Ich sass auf meinem Bett, die Kopfhörer aufgestetzt und liess mich von der Musik zum Schreiben inspirieren. Mir musste heute dringend noch was einfallen, schliesslich musste ich die Arbeit morgen abgeben. Aber welcher Schüler bekam zu "Feldarbeit im frühen Mittelalter" schon einen Inspirationsschub? Ich auf jeden Fall nicht.
Ich hörte Jo irgendetwas schreien und riss mir die Kopfhörer vom Kopf. «Ist was?», rief ich nach unten und lauschte. Nichts. Dann eben nicht. Ich würde sogar freiwillig Jo beim Kochen helfen, hauptsache dass würde mich von diesem Humbug hier fernhalten. Vielleicht sollte ich mal ne Überschrift schreiben. Ich haute Arbeit auf dem Feld - Frühes Mittelalter in die Tasten meines Laptops. Immerhin zeigte es mir jetzt schon 40 Zeichen an. Ein weiterer Schrei.
«Wahas?», rief ich genervt. Was schrie Jo die ganze Zeit in der Gegend herum? Da stieg mir plötzlich ein unangenehmer Geruch als Antwort in die Nase. Hatte sie was verbrannt? Jo doch nicht. Ich liess meinen Text Text sein und öffnete die Zimmertür. Nein, von unten kam es nicht, man hörte nur meine Schwester fröhlich vor sich hin pfeifen. Schien doch alles buchstäblich im Butter zu sein.
Ich versuchte mich wieder zu konzentrieren, aber der seltsame Duft lenkte mich zu stark ab. Ich riss das Fenster auf - und knallte es in derselben Sekunde wieder zu. «Sag mal gehts noch Jade? Lass deine Wut gefälligst an was anderem aus!», rief es jetzt von unten. Ich antwortete nicht, weil ich erst mal mit husten beschäftigt bin. Welcher Nachbar verpestete eigentlich die frische Winterluft? War denn am 23. Dezember schon Tannenbaumverbrennen oder was? Warum hatte mir das niemand mitgeteilt? Ich wäre doch die perfekte Kandidatin, um daran teilzunehmen.
Ich suchte meine Schwester auf und fragte sie, ob sie draussen was in die Luft gesprengt habe. Jo lachte auf, aber ihr Lachen ging plötzlich in Husten über. Fürsorglich klopfte ich ihr auf den Rücken. «Komm schon, so schlimm riecht es jetzt auch nicht, wir -»
«Die Mikrowelle!», unterbrach sie mich und rannte aus der Küche.
Peinlich berührt stand Joana neben der rauchenden Mikrowelle im Schnee, die Dünste ausstiess, die man verbieten sollte. Und ich? Ich konnte mich nicht mehr einkriegen. Normalerweise wäre das eigentlich mein Part, der mit dem peinlich berührt sein. «Jade, das ist nicht witzig! Sag mir besser, was ich jetzt tun soll!»
Doch ich konnte einfach nicht mehr aufhören, zu lachen. Mein Gesicht glühte und mein Bauch tat mir schon weh. «Da hilft nur noch Schockterapie...!» Jo grinste mich süffisant und ehe ich kapierte, was sie damit meinte, landete ich kopfüber im nassen Schnee und konnte erst mal gar nichts mehr sagen.
DU LIEST GERADE
Schaschlikspieße und Shakespeare
Teen Fiction«Jade?» «Hm?» «Wenn du wählen könntest, ob Jo deine Schwester oder dein Zwilling ist, was würdest du nehmen?» «Wenn ich sehe, was für einen Keil 29 Minuten schon zwischen uns gebracht hat, würde ich mit Jahren nicht klarkommen.» Jade und Joana sind...
