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SEVENTEEN


Es war das erste Mal seit langem, indem ich froh war, dass es nicht regnete.

Die Kälte; der zischende Wind, der um meine Beine wehte, war zwar noch immer vorhanden, doch das störte mich nicht in geringster Weise, denn es fielen keine Wassertropfen vom Himmel.

„An was denkst du gerade?"

Mir fiel die Frage, die ich vor ein paar Minuten gestellt bekommen habe wieder ein und ich senkte meinen Kopf zu Boden, etwas verwirrt warum ich noch keine Antwort gegeben habe.

Vielleicht wegen der Wärme, die trotz des kalten Wetters durch meinen Körper fließ und meine Wangen nicht so blass aussehen ließ.

Wahrscheinlich nicht nur vielleicht; es hatte sicher etwas mit der großen Hand, die meine eigene umschloss, zutun.

„Regen", murmelte ich leise.

Zwar wusste ich nicht genau, ob er noch immer eine Antwort erwartete, schließlich hatte ich solange gebraucht, doch als ich ihn das nächste Mal anblickte sah ich, wie sich seine Augenbrauen zusammenzogen und seine weichen Lippen ein kleines ‚o' formten.

„Ich bin froh, dass es nicht regnet", erklärte ich genauer, während ich beobachtete, wie sich seine Gesichtsmuskeln wieder entspannten und stattdessen einen zufriedenen Ausdruck annahmen.

Es faszinierte mich immer wieder aufs Neue, egal wie viel Zeit ich mit ihm verbrachte.

In ihm steckten so viele Gefühle und Emotionen, Gedanken und Überlegungen und ich wusste trotzdem nie genau an was er dachte oder fühlte.

Mit anderen Personen war es viel einfacher.

Wenn Jungkook sich durch die Haare fuhr, nachdem ihm jemand eine Frage gestellt hatte, wusste ich sofort, dass er nachdachte.

Wenn Hoseoks Mundwinkel sich nach unten zogen, wusste ich sofort, dass ihn etwas plagte und er darüber reden wollte.

Und wenn Namjoon ein tiefes Seufzen von sich gab, wusste ich genau, dass etwas anders als geplant lief.

Doch bei Yoongi war es anders.

Seine Augen konnten was anderes aussagen, als an was er dachte.

So viele verschiedene Dinge gingen ihm durch den Kopf, dass ich manchmal das Gefühl hatte, dass er selber nicht genau wusste, was er damit anfangen soll.

„Du hast Angst vor Donner", stellte Yoongi mit klarer Stimme fest und es überraschte mich, dass er sich daran erinnern konnte.

Wieder mal ein Beweis dafür, wie viel er nachdachte.

„Das hat jedoch nichts mit dem Regen zu tun", sagte ich ganz sanft auf meine vorherige Antwort bezogen. Meine Augen wanderten von seinem Gesicht zu dem wunderschönen Ausblick, der sich mir bot.

„Ich mag Regen. Ich finde er hat etwas Magisches an sich, wenn man alleine in einem Zimmer sitzt und zuhört, wie er an die Fensterscheiben prasselt. Jedoch bin ich froh, dass es jetzt nicht regnet, sonst könnten wir hier gar nicht sitzen."

Ich spürte, wie er unsere verschränkten Finger in seinen Schoß legte und musste lächeln.

„Du hast recht. Ich würde nicht gerne auf einer nassen Bank sitzen"

Wegen seiner lächerlichen Anmerkung musste ich nur noch mehr lachen und ich wand mein Gesicht wieder zu ihm, um zu sehen, wie er seinen Kopf in den Nacken gelegt hatte und in den Himmel starrte.

Ich beobachtete, wie sich die Sonne, die leicht strahlte, auf seinen Wangen spiegelte und seine Haut glänzen ließ.

Zwar wusste ich nicht genau, was das zwischen uns war.

Es war ihm nicht erlaubt zu daten oder irgendetwas zu machen, was dem nahe kam. Trotzdem unternahmen wir diese ganzen Dinge zu zweit und mit den anderen, wie zum Beispiel heute.

Ich wusste wirklich nicht, was das hier war, doch ich brauchte gar keine Antwort, wenn ich so wie jetzt neben ihm sein durfte.

„Warum hast du Angst vor Donner?" Seine Stimme schien in meinen Ohren zu vibrieren und ich spürte die Gänsehaut, die sich auf meinen Armen bildete.

„Ich weiß nicht", murmelte ich leise. Meine Gedanken suchten den Moment an dem alles angefangen hatte, doch ich wurde nur mit blassen Erinnerungen und Regen konfrontiert.

„Meine Eltern sind an einem Tag an dem es gewittert hat gestorben", antwortete ich schließlich.

Yoongis Hand verkrampfte sich sofort um meine eigene und ich nahm wahr, wie er seinen Blick vom Himmel abwand und sich ein so quälender Ausdruck in seinen Augen befand, dass man meinen könnte wir redeten über seine Familie.

„Ich kann mich kaum an den Tag oder an die darauffolgenden erinnern", beteuerte ich; versuchte ihm zuzeigen, dass es mich nicht besonders mitnahm oder traurig machte. „Der Arzt hat gesagt, es sei eine Art Abwehrreaktion. Mein Gehirn blendet die Erinnerungen an diese Zeit aus"

„Wieso magst du dann den Regen so sehr? Schließlich regnet es auch bei Gewittern", fragte Yoongi. Seine Hand zerdrückte meine und diesmal konnte ich deutlich erkennen, wie hunderte von verschiedenen Emotionen hinter seinen Augen kollidierten und ich wunderte mich, wieso es ihn mehr als mich schockierte.

„Regen erinnert mich an dich"

Das war natürlich nicht die ganze Wahrheit. Ich mochte Regen schon lange bevor ich Yoongi traf.

Doch der Satz ließ ihn nicht schmunzeln oder lachen, so wie ich gedacht hatte.

Nein.

Seine Augen wurden noch trüber als zuvor und ich war mir nicht sicher warum.

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rainy days | m.ygWo Geschichten leben. Entdecke jetzt