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TWENTY - TWO

Jedes Mal, wenn ich meine Augen öffnete, wollte ich sie wieder schließen.

Ich wollte wieder von Schlaf übermannt werden und träumen; auch wenn es immer diese schrecklichen, dunklen Träume waren.

Sogenannte Albträume;

Im Moment war mir alles lieber als die Realität.

Ich wollte, nein, ich konnte mich nicht damit befassen; meine Gedanken konnten nicht daran zurückdenken; meine Gefühle wollten sich nicht noch mehr von mir selber quälen lassen.

Jedes Mal, wenn ich morgens aufwachte und die Strahlen der Frühlingssonne durch die Jalousien sah, wollte ich meine Augen einfach wieder schließen.

-

Ich spürte seinen Atem schon bevor er seine langen Arme um mich schloss und sein Gesicht in meinem Nacken vergrub.

Wie auch die letzten Tage ließ ich es über mich ergehen, mit dem Wissen, dass er es wahrscheinlich zu viel genoss.

Es störte mich jedoch nicht sonderlich; seine Finger, die unter meiner Kleidung bedeutungslose Muster auf meine kalte Haut zeichneten, spürte ich kaum.

Mir war lediglich bewusst, dass es falsch war.

Er gehörte nicht hierher, nicht zu mir.

Seine Berührungen bedeuteten nichts, waren nur Zeitvertreib.

Es war falsch...falsch, falsch, falsch.

„Hast du irgendwelche Pläne für morgen? Willst du ausgehen?"

Das Problem war jedoch nicht er. Es war ich.

„Nein"

„Ist das ‚Nein' auf Pläne für Morgen oder auf das Ausgehen bezogen?"

Es war alles nur meine Schuld.

„Beides"

Das Seufzen von ihm war keine Überraschung. Schließlich hätte ich auf diese Antwort genauso reagiert, wenn ich er wäre.

„Na dann", brummte er und verstärkte seinen Griff um mich, „Gute Nacht"

Ein letztes Mal für den heutigen Tag beugte er sich über mich und fing meine Lippen mit seinen eigenen ein, nur um sich danach wieder neben mich zu legen und seine Augen zu schließen.

Falsch, falsch, falsch

„Gute Nacht, Mark"

-

01:17

Nur weil ich lieber schlief, als mich mit der Realität zu befassen, hieß nicht, dass es mir einfach fiel einzuschlafen.

Meisteins lag ich stundenlang im Bett und versuchte alle Erinnerungen zu verdrängen; versuchte das fröhliche Lachen und die vielen glücklichen Stimmen zu vergessen.

Es war jedoch nicht einfach, denn jedes Mal, wenn ich schon fast in meinen Träumen war, hörte ich seine Stimme und wachte weinend auf.

Schon acht Tage lang ging das so; seit genau acht Tagen schlief ich jedes Mal neben Mark ein, seit genau acht Tagen ging ich nicht mehr aus meiner Wohnung.

Es fühle sich einfach nur falsch an; egal was ich tat.

Ich wusste nicht mal mehr genau, wie diese Situation überhaupt zu Stande gekommen war.

Das Einzige, was mir noch in Erinnerung geblieben ist, war das ein Mädchen tränenüberströmt aus einem großen Gebäude gestürmt ist und das es einen Mann gab, der sie trösten wollte.

Einen Mann, der sich schon immer gewünscht hatte, dieses Mädchen zu trösten und das Mädchen sich entschieden hatte, sich ablenken zu lassen.

Natürlich wusste Mark, dass etwas mit mir nicht stimmte.

Ich hätte mich niemals auf ihn eingelassen, niemals.

Doch der Schmerz, den ich die Nacht vor acht Tagen verspürt hatte, war zerreisend gewesen.

Und damit meinte ich nicht die Ohrfeige, nein, ich meinte den Schmerz, der tief in mir gesessen hatte; den Schmerz, den ich diese Nacht in nichts als Leere umtauschte.

Seitdem wagte ich es nicht seinen Namen auszusprechen, ihn gar in meinen Gedanken zu sagen.

Denn die Leere löste sich auf und wurde wieder durch den stechenden Schmerz ersetzt, wenn ich daran dachte, warum Min Yoongi das nur getan hatte.

Und deswegen schloss ich meine Augen jedes Mal wenn ich aufwachte, da ich damit nicht das Risiko einging, an ihn zu denken.

rainy days | m.ygWo Geschichten leben. Entdecke jetzt