die Flucht

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Als wie am Palast ankamen, war es schon sechs Uhr nachmittags. Ich hoffte einfach, dass Yong beschäftigt wäre und ich direkt zu Liu gehen konnte. Ich hatte sie wirklich sehr vermisst. Sie war einer der einzigen Gründe warum ich überhaupt noch in China war. Schnell lief ich durch die Gänge. Als ich endlich das richtige Zimmer gefunden hatte. Riss ich die Türen auf. Doch zu meiner Überraschung war kein Kindermädchen bei Liu, sondern Yong. "Louise, meine Liebe. Ihr seid ja schon zurück. Ihr wurdet erst für Morgen angekündigt." "Ja es ging doch schneller, als gedacht." Langsam ging ich auf ihn zu und nahm Liu in meinen Arm. "Mein kleiner Sonnenschein." Flüsterte ich in ihr Ohr. Dann schaute ich in ihre Augen und plötzlich wurde alles um mich herum unwichtig. Dieses kleine Wesen gab meinem Leben eine Motivation. Vielleicht auch einen Sinn. Aber auf jeden Fall war sie der Grund warum ich für die Freiheit und Moderne kämpfte. In Wirklichkeit kämpfte ich nicht für mich, sondern für die nachfolgenden Generationen. Damit meine Tochter in einer besseren Welt groß wurde.

"Wow. Ich wünschte du würdest mich einmal so ansehen." Sagte Yong. "Wie meinst du das?" "So hast du mich noch nie angeschaut. So voller Liebe, so intensiv. Ich dachte immer du würdest mich lieben. Nicht im Sinne einer Kaiserin, sondern wirklich. Aber das tust du nicht. Das hast du nie getan." "Yong, das stimmt nicht. Ich empfinde Liebe für dich." "Nein, das hast du nie getan und das wirst du auch nicht. Du siehst es als Pflicht so zu tun, als wäre es so, aber das muss du nicht. Ich werde dich immer lieben und es macht mich glücklich, dass du unsere Tochter so sehr liebst. Das zeigt mir, dass du wenigsten einen kleinen Teil von mir liebst." "Yong...ich.." "Nein, du musst dich nicht rechtfertigen. Du warst immer für mich da. Und ich weiß, dass egal was mir passieren wird, du immer für unsere Kinder da sein wirst." Sachte strich er über meinen Bauch. Dann drückte er sachte seine Lippen auf meine und verließ den Raum.

Irgendwie tat es mir jetzt noch viel mehr weh, das alles heute hinter mir zulassen. Schon heute Nacht würden wie zurück nach Germania fahren. Eigentlich dachte ich, dass ich bereit dazu wäre, aber anscheinend hatte ich mich da getäuscht. Trotzdem wusste ich, dass es kein Zurück mehr gab. Ich musste nichtmal etwas tun, außer mich schlafen zulegen. Jonas würde alles organisieren und ich musste mich praktisch nur in die Kutsche setzen. Monatelang hatte ich von diesem Tag geträumt und jetzt, wo er endlich da war, wollte ich einen Rückzieher machen. Das kam ganz sicher nicht in die Tüte. Behutsam legte ich Liu wieder in ihr Bett. Heute Nacht komme ich dich abholen und dann fahren wir nach Hause. Ich ging in mein Schlafzimmer und legte mich hin. Ich hatte schnell alles vorbereitet. Mein Reisekleid lag bereit. Und meine Sachen waren gepackt. Ich legte mich einfach hin und wartete, dass Jonas mich wecken würde...

"Louise, es geht los." Zuerst wüsste ich nicht genau was los war, doch als ich bemerkte, dass unsere Flucht los ging, schoss mir das Adrenalin durch den Körper und ich war sofort hell wach. Es war überhaupt ein Wunder, dass ich es geschafft hatte zu schlafen. Schnell sprang ich aus dem Bett. Ich versuchte mein Kleid anzuziehen, was durch meine zitternden Hände deutlich erschwert wurde. Doch schließlich hatte ich es geschafft. Schnell lief ich durch den Palast. Ein letztes Mal. Nie wieder würde ich hierher zurückkehren. Es war vorbei. Offiziell war ich Kaiserin. Ein Titel für den soviele Prinzessinnen getötet hätten und ich...ich hatte das nie gewollt. Ich war nie wirklich Kaiserin gewesen. Ich war immer Prinzessin von Germania geblieben. Wir sind das, was wir lieben. Endlich würde Liu ihre wahre Heimat kennenlernen und ich würde meinen Sohn in Germania gebären. Ohne chinesischen Namen, ohne den Titel "Kronprinz von China". Er würde ein Prinz Germanias werden.

Endlich kam ich am Hinterhof an. Sieben Kutschen standen bereit. Wir hatten nicht nur Lebensmittel und persönliche Sachen mitgenommen, sondern auch kleine Schätze und wichtige Dokumente. Jonas saß schon mit Liu in der Kutsche. Er lächelte mir zu. Schnell stieg ich zu ihm ein. Die Türe wurde geschlossen und kurze Zeit später setzten sich die Kutschen in Bewegung.

Nun waren schon fast 9 Tage vergangen. Bald würden wir an die Grenze stoßen. Wir durften nicht von China nach Germania. Als Kaiserin kam ich zwar ins Ausland, leider aber nicht nach Germania. Deshalb mussten wir einen Umweg nehmen. Über Spanien ging nicht, da diese Verbündete von Germania waren und ich in erster Linie Kaiserin von China, deshalb mussten wir über Rom. Der Plan war gut. An der Grenze zu Rom, würden uns dann germanische Soldaten helfen, die Grenzen zu überqueren. Endlich erreichten wir die Grenze zu Rom. Die Soldaten schauten nichtmal in die Kutschen, sondern ließen uns so passieren. Wahrscheinlich wegen des Kaiserlichen Siegels.

-überarbeitet-

Aus dem Tagebuch einer PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt