr mit dem Finger etwas Schokolade auf die Nase, «hast du immer noch die besten Einfälle!»

Schaschlikspieße und ShakespeareWo Geschichten leben. Entdecke jetzt