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SIX

Die sanfte Stimme, die durch meine Kopfhörer in meine Ohren gelangte, ließ Gänsehaut über meinen Rücken laufen und ich konnte mir in diesem Moment nichts Schöneres, als diesen beruhigenden Klängen zuzuhören, vorstellen.

Jedoch wissen wir alle, dass alles Schöne ein Ende hat, weswegen ich wiederwillig den Regler hochschob und in das Mikro vor mir sprach:" Das ist genug! Wir sind endlich fertig!"

Ich sah wie Jungkook, der auf der anderen Seite der durchsichtigen Wand stand, mir zunickte und seine Kopfhörer auszog, um sie auf einen dafür extra her vorgesehenen Ständer zuhängen. Danach bewegte er sich Richtung schmale Tür zu und als er diese öffnete drückte ich auf ein paar weitere Knöpfe und in dem kleinen Aufnahmestudio, indem er gerade eben noch in ein Mikro gesungen hat, wurde alles dunkel.

„Wir sind endlich fertig!", wiederholte ich die Worte, die ich schon zuvor gesagt hatte wieder, als der schwarzhaarige Junge, der fast einen Kopf größer als ich war, vor mir stand und nickte.

Es war nicht viel. Das wussten wir beide. Ein Lied, von einem ganzen Album fertig aufzunehmen war eigentlich gar nichts, doch es war ein Anfang und damit auch ein unausgesprochenes Versprechen. Wir würden solange daran arbeiten, bis das letzte Lied auf die CD gebrannt werden konnte.

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„Wir sehen uns morgen wieder?", fragte mich Jungkook, als wir am Ende des Ganges angekommen waren und er wieder in das Tanzstudio gehen musste, während ich nach Hause gehen konnte.

„Ja, du bist nach Taehyung dran", antwortete ich ihm und ging in meinem Kopf den Plan, den ich mir gestern Abend zusammengestellt hatte, durch.

„Jedoch müssen wir nicht viel aufnehmen", sagte ich schnell, als sich ein müder Ausdruck auf seinem Gesicht ausbreitete und ich dachte an Yoongi und wie oft ich das gleiche Stirnrunzeln die letzten zwei Wochen, in denen wir an den Songs gearbeitet hatten, bei ihm gesehen habe.

Sie waren müde, erinnerte ich mich, ihr Comeback ist in einem Monat und sie kriegen kaum Schlaf.

„Okay", erwiderte der jüngere und ich sah, dass er noch immer keinen Gefallen daran fand sich morgen für mindestens eine Stunde in den engen Raum zu stellen und auf meine Anweisungen zu hören, auch als ich ihn versuchte aufzuheitern.

„Weißt du was?", fragte ich schließlich, als er gerade dabei war sich von mir zu wenden. „Ich geh kurz rüber und hole was für uns alle zu essen! Soohyun wird sicher nichts dagegen haben."

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Etwas erschöpft ließ ich mich und die ganzen Tüten, die ich hierhergetragen hatte, auf den Boden fallen und gähnte.

„Hey! Wir sind hier diejenigen, die den ganzen Tag getanzt haben!", beschwerte sich Jimin. „Du hast nur diese Tüten eine Straße rauf getragen und bist jetzt schon müde?" Ich sah wie er -genauso wie alle anderen- sich um mich herum hinsetzen und hungrig auf das Essen starten.

„Du meinst die Tüten die ich mit meinem Geld bezahlt habe. Ich würde aufpassen was du sagst Park Jimin, sonst bleibst du heute noch mit leeren Magen!" Ich versuchte eine halbwegs ernste Miene aufzusetzen, doch als Taehyung anfing hysterisch zu lachen musste ich schließlich auch grinsen und verteilte die ganzen Boxen chinesisches Essen fair unter uns auf.

Die Stille, in der jeder beschäftigt war so viel wie möglich in sich hinein zustopfen dauerte nicht lange an, denn Jungkook und Hoseok fingen an sich um die letzte Schachtel Glasnudeln zu streiten und Jin versuchte es fair unter ihnen zu verteilen. Da das natürlich nicht half streckte Yoongi seine Hand nach der Verpackung aus und schnappte sie sich ohne dem darauffolgendem Gejammer zuzuhören.

„Ihr habt euch gestritten, ich habe das Problem gelöst", sagte er knapp, während seine Hände beschäftigt waren Nudeln auf das Essstäbchen aufzuwickeln.

Ich beobachtete erstaunt wie sich damit alle zufrieden gaben und ihrem eigenen Kram nachgingen, doch konnte Jungkooks Schmollen nicht ignorieren, weswegen ich ihm meine Box reichte. „Ich bin satt", verkündigte ich leise und wechselte meine Position in den Schneidersitz.

„Du musst ihm nichts von dir abgeben", sagte Yoongi, doch schaute nicht von seinem Essen ab. „Nur weil er diese Welpenaugen macht, heißt das noch lange nicht, dass er so unschuldig ist wie er tut." Seine Schultern zuckten nach oben und er machte einen gequälten Eindruck.

Das war etwas das ich die letzten Tage, in denen wir zusammengearbeitet hatten, nicht verstanden habe. Er verhielt sich sehr zurückgezogen mir gegenüber. Seine Launen konnten sich von einen auf den anderen Moment umstimmen und ich hatte keine Ahnung woran das liegen konnte.

„Keine Sorge", versicherte ich ihm und versuchte seine Stimmung aufzulockern. „Der Blick zieht bei mir nicht"

Als er daraufhin aufblickte sah ich seine Augen strahlen.

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Mit der Zeit packten alle nacheinander ihre Sachen zusammen und hauten ab. Da Jin und Soohyun die einzigen waren die Auto fahren konnten und es spät am Abend war und sich wahrscheinlich niemand anders mehr im Gebäude befand, fuhren Jin, Namjoon, Taehyung und Jimin vor, während Jungkook, Hoseok, Yoongi, Soohyun und ich noch hier waren.

Es war eigentlich kein langer Weg von hier bis zu meiner kleinen Wohnung, doch ich entschied noch etwas hierzubleiben und den grünhaarigen Jungen, der ein paar Zentimeter vor mir lag zu beobachten.

Das war etwas, dass sich die letzten Wochen so entwickelt hat.

Es waren unauffällige Momente gewesen. Wenn er dabei war Texte nochmal durchzugehen und seine Augen an den Zeilen, die mit Tinte gefüllt waren, gehangen haben.

Oder wenn er in seinem Laptop einen passenden Rhythmus gesucht hat und seine Hand auf die Tischplatte nicht existierende Muster zeichnete, doch ich hatte immer genug Zeit sein friedliches Gesicht zu beobachten.

Die Sache war, dass er wusste was ich tat. Er wusste genau, dass ich ihn Minuten lang mustern konnte ohne meine Augen von ihm zu nehmen, doch ihm schien es nichts auszumachen.

Genauso wie jetzt.

Er lag flach auf seinem Rücken. Seine Hände links und rechts vom Körper gestreckt, obwohl die Linke auf seiner Stirn ruhte. Seine Haare hingen über seinen geschlossenen Liedern und er summte eine leise Melodie vor sich hin.

Auch jetzt war ich mir sicher, dass er wusste, dass ich ihn betrachtete.

Und dieses komische Gefühl in meinem Magen ließ mich nicht los.

„Yah MiRae!", durchbrach eine laute Stimme die Stille, die eben noch so schön in der Luft lag. „Sollen wir dich nach Hause fahren?"

Jin, der wieder hierhergekommen war legte seinen Kopf schief und ich nahm an, dass er hier war um die anderen zu holen. „Nein", winkte ich ab, „Ich muss nur ein paar Blocks laufen!" Meine Hände machten eine wegwerfende Bewegung und ich hievte mich hoch.

„Du solltest aber nicht alleine laufen", sagte er, während die anderen sich abfahrtbereit machten. Er versuchte eine Lösung für das 'Problem' zu finden und als ich gerade dabei war zusagen, dass ich sehr wohl in der Lage war ein paar Schritte alleine zu machen, mischte sich Yoongi, der noch immer friedlich auf dem Boden lag, ein.

„Ich begleite sie"

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P.S: Schaut euch das wunderschöne Bild an :)

rainy days | m.ygWo Geschichten leben. Entdecke jetzt