Unsere erste Unterrichtsstunde war Wahrsagen, und ich stellte fest, dass nur sehr wenige Schülerinnen und Schüler an diesem Kurs teilnahmen. Warum eigentlich? Nun, ich selbst fand es sehr interessant, wie man bestimmte Dinge vorhersagen konnte. Es lag aber vor allem daran, dass ich in meiner alten Schule die sympathischste Lehrerin in diesem Fach hatte. Wenn ich allerdings gewusst hätte, dass diese Vorlesung früh morgens stattfindet, hätte ich mich zusammen mit meinem Schlafrhythmus auch dagegen entschieden. Nachdem Professor Trelawny hereingekommen war, stellte sie uns das Thema der heutigen Stunde vor: Traumdeutung.
„Meine Lieben, ich heiße euch herzlich willkommen zu unserer ersten Stunde des Wahrsagens. Die Traumdeutung kann unseren Horizont erweitern, uns Dinge offenbaren, die wir nicht wahrhaben wollen, aber auch Warnungen beinhalten. Hoffentlich hat jeder von euch noch einen Traum in Erinnerung. Ansonsten lauscht den Enthüllungen eurer Mitschülerinnen und Mitschüler. Gut, wer möchte anfangen?"
Natürlich war niemand bereit, dies vor der ganzen Klasse zu erzählen.
„Ich spüre euer Unbehagen. Doch fürchtet euch nicht. Vereinfachen wir das Ganze ein wenig. Ein jeder schreibt seinen Traum so ausführlich wie möglich auf. Anschließend werde ich die Briefe anonym ziehen und interpretieren."
Gesagt, getan. Zum Glück konnte ich mich noch genau an meinen Traum erinnern. Er ergab für mich nicht viel Sinn. Deswegen fühlte ich mich sicher. Die ersten Träume waren schon sehr ereignisreich, meistens ging es um Geld, Liebe oder Verlustängste.
„Kommen wir zum nächsten Traum.", sie räusperte sich und las vor.
„Ich bin mitten in der Wüste. Dort bin ich ganz allein, bis ich auf einem Hügel einen Hund sehe. Er bewegt sich nicht und sieht mich nur an. Als ich näher komme, zeigt er plötzlich seine Zähne und versucht mich anzugreifen. Doch ich kann ihn abwehren. Plötzlich kommt eine Schlange aus dem Gebüsch, beißt zu und umschlingt den Hund. Entsetzt von diesem Bild will ich weglaufen, stolpere aber und falle hin. Als ich mich wieder aufraffe, bemerke ich, dass ich ein Brautkleid trage. Ich schaue nach links und sehe den Teufel. Ich will mich gegen ihn wehren, aber mein Körper ist wie versteinert."
Sie atmete einmal tief durch und begann mit der Analyse: „Vielen Dank für dieses anschauliche und interessante Beispiel. Beginnen wir am Anfang. In der Traumdeutung steht die Wüste grundsätzlich für Einsamkeit und Hilflosigkeit. Es kann sein, dass man sich von seinen geliebten Mitmenschen vernachlässigt fühlt. Wenn ein Hund die Zähne fletscht, ist das meist eine Warnung vor einem bevorstehenden Angriff. Man sollte sich in Acht nehmen, es droht eine Gefahr, die sowohl physisch als auch psychisch belastend sein kann. Eine wahrhaftige Herausforderung. Die Schlange hingegen weist auf eine weitere Gefahr hin. Die Gefahr, verführt zu werden. Seien Sie sehr vorsichtig, mit wem Sie sich einlassen. Jemand führt Böses im Schilde. Wenn wir im Traum stolpern, stoßen wir im wirklichen Leben oft auf Hindernisse. Sie werden es nicht leicht haben. Zu guter Letzt, die Hochzeit mit dem Teufel. Sie symbolisiert die dunklen Seiten Ihres Charakters. Diese zu entdecken kann sehr spannend, aber auch äußerst herausfordernd sein. Wagen Sie es! Das soll für heute reichen. Die Stunde ist beendet. "
Ich musste schwer schlucken. Schlimmer hätte es wirklich nicht kommen können. Vielleicht hatte mein Gefühl mit Blaise recht. Ich brauchte dringend Abstand, um wieder klar denken zu können. Nach dem Unterricht ging ich in die Küche, weil ich einen Riesenhunger hatte. Natürlich kam ich zu spät, denn wir hatten immer nur fünf Minuten Zeit, um die Räume zu wechseln. Ich klopfte vorsichtig an die Tür und wurde hereingebeten.
„Entschuldigen Sie meine Verspätung. Ich habe nicht gefrühstückt. Das musste ich jetzt noch nachholen."
„Schon gut, Miss Slytherin. Jeder hat mal Hunger. Bitte suchen Sie sich noch einen freien Platz."
Ich nickte ihm dankbar zu und sah mich im Raum um. Es war nur noch ein einziger Sitzplatz frei - direkt neben Draco. Deshalb ging ich zu ihm, setzte mich und lächelte ihn an. Er versuchte es auch, aber ich sah, dass hinter seinem Lächeln eine gewisse Traurigkeit steckte. Was war nur mit ihm los?
Plötzlich schob er mir einen kleinen Zettel hin: „Wir müssen reden!"
Ich drehte den Zettel herum und schrieb: „Warum? "
„Wegen Blaise!", flüsterte er.
„Was ist mit Blaise?"
„Nicht jetzt. 16:00 Uhr Verbotener Wald."
Ich nickte und wollte mich wieder auf den Unterricht konzentrieren. Doch meine Gedanken wanderten immer wieder zu Blaise.
Was hatte Draco mir über Blaise zu erzählen? Gab es da vielleicht doch noch eine andere?
War das Ganze nur ein Spiel oder hatte er sich vielleicht doch in mich verliebt? Was verbarg sich hinter der Botschaft meines Traumes? Verdammt.
Verwandlung nahm einfach kein Ende. Zumindest hatten wir als nächstes Kräuterkunde mit den Gryffindors. Professor Sprout erzählte etwas über die Teufelsschlinge. Mein Kopf verabschiedete sich automatisch, da ich den ganzen Mist schon in Amerika gelernt hatte. Ich war tief in Gedanken versunken, als Marlin mich anstupste.
„Hey, ich habe gehört, dass du mit Blaise zusammen bist. Wieso auf einmal?" - „Was? Nein, es war so..."
Ich konnte nicht weitersprechen, weil die ganze Klasse und Professor Sprout uns anstarrten.
Anscheinend waren wir doch etwas laut gewesen. Normalerweise hätte ich einfach weitergesprochen und es hätte mich nicht im geringsten interessiert. Da meine Eltern aber meinten, ich solle mich benehmen, versuchte ich es, vorerst so gut ich konnte. So ließ ich den Kopf hängen, biss mir auf die Zunge und versuchte, meine Arroganz im Zaum zu halten. Als Professor Sprout endlich abgelenkt war, teilte mir Marlin mit, dass wir uns am besten um 18:00 Uhr bei ihr im Aufenthaltsraum treffen sollten, um das Ganze zu besprechen. Obwohl es eigentlich nicht erlaubt war, gab sie mir das Passwort. Es war absolut komplex und ich bezweifelte, dass mein Spatzenhirn es sich bis heute Abend merken würde. Nachdem die Stunde endlich vorbei war, dauerte es nicht mehr lange bis zu meinem Meet & Greet mit Draco.
„Das wurde aber auch Zeit, Slytherin. Mit der Pünktlichkeit hast du es nicht so."
Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Hier war er wieder, der vor Arroganz strotzende, schlecht gelaunte Draco.
„Hm, ich dachte, du würdest mich inzwischen besser kennen und eine gewisse Unpünktlichkeit voraussetzen."
„Das hättest du wohl gerne."
„Glaub mir, eine gewisse Distanz zwischen uns ist genau das was ich will."
„Nun, dann wirst du das Folgende nicht besonders mögen."
Er nahm seinen Besen hoch und deutete darauf.
„Wofür genau brauchst du jetzt deinen Besen? Soll ich dir Nachhilfe in Quidditch geben?"
„Wohl eher andersherum, aber nein. Ich möchte ungestört mit dir reden. Der Ort meiner Wahl ist etwas abseits von hier."
„Wenn du denkst, dass ich mit dir dorthin komme, muss ich dich enttäuschen. Der Ort meiner Wahl ist immer mindestens drei Meter von dir entfernt."
„Gut, wie du willst. Ich habe Informationen über deinen Geliebten, komm mit oder lass es bleiben."
Ich verabscheute es, so in die Ecke gedrängt zu werden. Da ich keine andere Wahl hatte, willigte ich mit zusammengebissenen Zähnen ein: „Schön, Malfoy."
Zusammen saßen wir nun dicht an dicht auf dem Besen und ich spürte seinen Atem in meinem Nacken. Obwohl ich immer noch vor Wut kochte, beschleunigte sich mein Puls durch seine Berührung. Natürlich hatte ich keine Kontrolle und wenn ich gewusst hätte, wie Draco flog, dann hätte ich auf seine so wertvollen Informationen über Blaise verzichtet. Er vollführte einen Slalom und riesige Loopings. Alles sicher nur, um mich noch mehr zu ärgern. Doch ich wusste, dass er sehr gut fliegen konnte und ließ es still über mich ergehen. Plötzlich setzte er zur Landung auf einem Baum an. Ich schloss die Augen und machte mich auf einen harten Aufprall gefasst, doch stattdessen flogen wir durch den Baum hindurch und landeten auf der Terrasse eines Baumhauses. An dieser Stelle an ein Kinderbaumhaus zu denken, war allerdings eine völlige Fehlinterpretation. Es könnte eine ganze Wohnung sein mit der Einrichtung, die ich schon von außen durch die großen Fenster sehen konnte.
„Gefällt dir, was du siehst?", fragte mich Draco mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Ich muss zugeben, ich bin positiv überrascht. Wer hat das gebaut?"
„Blaise und ich haben in unserem ersten Jahr beschlossen, dass wir einen Ort abseits der Schule brauchen. Mit Magie und genug Geld ist alles möglich."
„So viel Kreativität hätte ich euch beiden gar nicht zugetraut."
„Es ist schön zu sehen, dass dich meine dunkle Seele noch überraschen kann."
Ohne weitere Worte ging er durch die Haustür und ich folgte ihm. Von innen war es noch atemberaubender, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich war mir sicher, dass es professionelle Hilfe bei der Einrichtung gab. Alles war viel zu gemütlich. Am Eingang gab es eine Miniküche. Unmittelbar rechts neben der Eingangstür standen ein gemütliches Sofa und ein Kamin. Durch die unförmige Bauweise des Hauses konnte man alles über kleine Gänge erreichen. Es gab noch ein kleines Bibliothekszimmer, ein Schlafzimmer und das schönste Badezimmer, das ich je gesehen hatte.Da ich Draco nicht allzu direkt zeigen wollte, wie schön ich es hier fand, drehte ich mich nach der kleinen Erkundungstour abrupt um und fragte: „So, kommen wir zur Sache. Was ist mit Blaise?" - „Tz, direkt auf den Punkt, hm? Ich hatte gehofft, dich mit diesem atemberaubenden Ambiente etwas ablenken zu können."
„Tut mir leid, aber ich bin etwas intelligenter als die üblichen Dummchen, die du sonst mitbringst."
„Außer mir und Blaise bist du die Einzige, die von diesem Ort weiß. Er ist magisch vor allen anderen versiegelt. Lass es mich nicht bereuen, dich eingeweiht zu haben."
„DRACO! Lenk nicht ab und sag mir, was los ist!"
Er überlegte einen Moment und erwiderte dann: „Also gut. Letztes Jahr war Blaise unsterblich in Victoria Shames verliebt. Sie ist eine Freundin von Parkinson. Doch Victoria ließ ihn nicht an sich heran und wollte einen Beweis von ihm, dass er nur ihr gehörte. Das Grundproblem war, dass er noch nie eine ernsthafte Beziehung geführt hatte, und das machte ihn für sie unattraktiv. Er erzählte mir, dass er Victoria geschworen hatte, auf sie zu warten und ihr zu beweisen, dass er in Zukunft nur ernste Absichten haben würde. Allerdings wusste die gesamte Schule von dieser Abmachung und Blaise verzweifelte, bis..."
„Bis ich auftauchte, die Neue. Ich verstehe nicht ganz, was es ihm bringen sollte, mit einer anderen zusammen zu sein. Warum sollte das ihre Meinung ändern?"
„Shames ist verrückt. Du wirst schon sehen."
„Ach komm, willst du mir erzählen, dass sie jetzt so eifersüchtig ist, dass sie versuchen wird, ihn mir auszuspannen?! Das ist doch krank!"
Er antwortete nicht, zog nur die Augenbrauen hoch und holte eine Flasche Feuerwhiskey aus dem Kühlschrank.
„Diese Schule macht mich noch zum Alkoholiker..."
Im Laufe des Abends tauschten wir uns über verschiedene Themen aus und ich war überrascht, dass man auch ganz normal mit ihm reden konnte. Wir erzählten uns viel aus unserer Kindheit und mussten oft laut lachen, was sicher auch am Alkohol lag. Irgendwann waren wir so betrunken, dass wir gemeinsam nur in Unterwäsche in ein Schaumbad gingen. Wir saßen uns gegenüber, aber keiner sagte ein Wort. Mein Kopf dröhnte vom Alkohol und es tat einfach gut, sich zu entspannen und die Aussicht zu genießen. Die Zeit verging wie im Flug und ehe ich mich versah, war es schon Mitternacht.
Verdammt! In diesem Moment fiel mir ein, dass ich eigentlich um sechs mit Marlin verabredet war.
„Oh nein!", stammelte ich vor mich hin.
„Stimmt was nicht, Slytherin?"
„Ich war heute noch mit Marlin verabredet, aber das hat sich jetzt wohl erledigt."
Er nickte und warf mir plötzlich einen Schokofrosch ins Gesicht.
„Draco Malfoy. Ich warne dich, mach das noch einmal und ich zeige dir die wahre Macht Slytherins."
„Mach schon!" und prompt hatte ich den nächsten im Gesicht. Aus der Schüssel mit den Snacks nahm ich mir Druhbels besten Blaskaugummi und machte mehrere Blasen, die in riesigen Größen durch den Raum flogen. Ich streckte mich, um eine zu ergreifen und schleuderte sie auf Draco. Keine Sekunde später war sein ganzer Oberkörper damit bedeckt und er konnte überhaupt nichts mehr sehen. Ich hatte schon Bauchschmerzen vor Lachen, aber das war auch meine Schwäche. Genau dadurch war ich nämlich abgelenkt und sah den nächsten Kaugummi in meinem Gesicht nicht kommen. Er wischte mir den Kaugummi aus dem Gesicht und lächelte mich an.
„Glücklicherweise sind wir bereits am richtigen Ort, um das Chaos zu beseitigen."
„Mh, super!"
Nachdem wir uns beide das klebrige Zeug abgewaschen und unsere Klamotten wieder angezogen hatten, war es Zeit, nach Hause zu fliegen. So kehrten wir auf die Terrasse des Baumhauses zurück. Er nahm den Besen und wir flogen zurück. Im Gemeinschaftsraum angekommen, saß plötzlich Blaise auf dem Sofa und schien auf jemanden zu warten. Er sah uns an und Wut war überhaupt kein Ausdruck für diesen Blick.
„Bei Merlins Bart, wo seid ihr gewesen?!"
Ich sah, dass Draco etwas erwidern wollte, doch ich stellte mich vor ihn und richtete mich an Blaise: „Lass gut sein, Blaisilein. Nichts, worüber du dir Sorgen machen musst."
Jetzt wandte ich seine eigenen Worte gegen ihn. Ich drückte ihm noch einen Kuss auf die Lippen und ging die Treppe zum Mädchenschlafsaal hinunter. Ich hörte noch, wie die beiden sich stritten, aber ich hatte jetzt keine Lust, mich damit zu beschäftigen. Das Karussell in meinem Kopf reichte mir erst einmal.
DU LIEST GERADE
Eleanor Slytherin [Draco Malfoy FF]
FanfictionDer Name Slytherin genießt in der magischen Welt zweifelsohne einen gewissen Bekanntheitsgrad. Allerdings stellt dies mitunter eine Herausforderung dar. Eleanor steht vor der Herausforderung, dass dunkle Mächte ihr Leben bestimmen und ihr ein norm...