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Rückblick einige Stunden vorher.

Ich winkte Nadine zum Abschied noch einmal zu und musste feststellen, dass ich sie jetzt schon vermisste. Ich hatte selten so einen geilen Abend mit jemanden verlebt, und fand es schade, dass wir nicht mehr Zeit miteinander verbracht hatten. Jaja, der Sex und Männer kommen immer dazwischen, dachte ich und stieg in Keules Wagen ein. Ich setzte mich neben Daniel auf den Rücksitz und wir fuhren los.
Wir unterhielten uns alle über den gestrigen Auftritt und machten uns über die kleinen Teenies lustig, die beim Anblick von Sudden in Tränen ausgebrochen waren. "Das Mädel neben mir musste sogar vom Notarzt abgeholt werden, als Lukas "Willst Du" angestimmt hat", meinte ich und Mike und Holger mussten lachen. "Haha, wie geil die immer drauf sind", meinte Mike und machte ein Mädchen, das in Ohnmacht fiel nach, was ihm weitere Lacher einbrachte.
Plötzlich klingelte Daniels Handy und mit einem Stirnrunzeln sah er auf die Nummer im Display. 'Freundin' stand da nur. Kein Bild. Kein 'Schatz' oder 'Traumfrau' wie die verliebten Menschen immer ihre Lebensabschnittsgefährten nannten. Ich selbst fand sowas immer so übertrieben. Wenn jemand doch einen Namen hat, kann man ihn doch auch darunter einspeichern. Er starrte mehrere Sekunden lang das Handy an und schien genervt. Nach dem 10. Klingeln -ich konnte das 'Rrrrrring!' seines Kack-Klingeltons schon nicht mehr hören - ging er endlich dran.
"Was?", motzte er zur Begrüßung ins Telefon. Wow, der liebte seine Freundin ja wirklich. Um nicht unhöflich zu wirken, dass ich sein Gespräch belauschte holte ich mein eigenes Handy raus und las die Nachricht von Lukas. Gut, dass ich multitaskingfähig bin, dachte ich und konzentrierte mich darauf, was Daniel sagte. "Nein, bin noch unterwegs..... Weiß ich doch nicht, Keule fährt...... Nein, keinen Bock. Wenn ich zu Hause bin, geh' ich pennen..... Ja, Tschüss." Er legte auf und sah genervt nach draußen. Ok, das schien nicht die beste Beziehung derzeit zu sein, dachte ich und schrieb Lukas eine Antwort auf seine Nachricht. 'Hey, alles gut bei uns. Die Jungs sind echt gut drauf. Bis auf Daniel. Glaub' er und Nadine hatten nicht so einen angenehmen Abend. Oder Morgen? Keinen Plan. Wie ist's bei Euch? Geht es Nadine gut?'
"Sag mal, Daniel?", fragte ich, als er nach einiger Zeit immer noch schwieg. "Hm?", er drehte sich zu mir und sah mich an. "Was war da heute morgen los bei Dir? Du warst doch gestern nicht so drauf. Was ist zwischen Dir und Nadine passiert?" Ich musste es einfach wissen. Wer meine Freundin so unglücklich nach einmal Sex machte, musste mir auch Rede und Antwort stehen. Er blickte nach vorne, wo die anderen beiden Jungs so taten als würden sie uns nicht hören. Die Musik war glücklicherweise laut genug, dass sie eventuell nicht alles mitbekamen.
Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort und ich drängte ihn nicht, sah ihn aber weiterhin erwartungsvoll an. Endlich hatte er sich wohl entschieden mit mir zu reden. "Ach, keine Ahnung. Ist kompliziert. Ich mag Nadine. Und es war n geiler Abend. Aber ich glaub', sie bereut es mittlerweile, dass ich mich so aufgedrängt habe und wir.. Naja.. Du weißt schon." Ich nickte. Ja, wohl dieselbe nächtliche Aktivität wie Lukas und ich, dachte ich und musste mich zusammenreißen, mit den Gedanken nicht abzuschweifen. "Naja, und sie wusste, dass ich eine Freundin habe. Und irgendwie.. Ich konnt' sie auch nicht anlügen. Also normal mach' ich so nen Scheiss auch nicht. Aber.. Ach keine Ahnung. Ich bereue es jedenfalls nicht es getan zu haben, aber ich glaub dafür sie umso mehr.", er kratze sich nachdenklich am Kopf. "Mir tut es nur leid, falls ich ihr damit irgendwie weh getan haben sollte. Weil.. Naja, keine Ahnung. Ist irgendwie eine scheiß Situation. Ich wollt ihr wirklich nicht wehtun. Kannst Du ihr das vielleicht bitte nochmal sagen?" Er sah mich so mitleidig an, dass ich ihm nichts abschlagen konnte. "Klar, kann ich machen." In dem Moment kam mir die Idee. "Obwohl, ich hab ne bessere Idee. Hier ist ihre Nummer." Ich tippte sie in sein Handy ein und speicherte sie für ihn ab. "Ruf' sie selbst an und erklär ihr das. Oder schreib' ihr. Tu jedenfalls irgendwas. Sei kein Arsch!" Er nickte und er verfiel wieder ins Schweigen.
Zum Glück waren wir endlich bei mir zu Hause angekommen. Die Stimmung im Auto hatte ich wohl ein wenig zerstört. Jedenfalls Daniels, denn er saß nachdenklich nur so da und blickte aus dem Fenster. Ich verabschiedete mich von den Essenern und sie umarmten mich. "War cool mit Euch", meinte Holger und drückte mich an sich. "Ja, hat echt Spaß gemacht", meinte auch Mike und grinste mich an. "Selten so coole Mädels erlebt, die auch noch so viel trinken können wie ihr ohne direkt kotzend im Klo zu verschwinden. Respekt." Ich musste lachen. Normalerweise vertrug ich nicht so viel, aber das mussten sie ja nicht wissen. "Ja danke für den netten Abend", meinte ich. "Hat richtig Spaß gemacht. Vielleicht sieht man sich ja zeitnah nochmal. Würde mich freuen. Noch eine gute Heimfahrt" ich drehte mich zu Daniel um, der immer noch etwas nachdenklich aussah. "Und Du schreib' Nadine. Ich mach' Dir die Hölle heiß, wenn Du es versaust!" Er nickte und war sich wohl nicht sicher, wie ernst ich meine Aussage meinte. Ich meinte es todernst. Wenn's um meine Freunde ging, war ich nicht mehr das schüchterne zurückhaltende Ding, das nur nett lächelte.
Ich winkte dem davonfahrenden Auto hinterher und kramte mein Handy wieder aus der Tasche. Oh, vier Nachrichten von Lukas. Er musste mich wohl mehr vermissen, als ich erwartet hätte. Ich konnte es noch immer nicht glauben. Der Typ meiner Träume, von dem ich niemals gedacht hätte, dass er mich auch nur irgendwie irgendwann wahrnehmen würde, hätte Interesse an mir. Und nicht nur für einen ONS nach einem seiner Konzerte. Ein breites Grinsen trat auf meine Lippen. Was für ein geiles Wochenende, dachte ich und ging in meine Wohnung.

Wer ficken will muss freundlich seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt