die Geburt

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Schon wieder durchfuhr mich ein stechender Schmerz. Vor fast einer Stunde war meine Fruchtblase geplatzt. Vor drei Wochen waren wir wieder zurück in den Palast und Regierungssitz zurückgekehrt, sodass ich das Kind in gewohnter Umgebung zur Welt bringen konnte. Andrè wuselte um mich herum, während meine Hebamme die ganze Zeit panisch rief:"Atmen Prinzessin. Atmen." Jonas stand an der Tür und bewachte mich. Jeder viertel Stunde kam ein Diener um nachzufragen wie es lief.

Und wieder wurde ich von einem unerträglichen Krampf erfasst, der sich durch meinen ganzen Körper zog. Aber ich redete mir ein, dass mit jedem Krampf die Geburt näher rückte und ich es bald hinter mir hatte. Wieder kam ein Diener rein:"Ich soll fragen, wie es der Prinzessin geht." Ich starrte ihn entnervt an dann fauchte ich:"Sie wollen wissen wie es mir geht? Mir geht es beschissen. Ich habe höllische Schmerzen und versuche gerade ein Kind zur Welt zu bringen und wenn noch einer kommt und fragt wie es mir geht dann werde ich ihn mit meinem eigenen Händen umbringen."
"Soll ich das dem König so ausrichten?" "Ich hoffe sie haben ein gutes Gedächtnis. Sagen Sie es ihm genau so."
Der Diener drehte sich um und verschwand. "Tsss, so verhält sich aber keine Prinzessin." Ich schaute Jonas aggressiv an. "Ich habe gerade wichtigeres zu tun, als mich um Etikette zu kümmern. Und jetzt komm her. Ich brauche Jemanden dessen Hand ich zerquetschen kann und den ich schlagen kann falls es weh tut."

14 Stunden später

"Ahhhhh" Seufzend ließ ich Jonas Hand los. Ich hatte es geschafft. Die Hebamme hielt meine kleine Tochter in den Händen. Erschöpft ließ ich meinen Kopf auf das Bett sacken.
Ich war gerade Mutter geworden. Behutsam legte meine Hebamme mir meine Tochter in den Arm. Sie war wunderschön. Sie hatte genau die selben blauen Augen wie ich. "Hast du schon einen Namen?" Fragte Jonas.

"Yong wollte, dass ihr erster Name chinesisch ist. Deshalb soll sie Liu heißen. Die anderen Namen soll ich mir selber aussuchen. Ich dachte Liu Maria Christine." "Das klingt doch gut. Also die letzten Beiden sind schön nur der chinesische nicht." "Ich kann nichts dran ändern. Sie ist nunmal Prinzessin von China." Die Hebamme nahm Liu aus meinem Arm und legte sie auf die Wage. Dann wurde sie gemessen. Währenddessen musste ich mich zusammen reißen nicht einzuschlafen. Ich sollte Liu vorher nochmal stillen. Jonas strich mir Sachte über die Stirn. "Ich weiß nicht ob ich meine andere Hand jemals wieder benutzen kann. Du hast sie ziemlich übel zerquetscht." Ich lachte.

"Ey" Jonas schlug mir leicht gegen den Arm "Das ist nicht zum lachen. Das tat wirklich weh." "Was bist du denn für ein Waschlappen? Ich habe 14 Stunden lang in den Wehen gelegen und mache nicht so ein Theater." Ich lachte und Jonas stimmte mit ein.

1 Tag später

Ein letztes Mal blickte ich zurück zum Schloss. Immer noch weinte ich. Ich lag in Jonas Armen, während er versuchte mich zu trösten. Friedrich hatte mir zu verstehen gegeben, dass es sein könnte, dass ich ihn nie wieder sehen werde. Friedrich würde sofort mit seinem Plan beginnen. Sobald der Kaiser davon erfahren würde, würde es Krieg geben. Friedrich war noch nie so nett gewesen und eigentlich wollte ich viel mehr Zeit mit meinen Geschwistern verbringen. Ich war erst 16. Fast 17 und ich hatte nie wirklich Liebe erfahren. Mein Leben lang wurde ich von Erziehern und Hofdamen dazu gebracht gefühlskalt zu werden und genau das waren sie auch. Emotionslos. Meine Eltern sah ich selten und wenn dann schrieb die Etikette jede Bewegung vor, so das kein Platz für Zärtlichkeiten oder elterliche Fürsorge blieb. War es so abwegig, dass ich mich nach Liebe sehnte, dass ich so viel Zeit, wie möglich mit den Menschen verbringen wollte, die mir diese Liebe schenkten.
Immer weiter entfernte sich die Kutsche von dem Palast und mit jedem Milimeter fühlte sich mein Körper leerer an. Die Kleine lag in Tücher gewickelt gegenüber von uns und schlief. Ich überlegte, ob meine Tochter auch in einer so ungerechten Welt aufwachsen musste oder ob Friedrich es schaffen könnte, dass sie wenn es soweit ist einen Mann heiraten kann der sie wirklich liebt.

Wieder schluchzte ich. Jonas drückte mich noch näher an sich. Ich spürte seine harten Muskeln. Es war anders als mit Yong. Bei Jonas fühlte ich mich sicher und verstanden. Auch wenn Yong mir fast alles durchgehen ließ, änderte das nichts daran, dass ich manchmal auch gerne seine wahre Meinung hören.

Aus dem Tagebuch einer PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt